In Kreisen Altötting, Mühldorf und Traunstein
„Sind an Wendepunkt!“ Warnruf von Gewerkschaft für Chemiedreieck: Das sagen Abgeordnete
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, welche im „Chemiedreieck“ Betriebe aus den Landkreisen Altötting, Mühldorf und Traunstein vertritt, wandte sich vor kurzem mit einem Offenen Brief an Bundestagsabgeordnete aus der Region. Wir haben uns erkundigt, was diese wiederum zu dem mahnenden Schreiben der Gewerkschaft zu sagen haben.
Landkreise Altötting/Mühldorf/Traunstein - „Ich persönlich setze mich für eine grundlegende Kostenwende im Energiesektor ein, mit einer deutlichen Senkung des Industriestrompreises und fairen Netzentgelten, um der preisgeplagten energieintensiven Wirtschaft gezielt zu helfen. Ich habe mich persönlich im Bundeskanzleramt gegen ein Totalverbot von PFAS-Verbindungen eingesetzt“, erklärt CSU-Bundestagsabgeordneter Stephan Mayer gegenüber unserer Redaktion, „Die rot-grüne Regierung versucht kurz vor dem Wahlkampf mit unausgereiften Gesetzen wie dem Netzentgelte-Vorschlag Versäumnisse von drei Jahren aufzuholen. Symbolpolitik und Wahlgeschenke helfen nicht – nötig sind tragfähige Lösungen, die nach der Bundestagswahl konsequent umgesetzt werden.“
Aus Sicht der IGBCE Betriebsräte sind unter anderem folgende Sofortmaßnahmen jetzt notwendig:
> Maßnahmen, damit die im internationalen Wettbewerb befindlichen Unternehmen dauerhaft deutlich geringere Strompreise zahlen. Dazu gehört eine Gesamtbetrachtung von wettbewerbsfähigem Strompreis und verlässlichem Netzentgelt für Unternehmen. Ebenso Zuschüsse aus Bundesmitteln zu den Netzentgelten, um Verbraucherkosten zu senken und die Wirtschaftlichkeit im globalen Wettbewerb zu unterstützen.
> Schaffung der Infrastruktur und langfristiger Vertragsgestaltungen zur Abnahme von Wasserstoff zur breiten Anwendung in den Industriesektoren.
> Investitionsprämien und zinsgünstige Kredite (KfW) für grüne Technologien, damit zusätzliche wichtige Impulse gesetzt werden können.
> Keine Pauschalverbote für einzelne Stoffe, die für die Transformation erforderlich sind und sich derzeit nicht ersetzen lassen, stattdessen risikobasierte Zulassungen in Anlehnung an REACH.
„Diese Maßnahmen sind dringend geboten, um unseren Industriestandort im Bayerischen Chemiedreieck und weit darüber hinaus zu sichern und die Voraussetzungen für die Bewältigung der strukturellen Herausforderungen zu schaffen.“ so der IGBCE Bezirksleiter Günter Zellner. Diese wären aus Sicht der IGBCE auch für alle demokratischen Parteien zustimmungsfähig.
„Als SPD-Bundestagsabgeordnete darf ich mich seit inzwischen 20 Jahren dafür einsetzen, dass die guten Arbeitsplätze insbesondere in der chemischen Industrie und in den von ihr abhängigen Betrieben in unserer Region erhalten bleiben. In ständigem Austausch bin ich dazu sowohl mit den Geschäftsleitungen der Betriebe, als auch mit den Betriebsrätinnen und Betriebsräten, sowie der IGBCE. Viele von Ihnen treffe ich zum regelmäßigen Austausch“, so wiederum SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler. Die in dem Schreiben angeführten Sorgen und Forderungen eien ihr aus den vielen Gesprächen mit Ihnen bekannt und bestärkten sie in ihrem intensiven Einsatz in Berlin zur Stärkung des Industriestandortes Deutschland und insbesondere in unserer Region.
„Sind an Wendepunkt!“ - Warnruf von Gewerkschaft IGBCE für Chemiedreieck in Kreisen Altötting, Mühldorf und Traunstein: Das sagen Abgeordnete
„Die Forderungen des Chemiedialogs unterstreichen die Dringlichkeit, Energieversorgung und Klimapolitik pragmatisch zu verbinden. Für die rund 25.000 Beschäftigten im bayerischen Chemiedreiecks geht es um nicht weniger als ihre Arbeitsplätze und die Zukunft der Industrie“, erklärt wiederum FDP-Bundestagsabgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht, „Der Ausbau erneuerbarer Energien und eine verlässliche Infrastruktur müssen Priorität haben. Als FDP setzen wir uns dafür ein, konkrete Maßnahmen bis Ende 2025 umzusetzen, um Wettbewerbsfähigkeit und Klimaziele zu sichern.“
„Wir brauchen eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz. Es ist klar: Insbesondere energieintensive Unternehmen benötigen eine grundlegende Senkung der Energiepreise, um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben und Arbeitsplätze zu sichern“, so die Stellungnahme von Daniela Ludwig, die für die CSU im Bundestag sitzt, „Es ist erstaunlich, dass Minister Habeck, verantwortlich für die hohen Strompreise, selbige jetzt plötzlich im Angesicht der Wahl senken will. Wie er das finanzieren will, sagt er nicht. Wir als Union legen mit unserer „Neuen-Energie-Agenda“ hingegen ein Konzept vor, das praxistauglich und zukunftsfähig ist“.
