Bei den Bauernprotesten mit dabei
„Will nicht aufgeben“ – Wie viel Geld bleibt übrig? Wasserburger Landwirts-Familie gibt Einblick
Seit Wochen protestieren die Landwirte und schimpfen wegen ungerechter Behandlung seitens der Ampel-Regierung. Viele sagen, ihnen bleibe zum Leben nichts übrig. Auch Stephan Zenz aus Wasserburg ist bei den Bauernprotesten dabei. Für uns legt er seine Finanzen offen dar. Das bleibt der Familie unterm Strich.
Wasserburg – Seit über drei Wochen protestieren die Landwirte. Mit dabei: Stephan Zenz aus Wasserburg. Er und seine Frau Barbara betreiben gemeinsam mit den beiden Töchter Johanna und Christina Ortsteil Reisach eine Landwirtschaft im Nebenerwerb. 35 Milchkühe hat Zenz, zehn Hektar Acker, 25 Hektar Grünland und fünf Hektar Forst.
Es ist ein Familienbetrieb. Zenz übernahm den Hof im Sommer 2023 von den Schwiegereltern, die ihn wiederum von ihren Eltern übernommen haben. Für den Bauern ist klar: Er will weitermachen. „Ich will nicht aufgeben“, sagt er. Diesen Platz in der Familiengeschichte möchte Zenz nicht einnehmen. Vor allem Tochter Johanna, die zurzeit eine Ausbildung zur Landwirtin absolviert, will er die Konsequenzen nicht antun. „Ich möchte nicht, dass sie mich eines Tages anschaut und mir sagt: Papa, ich hätte den Hof gerne übernommen, aber du hast ihn aufgegeben.“ Dennoch macht er keinen Hehl aus der Belastung und sagt: „Eigentlich geht es nicht mehr.“
Überstunden sammeln, um im Sommer Zeit für den Hof zu haben
Zenz ist Vollzeit berufstätig, arbeitet bei Hans Völk, einem Fachhandel für Landmaschinen, in Soyen. Jetzt im Winter baut der Landwirt Überstunden auf, damit er im Sommer mehr Zeit für den Hof hat. Damit das klappt, hat er extra die Stelle gewechselt, von der Produktion zum Vertrieb. Zusätzlich hat er die Hilfe von seinen Schwiegereltern und den beiden Töchtern. „Anders würde es nicht gehen“, sagt er.
Auf fünf Stunden beläuft sich die tägliche Arbeit am Hof, schätzt er. Melken, ausmisten, die Tiere und Flächen pflegen. Ohne Unterstützung nicht möglich. Zumal „alle anderen Arbeiten“ noch nicht dabei seien, wie Barbara Zenz betont. Darunter: die Bürokratie, die immer mehr und komplexer werde. „Die meisten Anträge können wir ohne Hilfe von außen nicht ausfüllen“, sagt sie. Insgesamt käme die Familie an manchen Tagen so durchaus auf zehn Stunden Arbeit, schätzt die zweifache Mutter.
Hohe Ausgaben
„Gewinn machen wir aber keinen damit“, verdeutlicht Stephan Zenz. 8.500 Euro Umsatz macht die Familie mit dem Hof durchschnittlich im Monat. „Zurzeit ist es ein bisschen mehr.“ Die Milchproduktion sei gut, die 21 melkenden Kühe würden guten Ertrag bringen. Unterm Strich bleibe aber kaum etwas übrig. „Wir haben einen guten Umsatz“, sagt Babara Zenz, „aber auch hohe Ausgaben – und das sehen die wenigsten Menschen.“
Die Abrechnung vom Januar beweist es: 3.500 Euro für Diesel, 2.000 Euro für neue Schläuche an der Melkmaschine, 2.350 Euro für Dünger. 460 Euro für Reparaturen am Traktor, 3.598 Euro für Investitionen am Gebäude. Hinzu kommen knapp 11.000 Euro für Versicherungsabrechnungen. „Diesen Monat sind wir im Minus“, sagt Babara Zenz. Nur über Querfinanzierungen durch den Lohn der eigentlichen Arbeit von Stephan Zenz oder aus dem privaten Vermögen kämen sie im Januar über die Runden.
Am Ende bleibt nichts übrig
Dabei stellt Barbara Zenz fest: „Natürlich sind viele Kosten in diesem Monat auch einmalige Ausgaben. Wir brauchen nicht ständig neue Schläuche.“ Auch die Versicherungen gelten für das ganze Jahr. „Trotzdem kommen jeden Monat andere einmalige Rechnungen hinzu.“ Das bestätigt auch ihr Mann. „Mal ist eine Kuh krank, dann muss der Tierarzt bezahlt werden, mal geht was kaputt und wir müssen es reparieren“, sagt er. „Gewinn machen wir mit der Landwirtschaft jedenfalls keinen. Für uns bleibt am Ende nichts übrig. Wir sind froh, wenn sich der Hof selbst trägt.“
6.000 Euro an Subventionen bekommt der Betrieb im Jahr. Geld, das dringend gebraucht werde. „Was die Leute nicht verstehen“, sagt Tochter Johanna, „das ist kein Geld, das wir behalten. Wir reinvestieren wieder und brauchen es für unsere tägliche Arbeit.“ Für Stephan Zenz seien die geplanten Agrar-Diesel-Streichungen der Ampel-Regierung dennoch nicht der Auslöser, warum er protestiere. Er sei davon gar nicht betroffen, „In meinem Leben habe ich noch keinen Agrardiesel beantragt. Dafür gehe ich nicht auf die Straße“, verdeutlicht der Wasserburger.
Gesellschaft wachrütteln
Vielmehr gehe es ihm um eine allgemeine Unsicherheit. „Wir haben eine Regierung, die Gesetze und Vorschriften beschließt, die am nächsten Tag gestrichen werden, weil sie nicht umsetzbar sind“, sagt Zenz. Außerdem will er mit seinem Protest die Gesellschaft wachrütteln. „Die Leute wissen nicht, mit welchen Problemen die Landwirte zu kämpfen haben“, sagt er. Der ausschlaggebende Grund für ihn: „vier Prozent Flächenstilllegung.“ Das bedeute für ihn, vier Prozent seiner Fläche brachliegen zu lassen oder sie aktiv zu begrünen, „verwildern“, wie Zenz es nennt. Das gelte für alle Bauern mit mehr als zehn Hektar Ackerfläche.
Für Zent ein Unding. „Das ist mein Kapital. Ich brauche diese Flächen“, sagt er. „Außerdem lasse ich mir nicht vorschreiben, was ich mit meinem eigenen Grund machen darf“, schimpft er. Er werde mit dem Hof weitermachen, aber auch mit den Protesten, obwohl er nicht mehr an ein Einlenken der Ampel-Regierung glaubt. Doch er will nicht derjenige sein, der aufgibt.