Überrascht vom Besuch der Polizei Mühldorf
Mit Whiskey-Glas einen Polizisten geschlagen: Aus einem Verkehrsopfer wird ein Täter
Zunächst wurde er auf seinem Roller über den Haufen gefahren, dann stand plötzlich die Polizei vor seiner Tür. Am Ende schlug ein 41-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf einen Polizisten blutig und landete vor dem Mühldorfer Amtsgericht. So fiel das Urteil aus.
Mühldorf – Tätlicher Angriff und Widerstand gegen Vollzugsbeamte sowie vorsätzliche gefährliche Körperverletzung, so lautete die Anklage von Staatsanwältin Theresia Prinz gegen einen 41-jährigen deutschen Anlagenführer aus der Landkreismitte. Dabei war er anfangs selber ein Opfer.
Im Sommer vergangenen Jahres war er nämlich mit seinem Roller in Waldkraiburg unterwegs und wurde von einer Autofahrerin angefahren. Er stürzte und verletzte sich dabei erheblich.
Eigentlich sollte alles ohne Polizei ablaufen
Die Unfallverursacherin bat ihn, von einer Benachrichtigung der Polizei abzusehen. Er war damit einverstanden und schrieb sich nur das Autokennzeichen der Frau auf. Für ihn war das Ganze damit erledigt und er fuhr heim.
Umso überraschter war er, als wenig später zwei Polizisten vor seiner Tür standen. Sie wollten ihn zu dem Unfall zwischen Auto und Roller befragen und forderten ihn zu einem Alkoholtest auf.
Nach der Kooperation folgt die Eskalation
„Während wir auf Streife waren, wurde uns ein Verkehrsunfall gemeldet“, schilderte der 20-jährige Polizist, der zugleich Nebenkläger war, vor Gericht den Ablauf. „Ein Beteiligter hatte sich von der Unfallstelle entfernt, er soll alkoholisiert gewesen sein. Darum machten wir einen Alkoholtest, der Wert lag bei etwa 1,0 Promille.“
Zunächst sei der Angeklagte kooperativ gewesen. Später wurde er zunehmend aufbrausend und aggressiv, so die beiden als Zeugen geladenen Polizisten. Die Situation eskalierte, als er zur Blutentnahme ins Krankenhaus mitkommen sollte.
Platzwunde, Schädelprellung und Riss am Augenlid
„Obwohl ich ihm gesagt hatte, dass er nun nichts mehr essen und trinken dürfe, griff er in der Küche zu einem mit Whisky gefüllten Glas“, so der junge Polizist. „Ich wollte ihn davon abhalten. Er aber holte aus und schlug mir das Glas mit voller Wucht gegen die linke Schläfe.“ Der Beamte erlitt eine Platzwunde, eine Schädelprellung und einen Riss am linken Augenlid.
Sein Kollege, ein 35-jähriger Polizeihauptmeister, bestätigte das und ergänzte, wie er den rabiaten Wohnungsinhaber zusammen mit seinem verletzten Kollegen unter erheblichem Krafteinsatz zu Boden brachte und mit Handschellen fesselte. Verstärkung wurde gerufen.
Angeklagter ist ein Häufchen Elend
Der Angeklagte, der wie ein Häufchen Elend auf der Anklagebank saß, verfolgte bestürzt die Schilderungen. Er hatte zu Prozessbeginn seine Verfehlungen lückenlos eingestanden und sich bei den beiden Polizisten entschuldigt. Erklären konnte er sich seine Aussetzer nur mit dem durch den Unfall erlittenen Schock, bei dem er sich eine Schultereckprellung zugezogen hatte.
Zum Ende der Beweisaufnahme durch Amtsrichter Florian Greifenstein erbrachte ein Blick in das Bundeszentralregister eine Reihe von Vorstrafen, die allerdings schon mehr als zehn Jahre zurücklagen. Seitdem hatte sich der Mann nichts mehr zu Schulden kommen lassen.
„Das hätte schlimmer kommen können“
In ihrem Schlusswort sah Staatsanwältin Prinz die Anklage bestätigt. Positiv sei das Geständnis, auch habe sich der Angeklagte glaubhaft reuig gezeigt und sich entschuldigt. Zudem sei er nach dem Unfall alkoholisiert und damit enthemmt gewesen. Die vielen Vorstrafen wertete sie ebenso negativ wie das Nachtat-Verhalten: Der Angeklagte wollte dem blutenden Polizisten kein sauberes Tuch für seine Wunde geben.
Am schlimmsten sei der Schlag mit dem Whiskey-Glas gegen den Kopf gewesen, so die Staatsanwältin. Das Glas habe einen ein bis zwei Zentimeter dicken Boden gehabt. „Das hätte für den jungen Polizisten viel schlimmer kommen können.“ Sie forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, die aber drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.
Gefährliche Maßkrug-Schlägerei
Rechtsanwältin Anita Süßenguth, die den Nebenkläger vertrat, fühlte sich an Maßkrug-Schlägereien im Bierzelt erinnert: „Aus geringer Entfernung einem Polizeibeamten ein Glas mit dickem Boden ins Gesicht zu schlagen – das ist äußerst gefährlich. Und was mich maßlos stört, ist es, dem blutenden Polizisten die Hilfe zu verweigern.“
Mandant sei reuig und geständig
Verteidigerin Veronika Schönsteiner betonte dagegen: „Mein Mandant hat sich frühzeitig um Wiedergutmachung des Schadens bemüht. Er zahlt die im Täter-Opfer-Ausgleich festgelegten Summen zuverlässig und ist reuig und geständig.“ Bei dem Verkehrsunfall sei er das Opfer gewesen und habe erhebliche Verletzungen davongetragen; außerdem wurde ihm zehn Monate der Führerschein entzogen. Sie forderte eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung.
Amtsrichter Greifenstein verhängte schließlich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. In dieser Zeit darf sich der Verurteilte nichts zu Schulden kommen lassen, sonst muss er die Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt antreten.