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Defizit des „InnKlinikums“ steigt und steigt

Landrat: „Es wird nicht mehr lange gut gehen“ - Krankenhäuser ruinieren den Landkreis

Wie in ganz Bayern starben auch im „InnKlinikum“ Altötting-Mühldorf mehr mit Corona infizierte Männer als Frauen.
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Den Grundstein für die Klinikdefizite legte die Coronakrise. Verschärft wird sie durch die derzeitige Finanzierungspolitik des Gesundheitsministeriums.

Das Defizit des „InnKlinikums“ steigt und steigt und wird zur ernsthaften Bedrohung für den Landkreis Mühldorf. Die Konsequenzen könnten auch die Menschen im Landkreis zu spüren bekommen. Welche Folgen konkret drohen.

Mühldorf - Die Verluste der heimischen Krankenhäuser bringen den Landkreis zunehmend in Schwierigkeiten. Das machte Landrat Max Heimerl jetzt klar. Vor dem Kreisausschuss betonte er, dass der Verlust in diesem Jahr wesentlich höher sein werde, als veranschlagt. Bislang ging die Klinikleitung von 22,5 Millionen Euro aus, von denen der Landkreis die Hälfte zu tragen habe, jetzt könnten es über 30 Millionen Euro werden

Vor dem Kreisausschuss zeichnete Heimerl ein düsteres Bild. Sollte das Defizit derart steigen, wird das konkrete Konsequenzen für die Menschen im Landkreis haben.

Lange wird es nicht mehr gut gehen

Auf den Landkreis kommt nämlich ein Ausgleich von voraussichtlich mehr als 15 Millionen Euro zu. Diese Zahlung frisst laut Heimerl den gesamten finanziellen Spielraum des Landkreises auf. Heimerl wählte drastische Worte, er sprach von einer „kommunalen Haushaltskrise“, die auf den Landkreis zukomme, davon, dass es „nicht mehr lange gut gehen wird“.

Und er wies auf direkte Auswirkungen hin. Heimerl sprach von den Aufgaben des Landkreises zum Klimaschutz oder von der Sicherstellung guter Bildungsmöglichkeiten wie dem Ausbau der Schulen, die von den Problemen direkt betroffen sein könnten. Auch die Gemeinden würden unter weiteren Druck geraten, wenn der Landkreis weiterhin ein Defizit in dieser Höhe ausgleichen müsse.

Schlechte Aussichten für Pendler

Konkret nannte Heimerl den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs. Davon könnten vor allem Pendler betroffen sein, wenn der vorgesehene Anschluss an den Münchener Verkehrsverbund (MVV) nicht zustande kommt. Zwar arbeite der Landkreis weiter an dem Konzept, sich dem MVV anzuschließen, der Anschluss könne aber in weite Ferne rücken, sagte Heimerl.

Seit Januar 2020 nimmt der Landkreis an der Grundlagenstudie zur MVV-Verbunderweiterung teil, die Berechnungsergebnisse werden laut Heimerl für Herbst 2023 erwartet. Derzeit sei jedoch die Finanzierbarkeit des Beitritts mehr als fraglich: „Wenn der Bund bei den Krankenhausdefiziten nicht umsteuert, ist der MVV für den Landkreis Mühldorf nicht finanzierbar“, sagte er.

49-Euro-Ticket nicht sicher

Auch auf das 49-Euro-Ticket kann die grundsätzlich schlechte Finanzsituation Auswirkungen haben. „Wenn es der Bund nicht mehr zu 100 Prozent finanziert, sondern die Kommunen mitfinanzieren müssen, endet das Deutschland-Ticket am 31. Dezember“, sagte Heimerl. Er beruft sich bei dieser Einschätzung auf Gespräche mit Städten und Landkreisen in Oberbayern.

Chaotische statt strukturierte Krankenhausreform

Grund für die desolate Finanzsituation der Kliniken ist laut Heimerl die verschleppte Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers. „Der geplanten Reform wird eine chaotische voraus gestellt.“ Dabei sieht auch Heimerl die dringende Notwendigkeit einer strukturieren Krankenhausreform.

Kurz vor dem Verdursten

Denn die Zahlungen der Krankenkassen reichten bei weitem nicht mehr, um die durch Tarifabschlüsse, Inflation und höhere Energiepreise gestiegenen Betriebskosten zu decken. „Man dreht den Wasserhahn zu und schaut, wer verdurstet.“ Verschärft werde das Defizit durch Kosten aus dem dritten Coronajahr, für die der Staat keinen Ausgleich mehr gezahlt habe.

Schließung von Burghausen keine Option

Sobald die Krankenhausträger nicht mehr in der Lage sind, dieses Defizit zu decken, müssen sie Kliniken zusperren. Im Falle kommunaler Träger wie beim „InnKlinikum“ übernehmen die Landkreise die Kosten - oder gehen die Schließung oder den Verkauf der Kliniken an. Das ist laut Landrat Heimerl aber keine Option, auch die Schließung zum Beispiel des Standorts Burghausen werde an der Situation nichts ändern. Denn das Defizit sei nicht hausgemacht, sondern Ergebnis der Gesundheitspolitik. Das „InnKlinikum“ habe seit der Fusion durch Zusammenlegung von Abteilungen und die Schwerpunktsetzung in den verschiedenen Häusern seine Hausaufgaben gemacht.

Heimerl fordert deshalb eine Übergangsfinanzierung, bis die Reform beschlossen sei und greife. Gemeinsam mit seinem Altöttinger Kollegen Erwin Schneider hat er sich in einem Brandbrief an Gesundheitsminister Karl Lauterbach gewandt. Darin heißt es: „Bitte finden Sie kurzfristig Möglichkeiten in der Krankenhausfinanzierung beziehungsweise der Liquiditätssicherung, sodass wir wieder ordentlich planen und wirtschaften können.“

Wahlloses Kliniksterben mit Auswirkungen auf das örtliche Gesundheitssystem

Als Alternative nennen die beiden Landräte in ihrem Brief ein „wahlloses Kliniksterben“, das mit einer strukturierten Reform nichts zu tun habe. „So verursachen Sie irreversible Schäden in der Krankenhauslandschaft.“ Darüber hinaus drohe die medizinische Versorgung vor allem auf dem Land zu kollabieren. „Der Erhalt der Krankenhäuser ist für die ambulante und notärztliche Versorgung, die Ausbildung des Pflegepersonals und die Weiterbildung der Ärzte zentral“, schreiben die Landräte. „Ein Kliniksterben verursacht auch in jedem Einzelfall eine unumkehrbare Zerstörung dieser Strukturen.“

Aus 5,6 Millionen Euro Überschuss wurde ein kleiner Verlust

Die Auswirkungen des Defizits zeigen sich laut Heimerl bereits im Jahresergebnis 2022 des Landkreises. Es sollte einen Überschuss von 5,6 Millionen Euro bringen, stattdessen stellte Kämmerer Markus Heiml ein Defizit von knapp 40.000 Euro vor. Gründe dafür sind zum einen das Klinikdefizit von 3,8 Millionen Euro, außerdem nannte Heiml ungeplante Mehrkosten im Jugendamt von 2,7 Millionen Euro.

Am Mittwoch, 19. Juli, informiert die Klinikleitung den Aufsichtsrat über die voraussichtliche Höhe des Defizits für 2024. Dann steht fest, wie hoch der Anteil des Landkreises sein wird, den er zu Deckung der Verluste aufwenden muss.

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