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Windpark Altötting gescheitert?

Nach dem Windrad-Desaster von Mehring: Jetzt beginnen die Schuldzuweisungen

Simulation des Windpark-Projekts bei Mehring. Rechts von oben: Martin Neumeyer (Vorstandschef Bayerische Staatsforsten), Uwe Brandl (Präsident Bayerischer Gemeindetag), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.
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Simulation des Windpark-Projekts bei Mehring. Rechts von oben: Martin Neumeyer (Vorstandschef Bayerische Staatsforsten), Uwe Brandl (Präsident Bayerischer Gemeindetag), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.

Wie geht es nach dem Bürgerentscheid von Mehring weiter mit dem Windpark Altötting? Der Bayerische Gemeindetag macht den Staatsforsten schwere Vorwürfe. Aber auch von Wirtschaftsminister Aiwanger fühlen sich die Bürgermeister vor Ort im Stich gelassen.

Von Dirk Walter und Carina Zimniok

München/Mehring – Aus dem „Betriebsunfall Mehring“ müssten jetzt Konsequenzen gezogen werden, sagt der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU). Er sieht zahlreiche Fehler bei der Konzeption des Windparks am Chemiedreieck. Der Bau von zehn Windrädern sei durch den Bürgerentscheid in Mehring auch deshalb abgelehnt worden, weil es an Mitbestimmung und finanzieller Teilhabe gemangelt habe.

Gemeindetags-Präsident sieht ein Grundsatzproblem

Auch wenn die Bayerischen Staatsforsten jetzt das Verfahren geändert haben (siehe Interview unten), für Brandl zeigt sich ein Grundsatzproblem: Bürgerbeteiligung und Kommunen als Betreiber würden vernachlässigt. Trotz „seit Monaten laufenden Gesprächen“ käme man „kein Jota“ voran.

Brandl ist nur eine Stimme von vielen, die mehr Tatkraft bei der Windkraft verlangen. SPD und Grüne sowieso, aber auch Mittelstandsverbände, die IHK, der DGB – sie alle sind unzufrieden mit dem, wie es bisher lief.

Der Traum, mit dem Windpark Altötting ein Vorzeigeprojekt zu verwirklichen, scheint jedenfalls geplatzt. 40 Anlagen wie ursprünglich vorgesehen, werden es nach dem verlorenen Bürgerentscheid nicht mehr werden. Ohnehin sei die Zahl 40 wohl eher eine politische Vorgabe gewesen, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Der Altöttinger Landrat Erwin Schneider (CSU) sprach im April vergangenen Jahres von einem „Prestigeprojekt der Staatsregierung“. Damit habe man öffentlich punkten wollen, nach dem Motto: Seht her, auch Bayern kann Windenergie. Nun wird das Projekt wohl ein, zwei Hausnummern kleiner.

Bürgerentscheide auch in Marktl und Haiming geplant

Es kann sogar sein, dass noch mehr der ursprünglich sieben eingeplanten Gemeinden abspringen. In Marktl und Haiming sind ebenfalls Bürgerentscheide geplant – vermutlich am Tag der Europawahl am 7. Juni. Dass sich die Politik nun im Vorfeld mehr engagieren soll, ist allenthalben zu hören. Benedikt Dittmann (CSU), Bürgermeister von Marktl, sagt unserer Zeitung: „Der Aiwanger soll sich um die bayerische Wirtschaft und die Windräder kümmern und nicht auf irgendwelchen Demos rumhüpfen.“

Waren Aiwanger die Bauern-Demos wichtiger als der Windpark?

Erst am 17. Januar, eineinhalb Wochen vor dem Bürgerentscheid, kam Aiwanger zu einer Infoveranstaltung nach Mehring. Da war die Sache möglicherweise schon gelaufen. Denn nur 147 der 1424 Wähler – also nur zehn Prozent – kamen am Tag des Bürgerentscheids zur Stimmabgabe ins Rathaus. 90 Prozent bevorzugten Briefwahl, und das zum Teil schon Wochen vor dem Abstimmungstag. Aiwanger hatte ursprünglich schon am 8. Januar nach Mehring kommen sollen – doch das war der Montag, an dem die Bauerndemos begannen. Da bevorzugte der Wirtschaftsminister doch den großen Auftritt: Landshut, München, Karpfham, Schwandorf – vier Auftritte, vier Reden. Fürs kleine Mehring sagte er ab.

