„Man muss sich schon was einfallen lassen“
Haager Modehaus Eberl expandiert in Wasserburg: So trotzt Michael Goetzke der Online-Konkurrenz
Der stationäre Einzelhandel ist vielerorts in der Krise. Nicht aber das Modehaus Eberl in Haag – es expandiert mit „Eberl Man“ sogar in Wasserburg. Wie Geschäftsführer Michael Goetzke der Online-Konkurrenz die Stirn bieten will.
Haag/Wasserburg – Geschäftiges Treiben herrscht im Modehaus Eberl in Haag, denn dort wird aktuell vor dem großen Umbau im Januar ein Räumungsverkauf gemacht. „Wir wollen unser Niveau halten. Dafür muss man etwas tun – und investieren“, erklärt Inhaber und Geschäftsführer Michael Goetzke. Rund 1.000 Quadratmeter Fläche stehen dafür zur Verfügung, 180 Quadratmeter davon bei „Eberl Man“, das mittlerweile auch schon über zehn Jahre Bestand in Haag hat.
„Eberl Man“ kommt nach Wasserburg
Nun kommt „Eberl Man“ auch nach Wasserburg, im März dürfte es so weit sein, schätzt Goetzke. Nachdem die Modemarke Esprit im Mai Insolvenz angemeldet hatte, hat der Geschäftsführer ein neues Konzept für die Räumlichkeiten in der Ledererzeile erarbeitet. Momentan ist dort Räumungsverkauf, Anfang Februar werde dann für rund zehn Tage zugemacht, um komplett umzubauen. Goetzke sieht für „den normalen Mann“ eine Bedarfslücke, die er schließen will. „Herren gehen eher pragmatisch an den Klamottenkauf heran. Es gibt ein spannendes Konzept, bei dem sicher jeder fündig wird, auch der ‚gestandene‘ Mann“, so der Geschäftsführer.
„Eberl Man“ in Haag hat der Geschäftsführer im März 2014 eröffnet, ein Jahr, nachdem er das Modehaus von seinen Eltern übernommen hatte. „Ich war voller Eifer, voller Energie. Ich habe mich ausführlich darauf vorbereitet und bin ja schon von Kindesbeinen an im Geschäft dabei“, erzählt er. „Als ich selbst noch klein war, habe ich immer andere Kids in der Spielecke bespaßt“, sagt er lachend. Trotzdem habe er das große Glück gehabt, dass seine Eltern „keine Erwartungshaltung“ an ihren Nachwuchs gehabt hätten. „Es wäre für sie auch in Ordnung gewesen, wenn niemand von uns – ich habe noch zwei Geschwister – das Modehaus weitergeführt hätte“, sagt er.
Aber Goetzke wollte. „Angefangen habe ich im März 2005 mit Esprit in Wasserburg. In der heutigen Filiale war vorher der Drogeriemarkt ‚Schlecker‘. Mein Vater hat mich damals gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, dort ein Geschäft zu führen. Ich studierte nach dem Abitur und dem Handelsfachwirt gerade Betriebswirtschaftslehre in Landshut. Aber ich überlegte nicht lange – und so nahm alles seinen Lauf“, weiß der Geschäftsführer noch gut. „Es hat mich selbst überrascht, wie viel Spaß mir die Arbeit gemacht hat. Deswegen war für mich klar, dass ich das Modehaus meiner Eltern weiterführe, nachdem sie gemeint hatten, sie würden gerne kürzertreten. Ich hatte nur eine Bedingung: Ich wollte das Geschäft eigenständig betreiben, meinen eigenen Stil und meine eigene Handschrift entwickeln“, berichtet er.
Krisenhafte Zeit
Seitdem läuft das Geschäft laut Goetzke „recht gut“, auch wenn es in den vergangenen Jahren einige Krisen gab, die es zu überstehen galt: Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation. „Den Leuten sitzt der Geldbeutel nicht mehr so locker, das merkt man einfach“, sagt er. „Da muss man sich schon etwas einfallen lassen, um dagegenzuhalten“. Vor allem, um auch gegen den wohl größten Konkurrenten zu bestehen: das Internet.
Deswegen habe er sich entschlossen, das Geschäft am Stammsitz in Haag umzubauen und zu modernisieren – auch ein Bekenntnis an den Standort in der Marktgemeinde. Alle fünf bis zehn Jahre sei es grundsätzlich sinnvoll, das eigene Konzept zu überarbeiten, meint der Geschäftsführer. Schon seine Eltern, besonders seine Mutter, sei ihrer Zeit voraus gewesen, habe Innovatives ausprobiert. Das wolle Goetzke genauso halten. Er gehe auch gezielt in andere Läden im süddeutschen Raum, um sich ein Bild von der Konkurrenz zu machen.
Kein Fachkräftemangel
Seine Kunden würden im Modehaus Eberl etwas bekommen, was es im Internet nicht gebe: ein Einkaufserlebnis. Dazu habe das Geschäft eine hauseigene Schneiderei sowie Farb- und Stilberatung vom fachlich geschulten Personal. So hebe sich sein Geschäft von den Mitbewerbern ab, ist Goetzke überzeugt. Rund 30 Mitarbeiter, davon eine Auszubildende, beschäftige er an den beiden Standorten in Haag und Wasserburg und sei von Personalnot „aktuell nicht betroffen“, sagt er. „Wir pflegen ein sehr familiäres Arbeitsumfeld. Wir haben Angestellte, die sind schon jahrzehntelang bei uns und arbeiten über die Rente hinaus weiter hier“, so der Geschäftsführer. Wie es in den kommenden Jahren wegen des Fachkräftemangels aussehen wird, kann Goetzke noch nicht sagen. Aber: „Ich bin überzeugt, dass wir einen Weg finden werden.“
„Ein Publikumsmagnet“
Christian Flamm ist der Vorsitzende von „Haag aktiv“ und freut sich über die Modernisierung des Modehauses Eberl. „Das ist ein klares Bekenntnis zum Standort in der Marktgemeinde“, findet er. Er sei gespannt darauf, die neuen Räume nach dem Umbau zu sehen. Das Modehaus Eberl bestehe seit über 100 Jahren und sei „ein Publikumsmagnet“ für Haag. Der stationäre Einzelhandel habe laut Flamm klare Vorteile: „Ansehen, anfassen: der Einzelhandel bietet ein Einkaufserlebnis. Da kann das Internet nicht mithalten“, betont er. Auch das „ewige Päckchen hin- und her verschicken ist alles andere als nachhaltig“, sagt er. „Täglich sieht man die verschiedensten Transporter umherfahren“, sagt Flamm. „Bei manchen wird sogar jedes Paket einzeln geliefert“, kritisiert der Vorsitzende.
