Ein neuer Doktor im Landkreis Mühldorf
„Bedrohlicher“ Hausärztemangel: Ein Hoffnungsschimmer, das Problem bleibt
Als „bedrohlich“ beurteilt das Mühldorfer Gesundheitsamt die Versorgung mit Hausärzten in Teilen des Landkreises. An einem Ort gibt es jetzt einen Hoffnungsschimmer. Das Problem bleibt aber bestehen.
Von Markus Honervogt und Harald Schwarz
Mühldorf/Buchbach – Zwei Jahre standen die Räume im Ärztehaus in der Wagnergasse in Buchbach leer. Doch jetzt tut sich was: Zum 1. Mai wird Dr. med. univ. Lars Wimmer dort seine Hausarztpraxis eröffnen. Aktuell ist er auf der Suche nach Praxispersonal. Der quirlige 33-Jährige ist optimistisch und sagt: „Ich freue mich extrem auf diese neue Aufgabe“.
Damit ist Wimmer einer der Menschen, die derzeit im Landkreis dringend benötigt werden. Denn die aktuelle Unterversorgung mit Hausärzten wird sich nach Einschätzung von Fachleuten aufgrund des bevorstehenden Rentenalters vieler Mediziner dramatisch verschärfen.
Haus- und Notarzt
Lars Wimmer liebt Herausforderungen. Der gebürtige Engelsberger arbeitete bis Ende März in einer Hausarztpraxis in St. Wolfgang, parallel dazu ist er als Notarzt im Landkreis Mühldorf unterwegs. Bereits während seines Studiums in Graz war er als Rettungsassistent in Waldkraiburg aktiv. Er hat eine besondere Leidenschaft für die Notfallmedizin, ist Leitender Notarzt im Landkreis und Standortleiter in Haag.
Während der Ausbildung sei ihm klar geworden, dass er eine eigene Praxis haben möchte. Er hatte sich auf Innere Medizin, Anästhesie und Intensivmedizin spezialisiert und schnell erkannt, dass die Arbeit in einem Krankenhaus „nicht das seine ist“. Wohl auch, weil er familiär vorbelastet ist. Beide Eltern sind selbstständig, die Mutter ist Zahnärztin, der Vater Zahntechniker. „Ich möchte nah an den Menschen sein, der Kontakt zu den Menschen ist etwas Schönes“, sagt der 33-Jährige zu seinen Beweggründen, als Hausarzt tätig zu werden.
Nach Buchbach kam durch er einen Mitarbeiter der Firma Bauer. Der wandte sich an Geschäftsführer Salih Akyildiz, der auch Buchbacher Gemeinderat ist und wusste, dass seit zwei Jahren ein Nachfolger für die Hausarztpraxis in der Wagnergasse gesucht wird. Mittlerweile ist der Mietvertrag für die Praxis unterschrieben und Wimmer bescheinigt, dass er „sich in Buchbach hervorragend aufgehoben fühlt“. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass er den Schritt ohne seine Partnerin „nicht gewagt hätte“.
Aktuell plant Wimmer die Einrichtung der Praxis und das Leistungsangebot. Dabei macht er deutlich, dass er für alle Patienten von der Geburt bis zum Tod Ansprechpartner sein will. Nicht umsonst möchte er seine Praxis „Lebenslinie“ nennen.
Auch in Mühldorf gibt es mit Anja Mundweil eine neue Hausarztpraxis, sie praktiziert im ehemaligen Belimed-Gebäude in der Edisonstraße. An der schwierigen Situation ändert das aber nur wenig. Dr. Benedikt Steingruber, der Leiter des Gesundheitsamts, spricht von „bedrohlich unterversorgt“, Hausärztin Karin Hanf sagt: „Die Lage ist katastrophal, mir schwant Schreckliches.“
Denn nur selten gelingt das, was der Buchbacher Wimmer erreichen will: Andere Ärzte in die Praxis einzubeziehen. Es gibt einfach zu wenig Interessierte.
Anreize für junge Ärzte schaffen
Deshalb versucht der Landkreis die Ansiedlung junger Ärztinnen und Ärzte zu unterstützen. Als einer von drei bayerischen Landkreisen will mit zusammen mit der Technischen Universität und gefördert vom Gesundheitsministerium Ärzte für das sogenannte Praktische Jahr in die Region bringen. „Beste Landpartie Allgemeinmedizin“ heißt dieser Versuch.
Auch das „InnKlinikum“ setzt auf Anreize während der Ausbildung. Durch die Arbeit als Lehrkrankenhaus der beiden Münchener Universitäten und in einem Weiterbildungsverbund sollen laut Chefarzt Dr. Wolfgang Richter junge Mediziner für die Arbeit auf dem Land begeistert werden. „Die Medizinstudenten erhalten ein Stipendium und Hilfestellung. Dafür binden sie sich im Gegenzug für drei Jahre nach Abschluss des Studiums ans „InnKlinikum“.
Verantwortlich ist die Kassenärztliche Vereinigung
Verantwortlich für die Ausstattung mit Ärzten ist laut Gesundheitsamtschef Steingruber die Kassenärztliche Vereinigung. Weil in Mühldorf Unterversorgung droht, gibt die KVB nach eigenen Angaben bis zu 60.000 Euro Zuschuss zur Gründung oder Übernahme einer Praxis.
Der Ampfinger Hausarzt Stefan Feige nennt zwei weitere Maßnahmen: kostenlose Wohnungen für die zweijährige Zeit der Weiterbildungsassistenz und eine Anbindung an den Münchener Verkehrsverbund MVV. Damit die Metropole ein Stück näher rückt. Doch die MVV-Anbindung ist derzeit vom Tisch, zu teuer für den Landkreis.
