Zu Besuch auf einem modernen Hof in Reichertsheim
KI im Kuhstall: Warum Roboter „Lely“ die Tiere von Georg Hanslmeier glücklich macht
„Lely“ heißt der Roboter, der Bauer Georg Hanslmeier aus Reichertsheim unterstützt. Warum die „Künstliche Intelligenz“ den Landwirt und seine Kühe glücklich macht. Ein Hofbesuch.
Reichertsheim − Noch vor 100 Jahren saß der Bauer auf seinem kleinen Melkschemel vor der Kuh und melkte sie von Hand. Etwa eine Viertelstunde dauerte es damals, bis der Milcheimer voll war. Diese Arbeit war nicht nur sehr zeitaufwendig, sondern auch enorm anstrengend und kräftezehrend. Heutzutage wäre körperlich harte Arbeit dieser Art nicht mehr vorstellbar. Deshalb hält der Fortschritt, der nicht immer nur Fluch, sondern auch Segen sein kann, inzwischen auch Einzug in so manchen Kuhstall. So auch bei Landwirt Georg Hanslmeier aus Albanstett (Reichertsheim).
Seit einem Jahr hat er einen fleißigen Helfer auf seinem Hof. Sein Name: Lely. Ein Melkroboter, der nicht nur dem tierlieben Landwirt das Leben leichter macht, sondern auch seinen Simmentaler Damen, einer beliebten Hausrindrasse. 65 Milchkühe und etwa 65 Kälbchen leben aktuell auf Hanslmeiers Hof.
Rinder bewegen sich frei
Der Reichertsheimer Landwirt legt nach eigenen Angaben Wert auf eine artgerechte Tierhaltung in Laufställen mit traditioneller Fütterung ohne Gentechnik und die eigene Milchherstellung. Seine Rinder können sich im Stall sowie auch außerhalb frei bewegen, liegen im Stroh und sind fernab von Stress und Lärm.
Rinder sind echte Gewohnheitstiere, sehr sozial und intelligent, berichtet der Bauer. Bevor Lely vor einem Jahr angeschafft wurde, gab es auf Hanslmeiers Hof noch einen Melkstand. Bis dahin wurde zwei Mal pro Tag gemolken. Morgens um sechs und abends um 17 Uhr. An den Melkroboter gewöhnten sich die Kühe zum Glück relativ schnell, berichtet Hanslmeier. Das Hightech-Gerät sei ein echter Segen, denn die sensorgesteuerte Maschine übernehme fast alle Arbeiten. Alles, was der Landwirt in Sachen Melken jetzt überwiegend noch tun muss, kann er bequem vom Büro oder von unterwegs aus steuern. Lelys Programm ist via Computer und über eine App auf seinem Handy abrufbar.
Tiere können selbst entscheiden
Sobald eine Fehlermeldung erscheint, kann der Landwirt sofort reagieren. Pflegen und reinigen muss Hanslmeier seinen Melkroboter natürlich noch selbst, doch für die Wartung kommt eine Firma vorbei, berichtet er. Dank dem Melkroboter können die Tiere nun rund um die Uhr an den Melkstand. Eine feine Sache, denn so können die Kühe selbst den Zeitpunkt und die Häufigkeit des Melkens bestimmen, freut sich ihr Halter. Dabei rechne der Roboter genau das Anrecht aus. Das heiße: Je mehr Milch eine Kuh gebe, umso öfter könne sie an den Melkstand. Normalerweise wird sie zweimal am Tag gemolken. Manche haben jedoch so viel Milch, dass sie auch drei oder vier Mal gemolken werden können.
Sobald die Kuh den Melkstand betritt, wird das Melkgeschirr automatisch an ihr Euter angeschlossen. Möglich macht dies ein spezielles Erkennungssystemn mit Ultraschall, optischen Sensoren und Laser, berichtet der Reichertsheimer Landwirt. Hygiene und Sicherheit ständen dabei an erster Stelle. Oberhalb der Melk-Box befindet sich eine Kamera, die mit der Steuerung des Roboterarms verbunden ist. Bewegt sich die Kuh, geht der Arm des Roboters automatisch mit. So könnten Verletzungen verhindert werden.
Melkroboter kennt jede Kuh im Stall
Die schlauen Tiere drehen für so manches Leckerli sogar noch einmal eine Extra-Runde durch den Melkstand, freut sich Hanslmeier Allerdings lasse sich der Melkroboter von den Kühen nicht austricksen, denn dieser rechne genau aus, wann eine Kuh Melkgangrecht habe und wann nicht. „Hat sie schon ihre Milchleistung erbracht, wird sie unerledigter Dinge weitergeschickt. Somit gibt es auch keinen Belohnungshappen, denn den gibt es nur, wenn gemolken wird.“
Lely kenne jede einzelne Kuh im Stall in- und auswendig. Hanslmeier ist von seinem technischen Helfer begeistert. „Der Melkroboter rechnet für jede einzelne Kuh genau aus, wie viel Kraftfutter sie hat, wie viel Milch sie gibt, wann sie das letzte Mal Milch gegeben hat und noch vieles mehr. Er misst die Temperatur, kennt das Gewicht der Kuh und weiß, wie viel sie sich bewegt. Gibt es Auffälligkeiten bei ihr, ist sie inaktiv oder krank, dann erkennt das der Roboter und macht sofort eine Meldung“, erklärt der leidenschaftliche Landwirt. „Der Roboter hat sämtliche Daten von jedem einzelnen Tier erfasst. So zum Beispiel auch, wann und wie oft sie ein Kalb bekommen hat und auch den Gesundheitszustand des Tieres. Er misst die Temperatur von der Milch. Hat die Milch 40 Grad, weiß er sofort, dass die Kuh Fieber hat. Lely misst auch den Wiederkau. Fällt dieser ab, ist die Kuh wahrscheinlich krank. Jede Kuh hat einen Transponder um den Hals. Dieser misst die Bewegung, die Fressminuten und den Wiederkau. Auch diese Daten werden im Melkroboter erfasst und gespeichert“ setzt er fort.
KI als Lebensretter
Lely sei nicht nur ein fleißiger Allrounder und Helfer, sondern auch ein Lebensretter für die Tiere. Ist eine Kuh krank, erkennt er dies und sofort erscheint auf dem Display des Melkroboters auf Hanslmeiers Computer und auf seinem Handy eine Meldung mit dem Hinweis „Gesundheitskontrolle“. „Früher hatte man so etwas nicht. Da merkte man am Verhalten der Kuh, dass etwas mit ihr nicht in Ordnung ist. Dadurch ging wertvolle Zeit verloren, bis eine Erkrankung erkannt wurde. Selbst wenn die Kuh nach außen hin gesund wirkt, kann man aufgrund der Gesundheitswarnung sofort reagieren und einen Tierarzt verständigen“, erklärt der Landwirt. Somit biete Lely auch die perfekte Gesundheitsüberwachung der Tiere.
Das automatische Melksystem spare nicht nur bis zu zwei Stunden Arbeitszeit pro Tag, sondern nehme auch schwere körperliche Arbeit ab. Die Stallpflege und Fütterung machen Hanslmeier und sein Team natürlich noch altbewährt von Hand, doch das sei auch gut so, denn der Kontakt zu seinen Tieren, wie auch zu den Menschen, sei ihm wichtig. Deshalb vermarktet er seine Milch direkt und liefert sie auch an Haushalte in der Region aus. Was ihn dabei besonders auszeichnet: Hanslmeiers Milch stammt von glücklichen Kühen., ist der Bauer überzeugt.

