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Ärztemangel rund um Mühldorf

Viel zu wenig junge Mediziner: Wenn die Suche nach einem Hausarzt vergeblich ist

Für Stefan Feige ist die Arbeit als Hausarzt abwechslungsreich, herausfordernd und befriedigend. Trotzdem wollen rund um Mühldorf zu wenige als Hausärzte arbeiten.
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Für Stefan Feige ist die Arbeit als Hausarzt abwechslungsreich, herausfordernd und befriedigend. Trotzdem wollen rund um Mühldorf zu wenige als Hausärzte arbeiten.

Rund um Mühldorf gibt es viel zu wenige Hausärzte. Obwohl es in Waldkraiburg etwas besser aussieht, ist die Situation auch dort angespannter, als es die Zahlen zeigen. Das Gesundheitsamt warnt.

Mühldorf – Heinrich T. ist in einer schwierigen Situation. „Die Chemie stimmte einfach nicht“, sagt der Mühldorfer über das Verhältnis zu seinem Hausarzt. Heinrich T., der nicht mit richtigem Namen in der Zeitung stehen möchte, will wechseln. „Bei drei verschiedenen habe ich angefragt. Keine Chance.“

In vielen Praxen herrscht ein Aufnahmestopp

Bei Stefan Feige hat es T. nach eigener Aussage nicht versucht. Feige ist Hausarzt in Ampfing und überzeugt, dass T. kein Einzelfall ist. Aus seiner eigenen Erfahrung weiß er: „Wir sind überlaufen und müssen Patienten vertrösten.“ In der Ampfinger Praxis gilt zwar kein Aufnahmestopp für Menschen, die von außerhalb neu in den Landkreis kommen. Wer aber seinen Hausarzt in der Region wechselt, muss mit langen Wartezeiten rechnen. „Wir wollen niemand im Regen stehen lassen“, sagt Feige, „müssen aber die Zähne ganz schön zusammenbeißen.“

Auch Karin Hanf betreibt ihre eigene Praxis. Die Mühldorfer Hausärztin ist für eine Stellungnahme nur schwer erreichbar, meldet sich erst zur Feierabendzeit und begründet den Aufnahmestopp in vielen Praxen so: „Wenn wir das nicht täten, würden wir unseren Bestandspatienten nicht mehr gerecht.“

Karin Hanf und ihr Kollege Stefan Feige engagieren sich seit langem, damit mehr junge Hausärzte den Weg in die Region finden. 2013 gehörten sie zu den Medizinern, die die Weiterbildungsinitiative „Inndoc“ gründeten.

Wie hoch der Druck ist, zeigt die Erfahrung neuer Ärzte, die sich rund um Mühldorf niederlassen: Ihre Praxen sind laut Karin Hanf in kürzester Zeit ausgebucht: „Die Lage ist katastrophal, mir schwant Schreckliches.“

Impfen, abhören, zuhören, Behandlung planen: Die Aufgaben von Hausärztin Karin Hanf sind vielfältig.

Die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) belegen diese Erfahrungen. Nach Angaben der Organisation von Ärzten und Psychotherapeuten liegt der Versorgungsgrad mit Hausärzten rund um Mühldorf bei gerade mal 83,4 Prozent. Die KVB nennt das „drohende Unterversorgung“. Sieben der 131 bayerischen KVB-Regionen sind noch schlimmer dran, 17 stehen ähnlich schlecht da wie die Gemeinden rund um Mühldorf.

Der Landkreis gehört zu drei Hausärzte-Regionen. Dabei ist die Versorgung rund um Mühldorf, Waldkraiburg und Wasserburg sehr unterschiedlich. Aber lange nicht so gut, wie manche Zahlen glauben machen.

42 Hausärzte gibt es nach Angaben der KVB in den 22 Städten und Dörfern rund um Mühldorf, zu denen auch Töging und Pleiskirchen zählen. In 13 Gemeinden gibt es gar keinen Hausarzt.

