Häusliche Gewalt gegen einen Mann
Beziehungsstreit endete in Messerstecherei: Burghauserin ging aus Eifersucht auf Partner los
Vor rund einem Jahr eskalierte ein Beziehungsstreit in Burghausen: Eine zweifache Mutter soll ihren Partner dabei mit einem Messer bedroht und verletzt haben. Polizeibeamte fanden ein Messer im Balkonkasten – doch die Tatwaffe war dies wohl nicht.
Altötting; Burghausen – Wer von den beiden lügt? Das fragten sich bei dem Prozess am 6. Dezember vor dem Amtsgericht Altötting wohl alle Anwesenden im Gerichtssaal. Verhandelt wurde gegen eine Frau aus Burghausen, die ihren Ex-Partner aus Eifersucht bei zwei Gelegenheiten mit einem Messer angegriffen und einmal damit verletzt haben soll. Das Schöffengericht unter Richter Günther Hammerdinger verurteilte die 35-Jährige wegen vorsätzlicher, gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Die Angeklagte selbst wehrte sich entschieden gegen die Vorwürfe: Ihre Einlassung stellt den Streit am Geburtstag der jüngeren ihrer beiden Töchter völlig anders dar. Die 35-jährige Mutter beschreibt die eineinhalbjährige Beziehung mit ihrem Ex-Partner (35) als Tortur. Regelmäßig sei es zu Streitereien gekommen, bei denen der Geschädigte sie geschlagen habe. Auch bei den zwei Vorfällen im November 2021 und am 26. Januar 2022 sei es erst zu einem verbalen Streit gekommen, der dann seitens ihres Partners handgreiflich geworden sei.
„Du wirst heute noch eine harte Nacht bekommen“
Schon am Morgen des 26. Januar habe ihr Partner sehr schlechte Laune gehabt, dann sei es zu einem Streit gekommen, weil er ihrer Tochter zum Geburtstag ein Fahrrad schenken wollte, das ihrer Ansicht nach einen „Totalschaden“ hatte. Weil sich eine Freundin der Angeklagten, die zum Kindergeburtstag eingeladen worden war, unwohl mit ihrem Partner im Raum gefühlt habe – sollte er sich in einem anderen Zimmer aufhalten. Darüber sei der so erzürnt gewesen, dass er zu ihr sagte: „Du wirst heute noch eine harte Nacht bekommen.“
Dass dies wohl eine sexuelle Anspielung war, machte die Aussage einer geladenen Zeugin deutlich. Der Geschädigte selbst erwähnte von dieser Äußerung nichts und sagte, er sei lediglich enttäuscht gewesen, dass er von der Feier ausgeschlossen wurde, weil er sich extra Urlaub genommen habe. Ihm zufolge sei die Angeklagte „seine große Liebe“ gewesen. Er berichtete aber von regelmäßigen Eifersuchtsszenen und körperlichen Angriffen ihrerseits. Weil der Geschädigte die 35-Jährige aber „mehr geliebt habe, als alle anderen“, habe er ihr immer wieder verziehen.
Mit dem Messer auf den Kopf geschlagen
Am 26. Januar 2022 habe die Angeklagte ihm zuerst zwei Faustschläge verpasst und ihn dann mit dem Messer bedroht, wobei sie vor ihm mit dem Messer herumgefuchtelt habe. Auf dem Weg aus der Wohnung sei sie ihm nachgerannt und habe ihn mit dem Messer in der Hand auf den Kopf geschlagen. Erst als der Geschädigte Blut spritzen sah, habe er bemerkt, dass er am Kopf blutete. Dann habe er die Angeklagte dann mit zwei Faustschlägen abgewehrt und sei ohne Schuhe und Jacke aus der Wohnung gelaufen. Vor der Tür habe er dann die Polizei gerufen.
