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Der „Hinterecker“ macht zu

„Erschreckendes Wirtshaussterben“: Kann Ampfing das Gasthaus „Ampfinger Hof“ ersetzen?

Zwei Biergärten, zwei Geschichten: links der Amfpinger Hof, rechts der „Mei Wirt“ in Rattenkirchen
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Zwei Biergärten, zwei Geschichten: links der Amfpinger Hof, rechts der „Mei Wirt“ in Rattenkirchen

Im Oktober sperrt eines der wichtigsten Gasthäuser im Landkreis Mühldorf zu. Die Schließung des „Ampfinger Hofs“ wird eine „brutale Lücke“ hinterlassen: Da ist sich Bürgermeister Josef Grundner ganz sicher. Stirbt das klassische bayerische Wirtshaus aus? Ein Blick ins Nachbardorf lohnt sich.

Ampfing - Der Schock über das Ende des Gasthauses Ampfinger Hof sitzt tief. Das macht Bürgermeister Josef Grundner klar. „Wir können den ‚Ampfinger Hof‘ nicht ersetzen“, sagt er. „Er wird eine brutale Lücke hinterlassen.“ Ampfing steht in Sachen Gaststätten zwar nicht vor dem Nichts, es gibt Pizzerien, den Fohlenhof, das Salü. Trotzdem sagt Grundner. „Es ist erschreckend, dass wir in Ampfing ein Wirtesterben haben.“

Denn mit dem Hinterecker, wie der Ampfinger Hof von den meisten genannt wird, schließt das letzte bayerische Wirtshaus. Erst der Duschl in der Coronazeit, jetzt der Hinterecker, die beiden großen Treffpunkte für Vereine und für viele Feiern sind schon zu oder sperren bald zu. „Es ist schon was da“, sagt Grundner, „aber das klassische bayerische Wirtshaus gibt es dann nicht mehr.“

Kein Platz mehr für die großen Feste

Fest steht: Für die Vereine wird es sehr viel schwieriger. Die Schützen haben zwar noch ihren Schießstand im Haus, können sich aber nicht mehr zum Bier treffen. Für Bälle oder Starkbierfeste, für Faschingsveranstaltungen gibt es keinen Raum mehr, die ganz großen Feiern müssen sich einen anderen Ort suchen, den es - zumindest in Ampfing - so kaum gibt.

Eine Nachfolge im Ampfinger Hof wird es vorerst nicht geben, das hat Wirt Erwin Hinterecker klargemacht. Er will und muss sich komplett zurückziehen, um die gesundheitliche Gefährdung durch die Arbeit zurückzudrängen.  „Ich suche keinen Pächter, es muss erst mal Ruhe einkehren“, sagt er.

Das Wirtshaus stirbt, diese Erfahrung machen Dörfer auch in der Region immer wieder. Oft bleibt alles leer, manchmal finden sich neue Wege. Eine Genossenschaft? Ein Dorfgemeinschaftshaus? Ein Verein als Wirtshausbetreiber?

Ein Blick in die Nachbarschaft zeigt eine Lösung. Rattenkirchen, gut 1000 Einwohner und nur wenige Kilometer von Ampfing entfernt, stand 2009 vor dem Wirtshausnichts. Die Pächterin des einzigen Gasthauses im Dorf wollte nicht mehr.

Riesige Bereitschaft in Rattenkirchen

Es folgte eine Versammlung, zu der ein Zelt vor dem Gasthaus aufgestellt werden musste, weil das Wirtshaus dem Ansturm der Rattenkirchner nicht gewachsen war. Unter Leitung des damaligen Bürgermeisters Rupert Aigner machten sich die Bürger in den nächsten Monaten auf und bauten in Eigenregie das Dorfgemeinschaftshaus „Mei Wirt“. Nur ein halbes Jahr nach der Schließung des Wirtshauses konnte „Mei Wirt“ öffnen.

Peter Krell ist einer von denen, die von Anfang an dabei waren. Der ehemalige Ortsberichterstatter für die OVB Heimatzeitung schwärmt noch heute davon, wie das Dorf zusammenhielt. Wie die Rentner tagsüber auf der Baustelle arbeiteten, von Frauen aus dem ganzen Dorf mit Brotzeit versorgt. Wie abends die Feierabendler kamen, wie sich schließlich ein Team fand, das die Wirtschaft betreibt. „Es tut sich was“, sagt er über den heutigen Betrieb, der sich vor allem an den Zeiten der Vereine orientiert, aber auch Öffnungszeiten für jeden Besucher bietet. Vor allem aber: Die Dorfgemeinschaft fand eine Wirtin, dazu ein Team, das auf 520-Euro-Basis mitarbeitet.

Zukunft in Ampfing noch offen

Die Aufgabe, über die Zukunft ohne Wirt nachzudenken, hat Ampfings Bürgermeister Grunder übernommen. Er schränkt aber ein: „Es ist nichts von heute auf morgen umzusetzen.“

In Gesprächen seien verschiedene Möglichkeiten diskutiert worden, die Kernfrage aber sei ungelöst: „Wer macht den Wirt.“ Das sei auch für den Fall die entscheidende Frage, falls Ampfing ähnlich wie Rattenkirchen ein Vereinsheim oder Bürgerhaus bauen werde.

„Wir wollen schauen, dass wir die Vereine unterbringen“, sagt Grundner, er sei sich der Verantwortung bewusst. Deshalb will er den Gemeinderat ins Boot holen. Denn jetzt gilt es, die schlechte Nachricht zu verdauen und eine Lösung für die Zukunft zu suchen.

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