Hausarzt Stefan Feige

Die geringe Zahl wird verschärft durch das hohe Durchschnittsalter der Medizinerinnen und Mediziner. Laut KVB liegt es bei 54,9 Jahren, mit 38,1 Prozent ist mehr als ein Drittel 60 Jahre und älter und steuert damit auf die Rente zu.

Gesundheitsamt: Bedrohlich unterversorgt

Dr. Benedikt Steingruber, Leiter des Gesundheitsamtes, nennt Mühldorf angesichts des hohen Durchschnittsalters sogar „bedrohlich unterversorgt.“ Er erklärt, dass es derzeit 12,5 freie Hausarztsitze gebe.

Auch das „InnKlinkum“ beobachtet die Entwicklung mit Sorge. „Der Druck, der auf den Hausärzten lastet, ist jetzt schon sehr groß“, sagt der Ärztliche Direktor der Krankenhäuser, Dr. Wolfgang Richter.

Der Ampfinger Hausarzt Feige nennt mehrere Gründe für die sinkende Zahl der Praxen und Behandlungen. Mehr junge Mediziner, darunter viele Frauen, arbeiten nicht mehr ganztags, ältere Kollegen schränken die Zahl der Patienten ein, Einzelpraxen sind für viele nicht mehr attraktiv. „Wir werden von allen Seiten eingeklemmt“, sagt Feige.

Unterschiedliche Arbeitsmodelle gefordert

Seine Kollegin Hanf fordert deshalb, „mehr Arbeitsmodelle zu etablieren“, die vom klassischen Hausarzt, der allein in seiner eigenen Praxis arbeitet, abweichen: Teilzeitangebote, die Anstellung in Medizinischen Versorgungszentren (MZV) oder geteilte Arztsitze sind aus ihrer Sicht solche Möglichkeiten. „Die Kassenärztliche Vereinigung und die Politik müssen sich dringend Gedanken machen, wie sie die Situation auf dem Land verbessern können.“

Generell gibt es zu wenige Ärzte

Denn die Regionen außerhalb der Ballungszentren wie München stünden unter Druck, sagt Feige. „Es interessiert sich keiner mehr für die Arbeit auf dem Land.“ Als Beleg dafür nennt Feige die selten gewordenen sogenannten Fortbildungsassistenten.

Die kommen als junge Mediziner in Praxen, um dort den nächsten Schritt auf dem Weg zum Facharzt zu gehen. „Wir suchen seit langem und finden keinen.“

Gründe für die angespannte Situation ausgerechnet in Mühldorf kennt die KVB nicht. „Laut unserem Beratungscenter gibt es keine spezifischen Gründe, warum es aktuell einen Versorgungsgrad von 83,37 Prozent gibt“, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Er verweist darauf, dass es im gesamten Gesundheitssektor Probleme gebe, Ärzte zu finden.

Vergütung der Hausärztin stagniert

Für Hausärztin Hanf spielt auch die Vergütungssituation eine Rolle: Die steigenden Kosten in den Praxen durch Inflation und Tarifabschlüsse machten sich stark bemerkbar. „Meine Vergütung als Ärztin stagniert seit Jahren.“

Mehr Ärzte rund um Waldkraiburg und im westlichen Landkreis

Etwas besser als in Mühldorf sieht es auf den ersten Blick rund um Waldkraiburg und im westlichen Landkreis, der zu Wasserburg gehört, aus. Dort liegt der Versorgungsgrad laut KVB bei 107,7 und 111,32 Prozent, vor allem Waldkraiburg steht mit derzeit 20 Hausärzten sehr gut da.

Doch das Mühldorfer Gesundheitsamt warnt: „Auch der Planungsbereich Waldkraiburg droht in den kommenden Jahren abzurutschen.“ Der Grund für diese Annahme: 44 Prozent der dort niedergelassenen Ärzte sind über 60 Jahre alt, also deutlich mehr als rund um Mühldorf.

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