Lauterbachs Krankenhausreform
CSU fürchtet fatale Auswirkungen für die Region: Die schmerzhafte Suche nach einer Klinik
Das Gesundheitssystem ist krank: Das haben CSU-Politiker bei einem Forum im Landkreis Mühldorf betont. Sie fürchten, dass die beschlossene Krankenhausreform fatale Folgen für die Region haben wird.
Erharting/Mühldorf – Krankenhäuser vor der Pleite, Ärztemangel, steigende Kosten, Pflegenotstand: Lösungen für diese Probleme stellte CSU-Bundestagsabgeordneter Stephan Mayer bei seinem gesundheitspolitischen Forum zusammen mit Stephan Pilsinger, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe, vor. „Krankenhausreform – droht nun ein Kliniksterben im ländlichen Raum?“, fragte er in Erharting.
Häuser auf dem Land drohen zu verhungern
„Es gibt viele offene Fragen, wie es mit der Krankenhauspolitik weitergeht. Wort und Tat stehen nicht im Einklang zueinander. Die Häuser im ländlichen Bereich drohen zu verhungern. Bestimmte Häuser sind nicht mehr überlebensfähig“, sagte Mayer mit Blick auf die aktuelle Gesundheitspolitik und die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Krankenhausreform. Pilsinger forderte: „Wir brauchen eine Krankenhausstrukturreform. Die Eckpunkte von Gesundheitsminister Lauterbach würden einen Kahlschlag für alle Häuser bedeuten.“ Zuletzt hatte das heimische „InnKlinikum“ einen massiven Anstieg der Verluste auf gut 35 Millionen Euro gemeldet.
Geplante Krankenhausreform
Pilsinger hält die von Lauterbach vorgesehenen drei Versorgungsstufen für Krankenhäuser für nicht umsetzbar. In Häusern der Stufe eins - dem sogenannten Level eins - würde es nach seinen Angaben zum Beispiel keine Kardiologie und keine Geburtenhäuser mehr geben. „Man könnte die Leute, die zuerst Level eins aufsuchen würden, nicht mehr schnell und gut versorgen“, fürchtet er. „Heißt, die Leute müssten dann weitergeschickt werden in ein Level zwei-Krankenhaus.“
Altötting könnte laut Pilsinger ein Krankenhaus der Stufe zwei sein. „Doch auch in einem Level zwei-Krankenhaus kann man vieles nicht mehr behandeln.“ Die nächste Stufe wäre dann drei. „Bis der Patient letztlich in der richtigen Klinik ankommt, vergeht sehr viel Zeit“, sagte Pilsinger. Er fürchtete: „Wenn es diese Levels gibt, würde sich jeder Bürger überlegen, doch am besten gleich in ein Level zwei-Krankenhaus zu gehen, statt in ein Level eins.“ Er forderte: „Die Level gehören weg!“
CSU fordert Brückenfinanzierung
Um den derzeitig sehr hohen Finanzdruck von den Krankenhäusern zu nehmen, verlangt Pilsinger eine Brückenfinanzierung durch die Bundesregierung, bis eine Krankenhausreform greift.
Laut Landrat Max Heimerl haben sich 71 Landräte einem Brandbrief angeschlossen. Es dürfe nicht sein, dass der Bund Aufgaben wie die Deckung von Krankenhausdefiziten auf die Kommunen übertrage. „Lauterbach macht unsere kommunale Handlungsfähigkeit kaputt“, sagte Heimerl und erhielt Zustimmung von Abgeordnetem Mayer: „Die Gesundheitspolitik wirkt sich massiv auf die kommunalen Finanzen aus. Diese nimmt den Kommunen die Luft zum Atmen.“
Hausarztversorgung auf dem Land wird zum Problem
Teilnehmer der Diskussionsrunde fürchteten: „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach lässt Kliniken bewusst sterben“. Die Auswirkungen, die es dann vor allem im ländlichen Bereich gäbe, wären heftig.
Etwa 50 Prozent aller Krankenhäuser in Deutschland sind laut Referent Pilsinger in privaten Händen. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) würden meist von Investoren geführt. Für Landrat Heimerl ist klar: „Wir wollen keine Privatisierung unserer Kliniken. Wir wollen, dass sie in kommunaler Hand bleiben.“
Viele Mediziner kurz vor der Rente
Ein düsteres Bild zeichnete Pilsinger auch für die Versorgung mit Ärzten. Vor allem in den ländlichen Regionen seien viele Mediziner über 60 Jahre alt. „Wenn alle älteren Hausärzte in Rente gehen, haben wir ein signifikantes Problem.“ Deshalb gelte es: Berufe im medizinischen Bereich müssten wieder interessanter gemacht werden. „Das Problem ist nicht nur das Geld, sondern die vielen Überstunden, die das Personal leistet. Es gibt in der Pflege zu wenig Personal. Dazu hat die Pflege mehr Wertschätzung verdient.“
Als großes Problem bezeichnete er die Überlastung der Notaufnahmen. „Wir haben viele Patienten, die eigentlich direkt zum Hausarzt gehen könnten, aber dann lieber die Notaufnahme im Krankenhaus aufsuchen. Dabei sind viele Fälle absolut nichts für die Notaufnahme“, sagt Pilsinger. Mindestens 40 Prozent der Leute, die in die Notaufnahme kämen, hätten da absolut nichts verloren. Deshalb sei eine Patientensteuerung umso wichtiger.
Viel zu wenig Jugendpsychiater
Claudia Hausberger, CSU-Bezirksrätin, sprach ein weiteres Thema an: die Unterversorgung mit Psychiatrien, insbesondere Jugendpsychiatrien. Die Wartezeiten bei Kinder- und Jugendpsychiatrien für einen Platz in einer Klinik betrügen bis zu acht Monate. Nur Notfälle wie Suizidgefährdete würden schneller behandelt. Auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie herrsche akuter Mangel an Personal. Seit Ausbruch der Pandemie ist die Zahl der psychischen Erkrankungen nach ihren Angaben massiv in die Höhe geschossen. „Psychische Erkrankungen sind ein großes Problem in unserer Gesellschaft“, sagte Hausberger. Bei Erwachsenen lägen die Wartezeiten für einen Therapieplatz bei sechs Monaten. Sie forderte eine Reform für psychische Erkrankungen.
Zu kämpfen haben laut Pilsinger auch Apotheken, die - genau wie Krankenhäuser - keinen Inflationsausgleich erhielten. Sie litten unter Personalmangel, der Online-Handel mache ihnen Konkurrenz.