Nach dem Stephani-Umritt
Bart-ab-Fest beim Pauli-Wirt: Heiligen-Darsteller aus Erharting müssen Haare lassen
Der Stephani-Umritt ist den Erhartingern so viel wert wie die Passionsspiele den Oberammergauern. Die Heiligen-Darsteller des Umritts nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und lassen sich monatelang einen Bart wachsen. Nun musste der Bart wieder ab.
Erharting – Viele Wochen der Vorbereitungen, insbesondere für den Aufbau und die Gestaltung der Motivwagen, waren erforderlich, um den Erhartinger Traditionsumritt am Stephanitag 2023 durchzuführen. Auch eine Vielzahl von Heiligen und deren Begleiterinnen und Begleiter mussten ausgewählt und entsprechend kostümiert werden.
Seit Sommer nicht mehr rasiert
Für einige männliche Heiligen-Darsteller war es unumgänglich, sich einen wallenden Vollbart wachsen zu lassen, um die lebenden Szenen auf den Festwagen möglichst authentisch zu vermitteln. Schon ab den Sommermonaten fühlte man sich in Erharting, wenn hinter dem üppig wuchernden Bartgeflecht die Gesichtszüge einiger Männer verschwanden, an die markanten Darsteller der Oberammergauer Passionsspiele erinnert.
Nachdem nun am zweiten Weihnachtsfeiertag der Erhartinger Stephaniumritt wieder mit großem Erfolg stattgefunden hatte, ging es schon am Folgetag daran, die Motivwagen abzubauen, die Kulissenteile zu verstauen und die Gewandungen der etwa 80 Darsteller zu reinigen und in der Kleiderkammer in den umfangreichen Fundus übersichtlich einzureihen.
80 Darsteller beim Umritt
Nichts erinnerte noch an den großartigen Stephanieumritt, der sich zwei Tage vorher, eingesäumt von begeisterten Zuschauern, durch den Ort bewegt hatte, auch der letzte Pferdeapfel war weggefegt, alles sauber, könnte man sagen.
Jetzt galt es nur noch, die bärtigen Heiligen – die ihren Bartschmuck schon am Nikolaustag nutzten, um auf den Umhängebart verzichten zu können – in ihren gewohnt irdischen Zustand zurückzuversetzen. Dass dies nicht in einem anonymen Frisiersalon stattfindet, sondern unter Einbeziehung der Bevölkerung ist schon seit vielen Jahren Tradition in Erharting. So fanden sich zu Beginn des neuen Jahres die „himmlischen Bartträger“ in der alten Bierstube des Landgasthofes Pauliwirt zum „Bart ab-Fest“ ein.
Salonstuhl mitten im Pauliwirt
Ein wenig wehmütig blickten sie schon drein, als Friseurmeisterin Michaela Wagner aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Pauliwirts mit ihrem Salonstuhl und den erforderlichen Werkzeugen zur fachgerechten Entfernung der haarigen Gesichtsmatten in die Gaststube kam. Am großen Stammtisch hatten sich schon Schaulustige eingefunden, die gespannt auf das nicht alltägliche Prozedere warteten. Musikalisch wurde die Wartezeit von Martin Kolm aufgelockert. Als Bürgermeister Matthias Huber mit Gattin Maria eingetroffen war, konnte die Aktion „Bart ab“ begonnen werden, jedoch nicht ohne den Protagonisten vorher noch einen Beruhigungsschnaps verabreicht zu haben.
Gleich zu Beginn kamen die beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus (Thomas Mück und Christian Hans) an die Reihe, gefolgt vom Nährvater Jesu, dem heiligen Josef (Josef Vorbuchner). Der Bauernheilige St. Isidor (Patrik Ecker) vervollständigte das Quartett der Heiligen.
Beifall und auch Schadenfreude
Die ganze Aktion war ein riesiges Spektakel, das immer wieder von Beifallsstürmen, aber auch von schadenfrohen und humoristischen Bemerkungen der Anwesenden begleitet wurde. Als sich die von ihren Vollbärten entledigten Heiligen gegenüberstanden, glaubte so mancher den anderen nicht wiederzuerkennen.
Als sich die „Gescherten“ zum abschließenden Gruppenfoto mit ihrer Bartbetreuerin Michaela Wagner stellten, fand der Abend sein offizielles Ende. Die bei dem Gaudium gegebenen Geldspenden erbrachten einen ansehnlichen Betrag, der an die Kinderkrebshilfe BALU übergeben wird.