Das Gericht betrachtete mehrere Fotos von Schnittverletzungen am Kopf, sowie von einer Bissverletzung am Oberarm des Geschädigten. Diese waren bei einem Streit im November 2021 entstanden, in dessen Verlauf die Angeklagte sich die Hand gebrochen hatte, weil sie auf den Kopf ihres Partners eingeschlagen hatte. Bis kurz vor dem Zwischenfall Ende Januar hatte sie deswegen einen Gips tragen müssen.
„Du willst Krieg und alles verlieren? Dann sorge ich dafür!“
Laut der Angeklagten soll ihr der Ex-Partner bei dem Vorfall im November mit dem Tod gedroht und sie geschlagen haben. In einer Chat-Nachricht, die Verteidiger Karl-Heinz Merkl dem Gericht vorlegte, schrieb der Geschädigte: „Du willst Krieg und alles verlieren? Dann sorge ich dafür!“ In weiteren Nachrichten soll er der Angeklagten damit gedroht haben, ihr Gesicht so kaputtzuschlagen, dass sie sich nicht mehr im Spiegel anschauen könne. Die zweifache Mutter, die von Bürgergeld lebt, gab an, dass ihr Ex-Partner ihr mindestens zehn Faustschläge in das Gesicht und auf den Kopf verpasst habe und sie zweimal die Besinnung verloren habe. Dann habe sie ihn aus der Wohnung getrieben und ihm dabei mit einer Lampe auf den Kopf geschlagen.
Der Rechtsmediziner Dr. Fritz Priemer, der zwar Verletzungen im Gesicht und am Kopf der Angeklagten feststellen konnte, sagte aber: „Bei der Untersuchung konnte ich nicht den Eindruck gewinnen, dass sie einem Hagel von Faustschlägen ausgesetzt war.“ Er bezweifelte auch, dass die 35-Jährige das Bewusstsein verloren habe. Anhand der Blutwerte der Angeklagten berechnete er, dass die Angeklagte eine Flasche Sekt getrunken haben musste.
Fünfstellige Schmerzensgeldforderung
Bezüglich der Schnittverletzungen am Kopf des Geschädigten sieht der Rechtsmediziner keine Hinweise auf Schläge mit der fraglichen Lampe – aber gleichmäßig tiefe Schnittverletzungen. Der Geschädigte hatte außerdem eine Abwehrverletzung am Finger erlitten und war nach dem Messerangriff seiner Ex-Freundin acht Wochen krankgeschrieben. Der Nebenklägervertreter Michael Graf beantragte deswegen ein Schmerzensgeld in Höhe eines fünfstelligen Betrages für den Geschädigten.
Staatsanwältin Stephanie Windhorst betonte, dass der Geschädigte wohl nicht darauf aus war, die Angeklagte besonders stark zu belasten. Sie plädierte dafür, die Angeklagte zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe zu verurteilen. Nebenklagevertreter Graf schloss sich dem an, und hob hervor, dass sich die Darstellung der Angeklagten nicht mit den Erkenntnissen des Sachverständigen deckte. Rechtsanwalt Merkl plädierte dagegen für einen Freispruch und im Falle einer Verurteilung für eine Bewährungsstrafe. Er stützte sich auf Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Geschädigten darauf, die Lampe als „Tatwaffe“ hervorzuheben.
Gericht hält Einlassung der Angeklagten nicht für glaubwürdig
Das Urteil zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung begründete Richter Günther Hammerdinger mit der glaubwürdigen Darstellung des Geschädigten und dessen Untermauerung durch den Sachverständigen. Die angebliche Notwehrhandlung nahm das Gericht der Angeklagten nicht ab. Genauso wenig ihre Angabe, die Lampe für Schläge benutzt zu haben. „Auch die Schnittspuren an der Jacken machen deutlich: Es war ein Messer im Spiel“, fasste Hammerdinger zusammen. „Es herrscht kein Zweifel daran, dass die Einlassung der Angeklagten schlicht nicht stimmt.“
Die Angeklagte hat außerdem die Auslagen des Geschädigten und 5000 Euro Schmerzensgeld zu tragen.