Mädchen leidet an Morbus Hirschsprung
Sieben OPs, künstlicher Darmausgang: Melody (1) aus Mettenheim ist eine kleine Kämpferin
Melody ist 17 Tage alt, als sie zum ersten Mal operiert wird. 13 Monate später steht nun die achte OP an. Regelmäßig gab es Komplikationen. Der Dickdarm des Mädchens wurde entfernt. Warum die Familie nun an finanzielle Grenzen stößt und Melodys Schwester oft weint.
Mettenheim — Melody ist eine Kämpferin. Sie quiekt vergnügt, als sie mit ihrer Schwester Amy spielt. Das 14 Monate alte Mädchen strahlt Mama und Papa an. Sie wirkt glücklich, auch wenn sie ein bisschen blass aussieht.
Man ahnt nicht, was sie schon alles hinter sich hat: Sieben Operationen, weil ihr Dickdarm nicht funktioniert. Sie leidet an der seltenen Erkrankung Morbus Hirschsprung. Wenn alles gut geht, ist die kleine Melody ihren künstlichen Darmausgang bald los. Zur Unterstützung der Familie sammeln Freunde Spenden.
Stuhl erbrochen
Melodys Dickdarm arbeitete nach der Geburt nicht, sie erbrach Kot. Da war sie 17 Tage alt. „Der Stuhl hatte sich zurückgestaut, weil er im Darm nicht weiter transportiert werden konnte“, erklärt ihr Papa, Sebastian Ferk (30). Was zu dem Zeitpunkt niemand wusste: In Melodys Dickdarm fehlen Ganglienzellen an der Darmwand. „Sie sorgen dafür, dass die Muskelbewegungen alles weiter zum Darmausgang transportieren“, sagt der Vater. Die Diagnose zu bekommen war ein steiniger Weg, viele Wochen auf der Intensivstation folgten.
Nachdem Melodys Erbrochenes nach Kot roch, rasten die schockierten Eltern ins Krankenhaus im Nachbarlandkreis, wo diverse Untersuchungen erfolgten. Gegen Abend wurde die Familie an ein Krankenhaus mit kinderchirurgischer Abteilung verwiesen.
Not-OP im Alter von 17 Tagen
Wegen des Verdachts auf Darmverschluss, der sich nicht bestätigte, wurde notoperiert. Seither hat die Kleine eine 20 Zentimeter lange Narbe am Bauch. Biopsien, die in ein Schweizer Speziallabor geschickt werden mussten, brachten keine Gewissheit.
Künstlicher Darmausgang angelegt
Zwei Wochen später legten Ärzte einen künstlichen Darmausgang, ein sogenanntes Darm-Stoma, entnahmen erneut Gewebeproben. Das Ergebnis: Diagnose Morbus Hirschsprung. Kurze Zeit später sollte Melodys Dickdarm in einem weiteren Eingriff entfernt werden, aber erst einmal durfte sie nach Hause.
Nach fünf Wochen Intensivstation war die Familie wieder vereint. Die größeren Schwestern Amy (8) und Stella (14) waren einstweilen bei der Oma untergekommen. Papa Sebastian war zu dem Zeitpunkt krank geschrieben und pendelte zwischen der Klinik und dem Zuhause ständig hin und her, während Mama Christina (28) bei ihrem schwerkranken Nesthäkchen in der Klinik blieb.
Eine Pflegerin der sozialmedizinischen Nachsorge betreute die Familie daheim, zeigte, wie man den Stoma-Beutel wechselt und riet, wegen der anstehenden Dickdarm-OP eine zweite Meinung einzuholen.
Über eine Facebook-Gruppe stieß Christina Probst auf Kinderchirurgin Prof. Stefanie Märzheuser in Rostock. „Zum Glück hab ich nicht darauf gehört, als mir der Arzt sagte, es gebe keine Spezialistin in Deutschland“, sagt Christina.