„Unsichere und unstete politische Rahmenbedingungen“
Für Günter Zellner, Bezirksleiter der IGBCE, stehe „die Industriebetriebe im Bayerischen Chemiedreieck mit über 25.000 Beschäftigten an einem Wendepunkt“, teilte die Gewerkschaft mit. Daher richtete sie sich mit einem Offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten aus der Region. „Aktuell werden in den Unternehmen Entscheidungen vorbereitet, die zentral sind für die Zukunft unseres Industriestandortes und damit für die Beschäftigten und Ihren Familien in unserer Region. Deshalb wäre jetzt ein mutiges und vor allem geeintes Handeln unserer Abgeordneten notwendig. Die unsicheren und unsteten politischen Rahmenbedingungen sowie das Festhalten an der Schuldenbremse gehen auch bei uns in der Region auf Kosten der notwendigen Planungs- und Investitionssicherheit.“
„Zum Bezirk Altötting der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie gehören über 50 Betriebe mit rund 25.000 Beschäftigten in den Branchen Chemie, Kunststoff, Kali- und Steinsalz, Papier, Kautschuk und Feinkeramik im Bayerischen Chemiedreieck von Passau bis Berchtesgaden“, wie die IGBCE erläutert, „Mit rund 14.000 Mitgliedern ist der Bezirk Altötting der Mitgliedsstärkste der IGBCE in Bayern. Die Firmen Wacker-Chemie AG, Clariant Gendorf, InfraServ Gendorf, Siltronic AG, AlzChem Group, OMV, Nitrochemie Aschau, Dyneon, Klöckner-Pentaplast Gendorf, BASF Trostberg, Hamburger-Rieger Trostberg, Südwestdeutsche Salzwerke Bad Reichenhall, Dragenopharm Tittmoning sind mit Betriebsräten im Bezirksvorstand vertreten.“
Erst kürzlich auch auf Landesebene Thema: „Chemiedialog“ mit Aiwanger
Auch auf Landesebene war das Thema kürzlich in den Fokus gekommen: Auf Initiative von Staatsminister Hubert Aiwanger fand am Freitag der vergangenen Woche im Wirtschaftsministerium der Bayerische Chemiedialog mit den Unternehmens- und Branchenvertretern der Chemieindustrie statt. „Die Politik scheint nun auch zu begreifen, wovor wir seit zehn Jahren gewarnt haben!“, resümiert Dr. Bernhard Langhammer, Sprecher der ChemDelta Bavaria, welcher beispielsweise InfraServ Gendorf angehört. Er gehörte zu den zahlreichen Teilnehmern des Chemiedialogs. „Gewisse Dinge gefährden den Wirtschaftsstandort, beginnend mit der aktuellen Klimapolitik. Niemand bestreitet, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden muss. Aber der Kurs, welcher dabei aktuell verfolgt wird, versucht in einem seltsamen Übertrumpfungswettbewerb schneller und radikaler als alle anderen die Ziele zu erreichen.“
Fotos: Bayerischer Chemiedialog mit Unternehmens- und Branchenvertretern der Chemieindustrie in München




Was müsste aus Langhammers Sicht als nächstes geschehen? „Bürokratieabbau ist ein zentraler Punkt, besonders bei Genehmigungsverfahren. Da fehlt es hierzulande enorm an effizientem Projektmanagement bei den zuständigen Stellen, von der lokalen bis zur Bundesebene.“ Ansonsten gelte es, die schon bald anstehenden Bundestagswahlen abzuwarten. „Wie gesagt, wir stehen voll hinter der Energiewende. Aber der vollkommen unrealistische Plan, welchen auch die aktuelle Regierung verfolgt, muss einem vernünftigeren Konzept weichen!“
Anmerkung der Redaktion: Wir haben bei allen Adressaten des Offenen Briefs, die unsere Region im Bundestag vertreten, angefragt. Sollten noch weitere Stellungnahmen eingehen, werden wir diese zu gegebener Zeit veröffentlichen. (hs)