Aiwanger: „Wir müssen neues Vertrauen aller Beteiligter aufbauen“

Der Angegriffene will jetzt retten, was zu retten ist. Er sei ja erst seit Kurzem für die Staatsforsten zuständig, sagt Hubert Aiwanger. „Wir müssen jetzt neues Vertrauen aller Beteiligter aufbauen.“ Er will sich mit der Bürgerinitiative „Gegenwind“ treffen, die den Bürgerentscheid in Mehring vorangetrieben hat und jetzt das Gleiche in Marktl und Haiming plant. Dass in der BI neben ehrlich Besorgten auch AfD-Sympathisanten und ideologische Schwurbler versammelt sind, wie eine Recherche des Online-Portals „Volksverpetzer“ schon im vergangenen Jahr zeigte, schreckt ihn nicht. „Muss mich jetzt mit meiner neuen Zuständigkeit kümmern“, funkt er per SMS.

Interview mit Bayerische-Staatsforsten-Chef Martin Neumeyer:

Worauf führen Sie die Niederlage beim Bürgerentscheid zurück?

Martin Neumeyer: Offenbar wurde die Zahl von bis zu zehn geplanten Windenergieanlagen von vielen Bürgern als zu belastend empfunden. Wir brauchen eine verträgliche Planung und eine transparente Kommunikation. Wir haben schon 101 Windräder auf dem Gebiet der Staatsforsten errichtet, für weitere 150 gibt es bereits Standortsicherungsverträge. Bayernweit gibt es ein Potenzial von 500 Anlagen – und diese Zahl wollen wir bis 2028 auch auf den Weg bringen. Bisher wurde kein einziger Bürgerentscheid verloren.

Muss sich die Landespolitik stärker engagieren, war auch das ein Grund für die Ablehnung?

Neumeyer: Nein, ich denke, ausschlaggebend war die Zahl. Gleich zehn Anlagen auf dem Gebiet einer Gemeinde – das war vielen Bürgern einfach zu viel. Die Planung macht nicht die Landespolitik und machen auch nicht die Staatsforsten. Wir müssen besser abstimmen, was ist verträglich, welches Maß ist in Ordnung? Das müssen wir auch vor möglicherweise anstehenden Bürgerentscheiden in Haiming und Marktl beachten. Man sollte nicht eine vorgegebene Zahl von Anlagen vorlegen, sondern erst besprechen, was ist verträglich. Und dann ist auch ein Engagement der Landespolitik sicher hilfreich.

Wie geht es mit dem Windpark weiter, wenn jetzt zehn Anlagen fehlen?

Neumeyer: Er wird weiter geplant. Entscheidend ist nicht die absolute Zahl, sondern entscheidend ist, die Akzeptanz zu erreichen.

Müssen die Staatsforsten die verpflichtende Bürgerbeteiligung aufstocken?

Neumeyer: Aus kartell- und verfassungsrechtlichen Gründen können wir vorgeben, bis zu 24,9 Prozent Anteil an den Anlagen den Bürgern anzubieten. Beim Windpark Altötting sollen es sogar bis zu 49 Prozent werden. Das ist schon attraktiv, aber es war vor Ort offensichtlich nicht entscheidend oder wurde vor Ort nicht offensiv verkauft. Wir haben unser Verfahren nochmals verbessert: Die Projektgesellschaft kann bis zu 100 Prozent Bürgerbeteiligung anbieten. Neu ist: Je höher die Bürgerbeteiligung, desto stärker wird das bei der Auswahl, wer bei einer Ausschreibung den Zuschlag bekommt, als Pluspunkt berücksichtigt. Diese Möglichkeit gab es beim Windpark Altötting allerdings noch nicht.

Interview: Dirk Walter

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