Mittäter konnte entkommen
Diebstahl in Waldkraiburger Drogeriemarkt: 27-jährige Täterin ist kein unbeschriebenes Blatt
Zwei Flüchtlinge mussten sich vor dem Mühldorfer Amtsgericht wegen mehrfachen räuberischen Diebstahls verantworten. Anfangs schien alles klar zu sein. Dann kamen hinsichtlich eines Angeklagten Zweifel auf. So lautete am Ende das Urteil.
Mühldorf – Räuberischer Diebstahl: So lautete die Anklage von Staatsanwalt Florian Krug vor dem Mühldorfer Amtsgericht gegen zwei Kriegsflüchtlinge, eine 27-jährige Frau und ein 35-jähriger Familienvater, die beide in einer Flüchtlingsunterkunft im westlichen Landkreis wohnen.
Die weiteste Anreise hatten aber die beiden Verteidiger: Sabine Schrap und Eckhart Fleischmann aus Berlin. Dort hat der gelernte Autoelektriker nämlich eine Arbeitsstelle, so kam der Kontakt zustande.
Nach Kriegsausbruch über Polen nach Deutschland gekommen
Die mitangeklagte Frau hat dagegen keinen Beruf gelernt und lebt von Sozialhilfe. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 kam sie über Polen nach Deutschland.
Vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Florian Greifenstein mussten sich beide für einen Diebstahl in einem Waldkraiburger Drogeriemarkt im Oktober 2022 verantworten. Dabei wurden Waren in Wert von 560 Euro geklaut. Die Frau soll Gegenstände im Wert von 33 Euro, der Mann Waren im Wert von 61 Euro entwendet haben. Den Rest der Beute für 466 Euro klaute ein Dritter, der unerkannt fliehen konnte.
Die Frau musste sich zudem für einen Diebstahl in einem Modegeschäft in Darmstadt verantworten. Hier hatte sie ein Kaufhausdetektiv mit Waren im Wert von 361 Euro geschnappt.
Gemeinsames Muster der beiden Diebstähle
Das Muster der beiden Diebstähle war gleich, so die Ermittlungen: Mehrere Personen betraten ein Geschäft. Zwei Männer telefonierten lautstark, ein dritter lenkte die Verkäuferin mit einer Frage ab, während die beiden Frauen stahlen. Dabei war immer ein mehr oder minder großer Rucksack im Spiel – oder deren zwei oder drei, in denen das Diebesgut verstaut wurde. Die Rucksäcke waren zudem mit Alufolie ausgekleidet, um den Alarm an der Kasse zu umgehen.
Während die Angeklagte die beiden Diebstähle gestand, erklärte der Mann, dass er am betreffenden Tag mit dem Auto von Berlin auf dem Weg zu seiner Unterkunft gewesen sei.
Frau in Lagerraum gesperrt
Als erste Zeugin sagte die Leiterin des Drogeriemarkts aus: „Ich bemerkte, als fünf Personen den Markt betreten hatten, dass mehrere Dosen Kindermilch fehlten.“ Sie hatte einen Mann mit Rucksack im Verdacht und forderte ihn auf, diesen zu öffnen. „Die Milchdosen waren drin, aber dem Mann gelang die Flucht – ohne Beute. Daraufhin fiel mir eine Frau mit dem gleichen Rucksack auf. Auch der enthielt gestohlene Gegenstände. Mit Hilfe von zwei Kolleginnen sperrten wir die Frau in einen Lagerraum.“
Die Marktleiterin identifizierte die Angeklagte zweifelsfrei, bei dem Mitangeklagten war sie sich nicht sicher. Eine zweite Zeugin, die Kassiererin, bestätigte die Aussagen ihrer Chefin.
Kinderkleidung in Seesack und Rucksack verstaut
Auch der Darmstädter Kaufhausdetektiv war als Zeuge geladen. Er habe mehrere Personen in der Kinderabteilung gesehen: „Blitzschnell war ein großer Seesack mit Kinderkleidung gefüllt.“ Dann seien alle zum Fahrstuhl gegangen. „Ich konnte den Mann mit dem Seesack und eine Frau mit dem Rucksack festhalten – die anderen entkamen. Die Frau mit dem Rucksack sitzt hier auf der Anklagebank. Den Mann habe ich noch nie gesehen.“
Da der Angeklagte auch auf Fotos der Polizei nicht eindeutig zu identifizieren war, wurde die Anklage gegen ihn fallen gelassen. Und so ging es nur noch um das Strafmaß für die Frau, die im Bundeszentralregister bereits drei einschlägige Eintragungen wegen Diebstahls hat.
Gewerbsmäßiger Diebstahl für Einkommen
In seinem Schlusswort konzentrierte sich Staatsanwalt Florian Krug auf die Art des Diebstahls: „Ein ‚räuberischer Diebstahl‘ ist die schwerste Form, hier wird Gewalt, zum Teil massiv angewendet. ‚Bandendiebstahl‘ ist in beiden Fällen möglich gewesen, aber nicht beweisbar.“ Damit bleibt der „gewerbsmäßige“ Diebstahl, um sich ein gewisses Einkommen zu sichern.
Positiv war für Staatsanwalt Krug das Geständnis der Angeklagten. Ihr Vorgehen und das ihrer Mittäter sei aber sehr professionell gewesen. Ebenso war der Schaden relativ hoch und die Taten erfolgten in kurzem zeitlichen Abstand. Seine Forderung: „Ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe und eine dreijährige Bewährungsfrist.“
Rechtsanwalt Eckart Fleischmann wollte für seine Mandantin lediglich eine Geldstrafe, da der Wert der Beute seiner Mandantin relativ gering gewesen sei. Er forderte eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts legte.
Warnung von Richter Greifenstein an die Angeklagte
Am Ende verurteilten die Schöffenrichter die Frau wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu 150 Tagessätzen von je 15 Euro. Amtsrichter Greifenstein: „Die Angeklagte war zum Zeitpunkt der Tatbegehung noch nicht vorbestraft und sie ist geständig.“
Greifenstein gab der 27-Jährigen abschließend mit auf den Weg: „Wenn die Angeklagte so weiter macht, dann kommt irgendwann einmal eine Haftstrafe auf sie zu.“