Einkaufen zu später Stunde
Braucht es zusätzliche Einkaufsnächte? – So denken Geschäftsleute und Kunden darüber
Einkaufen auch nach 20 Uhr: Das könnte in Bayern bald möglich sein. Zumindest an einzelnen Abenden. Was halten Geschäftsleute und Kunden im Landkreis Mühldorf davon? Wir haben nachgefragt.
Von Helena Gennutt und Hans Rath
Waldkraiburg/Mühldorf – Die Bayerische Staatsregierung diskutiert über eine Öffnung des Ladenschlussgesetzes: Weg vom Gesetz des Bundes aus dem Jahr 1956, an dem Bayern als einziges festhält, hin zu einer begrenzten Anzahl zusätzlicher Einkaufsnächte – ohne dafür einen Antrag bei der Bezirksregierung stellen und einen triftigen Anlass präsentieren zu müssen. Wie kommt diese Überlegung bei den Geschäftsleuten und der Bevölkerung im Landkreis Mühldorf an?
„Das brauchen wir auf gar keinen Fall”, sagt Adi Schäftlmaier, Inhaber von Intersport Schäftlmaier in Waldkraiburg. Vor zwanzig Jahren hätte das vielleicht etwas gebracht, aber heute: durchgehende Ladenöffnungszeiten, lange Samstage, verkaufsoffene Sonntage und das Internet – noch mehr Angebote und Aktionen braucht es in seinen Augen nicht. „Für uns verursacht das nur zusätzliche Kosten, man kann schließlich rund um die Uhr online bestellen.” Eine Stärkung des stationären Handels verspricht er sich davon nicht. „Eine Regelung, dass Retouren beim Online-Shopping immer kostenpflichtig sind, das würde wirklich etwas bringen”, schlägt er vor.
Mühldorferin fragt: „Braucht man das?“
Auch Sabrina Kenderes, Filialleitung bei Bücher Herzog in Waldkraiburg, blickt einer solchen Reform eher mit gemischten Gefühlen entgegen. „Ich würde solche Nächte mit verkaufsoffenen Sonntagen vergleichen und die laufen bei uns nur mittelgut”, sagt sie. Das könne aber auch daran liegen, dass Waldkraiburg keine so richtige Fußgängerzone habe. Wie sie das zusätzliche Angebot personaltechnisch stemmen solle und ob dieser Aufwand dann gerechtfertigt sei, könne sie schwer einschätzen.
„Braucht man das?”, fragt auch Mühldorfer Kundin Sophie Sontag-Lohmayer. Die 32-Jährige kann sich das nur in größeren Städten wie München vorstellen. „Es gibt den Fachkräftemangel, oft fehlt geeignetes Personal und für die zusätzlichen Arbeitsstunden müssen Lohn und Sonderzuschläge gezahlt werden”, erklärt sie ihre Bedenken.
Verkaufsoffene Sonntage rechnen sich nur bedingt
„Wir haben jetzt schon eine personelle Situation, wo wir uns schwer tun”, bestätigt Josef Wimmer, Geschäftsführer bei Edeka Lechertshuber und Wimmer. Zusätzliche Ladenöffnungen hält er für nicht zu bewerkstelligen. „Wahrscheinlich ist das wie mit den verkaufsoffenen Sonntagen, die sich für uns nur bedingt rechnen.” Für Textilien und Schuhe kann er sich das dagegen eher vorstellen.
„Es geht nicht darum, andauernd bis spät nachts geöffnet zu haben, sondern zu einigen wenigen und dafür besonderen Verkaufsnächten einzuladen”, führt Christian Göttlinger, Inhaber von Leder Streck in Neumarkt-Sankt Veit und zugleich Werbegemeinschafts-Vorsitzender, aus. Durch ein neues Gesetz könnten die lokalen Stellen mehr Freiheiten bekommen. „Wenn die Kommunen selbst entscheiden können, wäre das einfacher und praktikabler”, begrüßt Göttlinger die Überlegungen. „Mit unserer langen Nacht der Musik haben wir in Neumarkt-St. Veit bereits eine sehr erfolgreiche Verkaufsnacht.” Er hofft, künftig häufiger ansprechende Veranstaltungen wie diese anbieten zu können.
Ausgewählte Nächte für besonderes Shopping-Erlebnis
„Sehr interessant”, findet die Idee auch Michael Hell, Eigentümer des Modehaus Hell in Ampfing und Mühldorf. Gerne würde er solche besonderen Shopping-Nächte häufiger anbieten. „Aber es sollten ein paar ausgewählte Nächte sein”, betont er auch als Vorstandsmitglied der Aktionsgemeinschaft Mühldorf vor Ort. Denn eine komplette Öffnung des Ladenschlussgesetzes würde eher schaden. „Jeden Tag bis 22 Uhr zu öffnen, das können große Unternehmen und in großen Städten machen, aber wir schaffen das nicht – uns würde das die Kunden abziehen.”
Kunde Bernhard Fladerer aus Mettenheim betrachtet noch einen ganz anderen Aspekt mit Skepsis: „Die Lage am Mühldorfer Stadtplatz mit den Parkplätzen ist sowieso schwierig genug. Am Abend wollen Gäste die Lokale besuchen – und die finden dann keine Parkplätze.” Die regulären Öffnungszeiten bis 20 Uhr müssten ausreichen, verlängerte Öffnungszeiten lehnt er ab.
„Wer abends noch nicht eingekauft hat, hat Pech gehabt“
Pragmatisch sieht das Kundin Andrea Negele aus Burghausen: „Wer abends noch nicht das eingekauft hat, was er zuhause braucht, hat halt einfach Pech gehabt.” Es gebe genug verkaufsoffene Sonntage, an denen die Verkäuferinnen und Verkäufer bereits länger arbeiten müssten. „Das Personal arbeitet am Anschlag und man sollte ihm nicht noch mehr zumuten.”