Stoma wurde neu angelegt
Im Oktober 2023 fuhren die Eltern mit Melody zum ersten Mal nach Rostock. Die Kleine erbrach sich nach jedem Fläschchen. Die Spezialistin hatte als Ursache die Position des künstlichen Ausgangs in Verdacht, nahm im Januar 2024 einen kleinen Eingriff vor und legte ihn neu an. „Bei Gewebeentnahmen kam raus, dass im gesamten Dickdarm die Zellen fehlen, die für die gesunde Darmentleerung sorgen“, erklärt Christina.
In einer großen OP im Mai wurde in Rostock der Dickdarm entfernt, der künstliche Ausgang ebenso. Der Dünndarm wurde so angeordnet, dass eine normale Darmentleerung möglich war. Ende Juli gab es einen Kontrolltermin, alles sah in Ordnung aus.
Routine-Eingriff
Knapp zwei Wochen später, in denen das kleine Mädchen auch mit Fieber zu kämpfen hatte, fiel beim Wickeln eine Beule an der Pobacke auf, die rasch zu einem schmerzhaften Abszess wurde. Wieder fuhren sie zum kinderärztlichen Notdienst. „Das muss aufgestochen und abgelassen werden, das dauert nur wenige Minuten“, hieß es, erinnert sich Christina.
Der nächste Schock
Dann der nächste Schock. „Ich hab sie später nach dem Eingriff gewickelt und aus den Abszessloch kam Stuhlgang“, berichtet Christina. Jetzt reichte es den Eltern, sie fühlten sich nicht mehr gut aufgehoben. Mutmaßlich beim Aufstechen des Abszesses wurde der Darm beschädigt. Sie wollten nach Rostock verlegt werden. Da ihr die dortige Ärztin ihre Privatnummer gegeben hatte, nahm Christina Kontakt auf. „Sie hat uns beruhigt und alles organisiert, obwohl sie im Urlaub war.“
Zwei Eingriffe an zwei Tagen
Die Verlegung mittels Hubschrauber klappte nicht. „Weil das kein Notfall ist, zahlt die Kasse das nicht“, sagte man den Eltern noch im Krankenhaus. Ein Arzt riet der Familie, selbst mit dem Auto nach Rostock zu fahren, das sei in acht Stunden zu schaffen, während ein Krankentransport 13 Stunden brauchen würde.
Die Klinik packte den Eltern Schmerzmittel und Antibiotika ein. Die Töchter Amy und Stella kamen zur Oma und wieder fuhren Sebastian und Christina ans andere Ende Deutschlands. In der Kinderchirurgie wurde das Loch des Abszesses verschlossen. Wieder gab es Komplikationen. Darum operierten die Ärzte am Tag darauf erneut und legten als Übergangslösung wieder einen künstlichen Ausgang.
Amy und Stella belastet die Situation
Jetzt schreitet die Genesung voran. Die Eltern sind verhalten optimistisch. „Wir haben viel durchgemacht, das war eine sehr harte Zeit“, sagen beide erschöpft. Auch Amy und Stella belastet die Situation, Amy weint viel. Christinas Elternzeit ging im Juli zu Ende. Nun möchte sie zwei Tage die Woche arbeiten gehen. Sie will die Last, den Unterhalt für die Familie zu verdienen, nicht allein ihrem Lebensgefährten aufbürden. Papa Sebastian und seine Mutter übernehmen Melodys Pflege an den zwei Tagen. Dazu gehört, fünf- bis sechsmal am Tag den Stomabeutel zu wechseln.
Freunde sammeln Spenden
Unterstützung kommt von der Krankenkasse, die einen Teil der Fahrtkosten nach Rostock übernimmt. Die Übernachtung und Verpflegung des zweiten Elternteiles muss die Familie selbst bezahlen. Und hier kommen die Freunde der Familie ins Spiel, die Spenden sammeln, allen voran Josi Schlauch.
„Mir ist das unangenehm“, sagte Christina zu ihr. „Anderen Familien geht es noch schlechter.“ Doch Josi lässt nicht locker und macht die Aktion über Soziale Netzwerke öffentlich. Die Solidarität überwältigt die jungen Eltern. „Wir sind so dankbar“, sagen die beiden, die sich nun auf die Gesundheit der Kleinen konzentrieren können und nicht darauf, wie sie die Kosten stemmen sollen.


