Acht Monate nach erster Präsentation zum Landkreiswerk
Gemeinsame Energiewende: Warum Mühldorf und Waldkraiburg zögern – kommt jetzt ein Umdenken?
Fast alle Stadt- und Gemeinderäte im Landkreis haben inzwischen über das Landkreiswerk für eine gemeinsame Energiewende diskutiert. Nur Mühldorfs und Waldkraiburgs Stadträte noch nicht. Kommt jetzt nach acht Monaten Bewegung in die Geschichte?
Mühldorf / Waldkraiburg – Das Landkreiswerk nimmt langsam, aber sicher Fahrt auf. 25 der 31 Gemeinden im Landkreis wollen inzwischen mitmachen. Nur die größten Spieler: Mühldorf und Waldkraiburg – haben – acht Monate nach der ersten Informationsveranstaltung – noch nicht einmal im Stadtrat darüber diskutiert.
Das wollte CSU-Sprecher Stefan Lasner in der jüngsten Mühldorfer Stadtratssitzung nicht länger hinnehmen. Er wünschte sich endlich eine Diskussion und sagte zu Bürgermeister Michael Hetzl (UM): „Wir sehen es als Chance, wir möchten gerne wissen, wie es da von Ihrer Sicht aus weitergeht. Wir sehen es nicht als laufendes Geschäft.“
Mühldorfs Bürgermeister Hetzl sieht Landkreiswerk kritisch
Die Stadtwerke würden sich „in monetärer Hinsicht“ und bei der Umsetzung von Projekten „lohnen“, so Hetzl. „Dieses Gesamtpaket ist nicht zu toppen, wenn wir unsere Verpflichtung auf das Wohl der Stadt ernst nehmen.“
Offen für Zusammenarbeit der Kommunen
Eine interkommunale Zusammenarbeit lehnt Hetzl aber nicht ab, wie er jetzt auf Nachfrage erklärt. Die sei bereits Praxis. „Um nur einige Beispiele anzusprechen, arbeiten wir in den Stadtwerken mit Winhöring zusammen, wir planen das Geothermieprojekt mit Polling, Ampfing und noch anderen Kommunen und wir betreiben unsere Wasserversorgung zusammen mit Waldkraiburg und Mettenheim.“
Allerdings erklärte Hetzl in der Stadtratssitzung auch, dass für eine Diskussion die erforderlichen Unterlagen fehlen. Die müsste Thomas Perzl, Wirtschaftsförderer im Landratsamt, liefern: „Er hat sich bisher noch nicht gemeldet. Wenn ich nichts habe, kann ich nicht darüber abstimmen lassen. Und, um es ehrlich zu sagen, ich laufe da nicht nach. Man will was von uns.“
Für Waldkraiburg geht es um viel Geld aus der klammen Kasse
Auch Waldkraiburgs Stadträte haben noch nicht über das Landkreiswerk diskutiert. Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) sah im März noch „eine Reihe an Fragen“, die zu klären seien. Immerhin geht es für die klamme Kommune auch um viel Geld. In einer ersten Gedankenskizze soll jede Kommune über fünf Jahre eine Anschubfinanzierung von fünf Euro je Einwohner leisten. Für Waldkraiburg wären das rund 650.000 Euro.
Auch befänden sich, so Hetzl, Mühldorf und Waldkraiburg in einer besonderen Situation: Sie haben eigene Stadtwerke. Die bisher vorgestellten Lösungen seien aber „einzig und allein“ auf Kommunen ohne eigene Stadtwerke anzuwenden. „Dementsprechend ergeben sich für uns auch andere Fragen, die wir in einem gemeinsamen Gespräch klären wollten. Da die Stadtwerke über ihre Gewinne das Freibad, das Hallenbad und die Eisbahn finanzieren, besteht hier jedoch auch die Möglichkeit, sich selbst Konkurrenz zu machen.“
Keine juristischen Unterschiede für Kommunen mit Stadtwerken
Die Beteiligung sei für alle Kommunen gleich, erklärt dagegen Wirtschaftsförderer Perzl. „Es gibt keine juristischen Unterschiede.“ Daher seien auch die Unterlagen für den Grundsatzbeschluss für alle Kommunen identisch. „Die Gemeinden haben Ende Oktober alle Unterlagen bekommen.“
Die beiden Stadtwerke bieten aber laut Perzl, „weitere Chancen sowohl für die Standortkommune als auch für das Regionalwerk.“ Die Stadtwerke könnten sich unter Umständen „sowohl mit Personaleinsatz, Know-how oder auch mit Dienstleistungen“ einbringen.
Endlich Gespräch zwischen Landratsamt, Mühldorf und Waldkraiburg
Nach der Stadtratssitzung kam es auf Nachfrage von Hetzl nun doch zu einem Gespräch zwischen Wirtschaftsförderer Perzl, dem Klimaschutzbeauftragten des Landratsamtes, Christoph Mayerhofer, den Bürgermeistern Hetzl und Pötzsch sowie für die Stadtwerke Alfred Lehmann (Mühldorf) und Petra Wehrberger-Kalocik (Waldkraiburg).
„Es war ein gutes Gespräch, in dem für den Moment alle Fragen beantwortet werden konnten“, schreibt Bürgermeister Hetzl auf Nachfrage. Für Waldkraiburg erklärt Pressesprecherin Stephanie Till zu diesem Gespräch, die Stadt befinde sich weiterhin in Abstimmung mit dem Landratsamt: „Derzeit werden alle Fakten zusammengetragen.“
Umdenken bei Bürgermeister Hetzl?
Mühldorfs Bürgermeister Hetzl scheint der Idee jetzt offener gegenüberzustehen. Im März hatte er noch erklärt, ein Mitwirken komme „aktuell nicht in Frage“. Jetzt schreibt er: „Auch im Landkreiswerk ist ein Mitwirken eine Option, mit der sich der Stadtrat in einer der nächsten Sitzungen beschäftigen wird.“ Auch für Waldkraiburgs Stadträte bahnt sich ein Termin an, so Pressesprecherin Till: Sie sollen „voraussichtlich“ im Haupt- und Finanzausschuss am 9. Juli über ein Mitwirken sprechen.
Gemeinsam gestalten und profitieren
Mit dem Landkreiswerk sollen die Kommunen im Landkreis die Energiewende, so Wirtschaftsförderer Thomas Perzl, „in einer unternehmerischen Form“ gemeinsam steuern und gestalten. „Ziel ist es, die Energiewende mit Akzeptanz und regionaler Wertschöpfung, mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, der regionalen Wirtschaft und den Kommunen umzusetzen.“
Das gemeinsame interkommunale Unternehmen soll sich nach der Startphase, die von den Kommunen finanziert wird, selber tragen und Gewinne erwirtschaften, von denen auch die Kommunen als Anteilseigner profitieren. Perzl: „Wir können uns gemeinsam zu einem der größten Energieerzeuger im Landkreis entwickeln und Projekte auf den Weg bringen, die im Sinne der Kommunen umgesetzt werden können.“


