In der Altstadt
Frust bei Hans-Georg Becker über Extrawurst: Dürfen Ärzte in Mühldorf immer und überall frei parken?
Im Streit um die Parkpläze in der Mühldorfer Innenstadt hat sich jetzt ein Besucher gemeldet. Er beklagt, dass es für einige Autofahrer offenbar Sonderregeln gibt.
Mühldorf – Manchmal ergattert Autofahrer bei der ersten Durchfahrt am Mühldorfer Stadtplatz einen Parkplatz. Oder dreht schie endlose Runden. Umso größer ist der Ärger, wenn man dann allerdings feststellen muss, dass für einige Autofahrer Sonderregeln gelten. Die dürfen scheinbar überall und kostenlos parken.
Schild statt Parkschein
Bei seinen regelmäßigen Besuchen in Mühldorf fällt dem Massinger Hans-Georg Becker immer wieder auf, dass Autos auf Parkplätzen stehen, die offensichtlich von Ärzten gefahren werden. Ein Schild hinter der Windschutzscheibe, zeigt das an. Was Becker ärgert: Sie bekommen nie einen Strafzettel, obwohl sie ohne Parkschein dastehen.
Deshalb hat er bei Polizei und auch das Ordnungsamt im Januar 2024 nachgefragt. Vom Ordnungsamt sei ihm gesagt worden, man würde sich um die von ihm genannten Fahrzeuge kümmern. Nachdem diese Autos aber weiter am Stadtplatz parkten, erstattete becker Anzeigen. Inklusive Beweisfotos. Insgesamt vier Vorgänge landeten bei der Polizei am Wasserturm.
Prompt meldete sich das Ordnungsamt, berichtet Becker. Ihm sei erklärt worden, dass Ärzte in Mühldorf Sonderrechte genießen würden. Abweichend vom Bußgeldkatalog habe das Ordnungsamt eine Duldung der Fahrzeuge ausgesprochen.
Im Internet findet er eine andere Einschätzung: Ein Arzt-im-Dienst- oder ein Arzt-Schild ist keine Rechtfertigung für das Parken. „Der Arzt dokumentiert damit nur, dass er davon ausgeht, in jenem Moment in einem sogenannten rechtfertigenden Notstand zu sein.“
Becker hält „Sonderparkrecht“ für nicht rechtens
Das setzt für Becker jedoch voraus, dass sich der Arzt auch in einem Notfalleinsatz befindet und nicht nur vor seiner Praxis steht. Und für den Patienten handele es sich um eine akute, lebensbedrohliche Situation. „Wenn in Mühldorf niedergelassenen Ärzten ein Sonderparkrecht eingeräumt wird, nur um ihrer täglichen Arbeit in ihrer Praxis nachzugehen, halte ich das für nicht rechtens.“
Auch im Bußgeldkatalog habe er keine Grundlage für die Duldung gefunden. „Außerdem, was ist mit Anwälten, Architekten, Handwerkern, Inhabern von Geschäften, Gastronomen, Notaren, Steuerberatern, welche doch auch zur Versorgung beitragen?Wenn das Sonderparkrecht nur für Ärzte gilt, verstößt das aus meiner Sicht gegen den Gleichheitssatz, das Gleichheitsgebot.“
Außerdem: Wer garantiert, dass es sich immer um Ärzte handelt? Alle Autofahrer könnten sich ein Arzt-Schild besorgen, ein paar Klicks am Computer, ausdrucken, hinter der Windschutzscheibe anbringen und auf dem Stadtplatz in Mühldorf unbehelligt und unbegrenzt parken. Denn: „Wie sollen Parkwächter das Sonderparkrecht kontrollieren?“
Dazu hat Mühldorfs Pressesprecher Werner Kurzlechner eine deutliche Antwort: „Wer sich fälschlich als Arzt ausgibt, macht sich wegen Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen einer Straftat schuldig!“ Freiheits- oder Geldstrafen drohten. „Somit dürfte es auf Dauer deutlich günstiger sein, ein Ticket zu lösen!“
Sonderparkrecht an der Nikolauskirche
Kurzlechner bestätigt auf Anfrage, dass es ein Sonderparkrecht für die Urologen an der Nikolauskirche gibt. Er erklärt dazu, dass Ärzten in Praxisnähe eine Ausnahmegenehmigung – in diesem Fall eine markierte Stellfläche – zur Verfügung gestellt werden könne. Voraussetzung sei, dass Ärzte häufig während der Sprechstunde von ihrer Praxis zur Soforthilfe am Krankenbett in die Wohnung eines Patienten oder zu unaufschiebbaren Eingriffen in Krankenhäusern abberufen werden könnten.
Gleiches könne auch Ärzten, die im Notarztdienst zugestanden werden. Voraussetzung sei jedoch, dass im Umkreis einer Wegstrecke von 200 Metern kein Parkplatz zur Verfügung stehe.
Zahlen muss die Praxis für die Parkplätze nicht!
Die Parkplätzen an der Nikolauskirche sind laut Kurzlechner seit langer Zeit für die Urologiepraxis an der Tuchmacherstraße bestimmt, weil sie Belegbetten im Krankenhaus betreuen müssten. „Zahlen muss die Praxis für die Parkplätze nicht!“
Anders sieht es bei den anderen Medizinern am Stadtplatz aus. In diesen Fällen seien zwar keine Voraussetzungen für Parkerleichterungen gegeben. „Im Rahmen des Opportunitätsprinzips dulden wir dennoch die Nutzung auch zum längerfristigen Abstellen des Arztfahrzeugs“, sagt Kurzlechner. „Wir sehen also von Verwarnungen ab, weil das öffentliche Interesse an einer Ahndung fehlt.“
Der Stadt sei die Sicherheit der medizinischen Versorgung wichtiger. Laut Kurzlechner sind es nur wenige Fälle, eine Vermietung öffentlicher Stellflächen sei ausgeschlossen.
Keine offiziellen Schilder seitens der Stadt
Becker gibt sich damit nicht zufrieden, versucht einen letzten Anlauf: Fragt, ob die Stadt für die Ärzte nicht einheitliche beziehungsweise offizielle Schilder ausgeben könnte, damit zumindest kein Unfug oder Missbrauch getrieben werden könnte. Doch Kurzlechner wiegelt ab: „Dies würde nicht den Regelungen der Anwendungshinweise des Innenministeriums entsprechen!“

