Altöttings Bürgermeister im Interview
Trotz heftigen Gegenwinds: Vor 40 Jahren wurde Altöttings Kapellplatz zur Fußgängerzone
40 Jahre ist es heuer her, dass der Kapellplatz in Altötting zur Fußgängerzone umgestaltet wurde. Wir blicken im Zeitungsarchiv und mit Bürgermeister Stephan Antwerpen (CSU) als Zeitzeuge zurück.
Altötting – „Wallfahrer haben jetzt ihre Ruhe“, unter dieser Überschrift findet sich in der Ausgabe des OVB vom 24. Mai 1985 folgender kurzer Bericht: „Einer der wohl ältesten Kapellenplätze Deutschlands, der Kirchplatz in Altötting, wurde jetzt zur Fußgängerzone umgestaltet. Ebenso erweiterte die Stadt auch die Rasenflächen, pflanzte Bäume und stellte Ruhebänke auf. Die rund eine Million Pilger, die jedes Jahr die berühmte Gnadenkapelle besuchen, können nunmehr ihre Wallfahrt ohne störenden Autoverkehr abhalten.“
„Wie doch die Zeit vergeht: Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie ich selbst mit dem Auto über den Kapellplatz gefahren bin, damals hatte ich ja schon den Führerschein“, meint Altöttings Bürgermeister Stephan Antwerpen. Er schätze die damalige Entscheidung der Stadtmütter und -väter sehr. „Heutzutage bin ich ja, so oft es geht, mit dem Rad unterwegs. Unterdessen wurde aber auch eine gute Lösung für den Parkplatzbedarf gefunden.“ So ohne weiteres sei dies alles aber nicht möglich gewesen. „Da galt es eine ganze Reihe von Herausforderungen zu bewältigen und Lösungen zu finden“, setzt er an. Auch in Rosenheim wurde in jener Zeit der Max-Josefs-Platz autofrei gemacht, was ebenfalls nicht unumstritten war. Dort setzte man dann auf Veranstaltungen wie den Christkindlmarkt zu dessen Belebung.
Altötings Bürgermeister im Interview zu 40 Jahren Kapellplatz als Fußgängerzone: "So etwas heute anzugehen ...“
„Man muss sich in der Rückschau erst einmal bewusst machen, dass dafür einiges an Vorarbeit geleistet werden musste!“, betont er und gibt zu bedenken: „In Altötting lief und läuft ja alles sternförmig auf den Kapellplatz zu. Vor dem ‚Hotel zur Post‘ trafen einst die B12 und die B299 aufeinander. Die waren allerdings zu diesem Zeitpunkt schon durch Umgebungsstraßen ersetzt, hatten aber noch ihre Widmung als Bundesstraßen.“ Trotzdem habe aber zunächst die Ringstraße um den Kapellplatz herum geschaffen werden müssen. „Im gewachsenen Gefüge der damaligen Stadt mussten da auch harte Entscheidungen getroffen werden. So fiel dem die Mädchenschule zum Opfer und auch der Michaelifriedhof sowie der Klostergarten der Kongregation Jesu mussten zurückgesetzt werden.“
Damit nicht genug: „Dann musste es auch noch durchgesetzt werden, dass unter dem Kapellplatz, der religiösen Herzkammer der Stadt, eine Tiefgarage ausgegraben und gebaut wurde! Daneben wurde natürlich auch noch jene an der Hofmark geschaffen“, so das Stadtoberhaupt. Sein Vater, Richard Antwerpen, der von 1983 bis 1995 Altöttings Bürgermeister war, hatte damals, zwei Jahre im Amt, das Heft in der Hand. „Er brauchte einen breiten Rücken, denn ihm schlug schon einiges an Gegenwind ins Gesicht. Nicht zuletzt aus den Gastwirtschaften, die am Ende traumhafte Terrassen auf städtischem Grund bekamen, nach denen sich andere die Finger lecken würden!“
„Erhabene Kraft und Ausstrahlung“
Es war also eine enorme Leistung, überhaupt die Voraussetzung zu schaffen. „So etwas heute anzugehen, in diesem Ausmaß und mit einem derartigen Eingriff in das Stadtgefüge, das kann man sich nur schwer vorstellen“, so Antwerpen, „Man kann die Frauen und Männer, die das damals ermöglichten, wie gesagt, nur loben und ihr Durchhaltevermögen anerkennen.“ Langfristig müsse man sich aber wieder zu vergleichbaren Projekten aufraffen. „Sagen wir es, wie es ist: Angesichts der immer wärmer werdenden Durchschnittstemperaturen besonders im Sommer müssen wir etwas tun fürs Stadtklima! Der Kapellplatz ist da ja heute schon eine grüne Oase und ein Platz, an dem man Ruhe und Schatten findet. Früher oder später werden wir da, zumindest in einem gewissen Ausmaß, noch nachlegen müssen.“
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In der heutigen Zeit habe der Kapellplatz auch unverhofft sicherheitstechnische Vorteile für Großveranstaltungen dort: „Wir können ihn bei Festen und Veranstaltungen effektiv für den Verkehr sperren, der ja noch über die Strecke zwischen Neuöttinger Straße und Tillyplatz fließt.“ Vor allem aber schätze er persönlich die religiöse Bedeutung. „So wie er jetzt ist, hat er meiner Meinung nach eine ganz eigene, erhabene Kraft und Ausstrahlung!“ Nun blicke er bereits freudig auf die Ankunft der ersten Wallfahrtsgruppen. „Das ist immer ein tolles Ereignis, wenn die Gruppen dann hier ankommen, ich blicke immer voller Vorfreude auf ihre Ankunft.“ (hs)