Mammutaufgabe für Städte und Gemeinden
Ganztagsbetreuung an Grundschulen – hat der Landkreis Mühldorf seine Hausaufgaben gemacht?
Ab dem Schuljahr 2026 haben Eltern von Erstklässlern Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung; und jedes Jahr kommt eine Jahrgangsstufe hinzu. Eine Mammutaufgabe für die Schulen und Gemeinden. Wie sind sie im Landkreis Mühldorf darauf vorbereitet?
Von Jörg Eschenfelder, Helena Gennutt, Christa Latta und Harald Schwarz
Mühldorf/Ampfing/Neumarkt-St. Veit/Waldkraiburg – Der gesetzliche Auftrag ist eindeutig: Grundschulkinder haben ab dem Schuljahr 2026/27 einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Dieser Anspruch wird stufenweise umgesetzt (siehe Infokasten). Für die Realisierung sind Städte und Gemeinden zuständig, mit staatlicher Förderung.
Auch im Landkreis Mühldorf wird daran gearbeitet, den Rechtsanspruch zu erfüllen. Wie weit die Städte damit sind, haben die OVB Heimatzeitungen erfragt.
In der Stadt Mühldorf läuft seit dem Schuljahr 2020/21 an den Grundschulen Mühldorf-Altmühldorf, Mößling der Modellversuch der Kooperativen Ganztagsbildung (KoGa), damals waren es 108 Plätze für die ersten Klassen. „Das Angebot wurde im Schuljahr 2022/23 auf alle Klassen ausgeweitet, 2023/24 hatten wir schon 315 Plätze belegt“, teilt Stadtsprecher Werner Kurzlechner mit. „Wir haben also frühzeitig die Weichen gestellt.“
Zum September 2024 besuchen 330 Grundschüler die KoGa. Dazu sind 80 Schüler im Hort angemeldet, weitere 94 nehmen das Angebot des gebundenen Ganztags an der Grundschule Mühldorf-Altmühldorf in Anspruch. Im neuen Schuljahr sind das auf die Gesamtzahl der Mühldorfer Grundschüler gerechnet 56 Prozent – Tendenz steigend.
„Wir erfüllen bereits jetzt für alle Jahrgangsstufen den kommenden Rechtsanspruch und können nicht nur den Erstklässlern, sondern schon allen Grundschülern einen Ganztagsplatz anbieten“, Bürgermeister Michael Hetzl ist zufrieden. Geholfen habe dabei die KoGa-Modellförderung durch den Freistaat Bayern. Die räumlichen Bedingungen würden laufend optimiert, personell stehe man gut da. Dem Fachkräftemangel begegne die Stadt mit Weiterbildungen für die Mitarbeiter und einer internen Schulung zur Ergänzungskraft.
Das Recht auf Betreuung
Ab 1. August 2026 wird stufenweise bundesweit ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt, zunächst für die Erstklässler im Schuljahr 2026/27, und weiter bis zum Schuljahr 2029/30 für alle Kinder der 1. bis 4. Klassenstufe. Der Rechtsanspruch ist im Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) des Bundes geregelt. Er sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Eine Pflicht für Eltern, das Angebot in Anspruch zu nehmen, gibt es nicht.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales
„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, stellt Ampfings Geschäftsstellen-Leiter Hans Wimmer fest. In Ampfing gibt es für Grundschüler zwei Betreuungsangebote: eine Mittagsbetreuung bis längstens 14 Uhr ohne Mittagessen und einen Kinderhort bis maximal 17 Uhr. Für das Schuljahr 2024/2025 rechnet Wimmer mit 263 Grundschülern, davon 60 Schulanfänger. „Von diesen Schülern werden 48 Schüler in der Mittagsbetreuung und 72 Schüler im Hort betreut.“ Für 2026 rechnet Wimmer mit 70 ABC-Schützen, von denen wohl 40 das Betreuungsangebot in Anspruch nehmen werden.
„Dieses Angebot müsste für die nächsten Jahre noch ausreichen“, ist Wimmer überzeugt. Im Kinderhort „Isenkids“ können 105 Kinder betreut werden; in der Mittagsbetreuung gibt es 48 Plätze. Für das neue Schuljahr habe Ampfing genügend Personal, so Wimmer. Er warnt aber: „In Zukunft wird sich die Situation verschärfen, da jährlich immer mehr Betreuungsplätze geschaffen werden und die Zahl der verfügbaren Fachkräfte nicht zunimmt.“
Waldkraiburg arbeitet „mit Hochdruck“ daran
In Waldkraiburg gibt es derzeit an jeder Grundschule ein Ganztagesangebot für Kinder, wie Anita Kroiß, Pressesprecherin der Stadt, mitteilt. In der Grundschule an der Beethovenstraße sind es 75 Plätze und am Goetheplatz 84 Plätze. Weitere 130 Plätze stehen an der Grundschule an der Dieselstraße zur Verfügung sowie 81 Plätze an der Graslitzer Straße. Insgesamt gibt es damit 370 Betreuungsplätze für aktuell 821 Kinder (Zahlen aus dem vergangenen Sommer).
Wie viele Betreuungsplätze fehlen, lässt sich laut Kroiß dagegen nicht genau beziffern. Das hänge maßgeblich von der aktuellen Zahl der gemeldeten Kinder ab. „Die Stadt Waldkraiburg arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, weitere Betreuungsplätze zu schaffen“, sagt Kroiß. Die Planungen, um dem geltenden Rechtsanspruch ab 2026 gerecht zu werden, laufen.
Neumarkt-St. Veit muss noch bauen
In Neumarkt-St. Veit ist klar, dass für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern nicht genügend Betreuungsplätze vorhanden sind. Bürgermeister Erwin Baumgartner bestätigt, dass man sich bewusst sei, dass „wir etwas bauen müssen“. In der Verwaltung arbeite man an Lösungsmöglichkeiten.
Kürzlich hat die Stadt den Bedarfsplan zur „Nachmittagsbetreuung für Schulkinder in der Stadt Neumarkt-St. Veit“ aktualisiert, um die bestehenden Betreuungsangebote sowie den Bedarf zu ermitteln. Im September 2023 hat die Stadtverwaltung eine Umfrage unter Eltern durchgeführt, die Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren haben. Demnach brauchen rund 54 Prozent im Schuljahr 2024/25 keinen Betreuungsplatz. Rund 46 Prozent benötigen einen Platz: rund 79 Prozent einen Platz im Hort, 19 Prozent in der kirchlichen Nachmittagsbetreuung, überwiegend von Schulschluss bis 16 oder 17 Uhr. 91 Prozent gaben an, dass sie sich ein Mittagessen in der jeweiligen Einrichtung wünschen.
Heuer starten 1150 ABC-Schützen
Aktuell hat Neumarkt-St. Veit 100 Hortplätze; 80 im städtischen Hort und 20 in der katholischen Kindertagesstätte Kinderwelt Sankt Vitus. Die Plätze sind weitgehend ausgeschöpft und aufgrund der weiteren Entwicklung der Stadt Neumarkt-St. Veit geht die Verwaltung davon aus, dass bis zum Jahr 2026 Bedarf an 50 zusätzlichen Hortplätzen besteht, was zwei Hortgruppen entspricht.
Im gerade angelaufenen Schuljahr besuchen im Landkreis Mühldorf 4.683 Kinder in 216 Klassen die 23 staatlichen Grundschulen. Davon haben gerade 1150 Schulanfänger aufgeteilt auf 53 Klassen ihren ersten Schultag erlebt.