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Unter Schmerzmittel-Einfluss

Albträume, 19 Operationen: Tragischer Unfall auf der B 15 bei Kirchdorf vor Gericht

Vor dem Amtsgericht Mühldorf musste sich ein 35-jähriger Rumäne wegen diverser Einbrüche verantworten.
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Vor dem Amtsgericht Mühldorf ging es um die juristischen Folgen eines tragischen Unfalls auf der B 15.

Ein tragischer Unfall auf der B 15 bei Kirchdorf hatte jetzt ein juristisches Nachspiel. Angeklagt war ein Mann, der unter Einfluss von starken Schmerzmitteln stand. Über einen Fall, der betroffen macht.

Kirchdorf – Eine Verhandlung um einen tragischen Verkehrsunfall fand jüngst im Mühldorfer Amtsgericht statt: Im Rollstuhl sitzend wurde ein 67-jähriger Mann aus einem Nachbarlandkreis in den Gerichtsaal 116 geschoben, um sich vor Amtsrichter Florian Greifenstein zu verantworten. Der Rentner war zuvor als IT-Lehrer tätig gewesen, seit einem Unfall sitzt der verwitwete Deutsche in diesem Gefährt, den betreffenden Unfall hatte er selbst verschuldet. Nach eigenen Angaben lebt der Angeschuldigte am Existenzminimum, von seiner Rente in Höhe von 1126 Euro muss er 700 Euro für einen Pflegedienst bezahlen – plus die Miete und die üblichen Kosten.

Er wurde von Reinhard Perlet vertreten, einem Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Deggendorf. Die Anklage vertrat Staatsanwältin Lisa Böhm aus Traunstein, sie klagte den Mann wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen fahrlässiger Körperverletzung an.

Schmerzen als Folge eines Magengeschwürs

Der Angeklagte hatte früher in Velden an der Vils gewohnt und da sein Auto, ein älterer gebrauchter VW Golf, defekte Bremsen aufwies, war er im April 2024 in seinen alten Wohnort gefahren, wo ein früherer Bekannter diesen Defekt behob. Da der Beschuldigte infolge eines offenen Magengeschwürs akute Schmerzen hatte, nahm er nach eigenen Angaben Tabletten ein, die ihm sein Hausarzt verschrieben habe. In Velden traf er zufällig einen früheren Bekannten, dem er seine Leidensgeschichte erzählte, hieß es vor Gericht. Daraufhin habe ihm dieser zehn Schmerztabletten gegeben, von denen der Angeklagte zusätzlich zwei eingenommen habe.

In diesem Zustand machte sich der Rentner auf den Heimweg: In Schlangenlinien auf der B 15 Richtung Haag fahrend, geriet er im Gemeindegebiet von Kirchdorf auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, an dessen Steuer eine 68-jährige Rentnerin aus Neufraunhofen saß. Durch den Aufprall stieß die ältere Dame mit einem weiteren Pkw zusammen.

Rettungshubschrauber im Einsatz

Es war ein schlimmer Unfall, Notarzt, Polizei, Feuerwehr trafen an der Unfallstelle ein und es bedurfte letzten Endes sogar eines Rettungshubschraubers, der den schwer verletzten Unfallverursacher in das Notfallzentrum der München Klinik Bogenhausen flog, wo er sofort notoperiert werden musste.

Vom Richter nach seinen Verletzungen befragt, zählte der Mann auf: „achtfacher Bruch des linken Beins, sechsfacher Bruch des rechten Beins, Beckenbruch. Mein Magen wurde zu dreiviertel entfernt, ich musste vier Monate künstlich ernährt werden und 19 Operationen überstehen. Ich habe seit dem Unfall 70 Kilo abgenommen.“

Als erster Zeuge wurde ein 40-jähriger Polizeibeamter gehört, damals der Polizeiinspektion Dorfen angehörig: „Wir erhielten einen Notruf, auf der B 15 sei ein Schlangenlinienfahrer unterwegs und wir machten uns sofort auf den Weg in Richtung Kirchdorf, kamen aber zu spät, der Unfall hatte sich soeben ereignet. Mein Kollege vernahm die Zeugen, ich sicherte die Unfallstelle ab. Mit dem Verursacher konnte ich nicht sprechen, der wurde vom Notarzt versorgt und schließlich mit dem Hubschrauber abtransportiert“.

Unfallopfer akzeptiert Entschuldigung

Richter Florian Greifenstein hatte auch die 68-jährige Rentnerin geladen, mit dessen Fahrzeug der Angeklagte zuerst zusammengestoßen war: „Ich war auf dem Rückweg von Tuntenhausen, als mir bei Kirchdorf ein Auto auf meiner Fahrbahn entgegenkam. Ich bremste, konnte aber nicht ausweichen, links war der Gegenverkehr, rechts eine Leitplanke. Mein Auto hatte einen Totalschaden, von der Versicherung bekam ich den Restwert von 3400 Euro ersetzt. Ich erlitt eine Platzwunde am Hinterkopf und Prellungen und Abschürfungen vom Airbag. Eine Nacht verbrachte ich zur Beobachtung im Krankenhaus, mein Blutdruck hatte einen Wert von 225. Ich hatte wochenlang Schmerzen und ich habe heute noch Albträume von dem Unfall. Einen Strafantrag habe ich nicht gestellt, aber ich fahre auf Anraten meiner Familie wieder Auto. Nur heute hat mich mein Sohn hergefahren“.

Beim Verlassen des Gerichtssaals wünschte die Zeugin dem Beschuldigten alles Gute, er hatte sich vorher bei ihr glaubwürdig entschuldigt.

Angeklagte auch Hauptgeschädigter

In ihrem Schlusswort sah Staatsanwältin Lisa Böhm den Angeklagten als Hauptgeschädigten bei dem tragischen Unfall. Er habe ein Geständnis abgelegt und sich bei seinem Opfer entschuldigt. Nicht verstehen konnte sie, dass der Mann zwei Tabletten von einem früheren Bekannten angenommen habe. Auch die Alpträume bei der Rentnerin fielen negativ in die Waagschale. Die Vertreterin der Anklage forderte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 10 Euro. Dazu muss man wissen, dass sich die Höhe des Tagessatzes immer nach den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten richtet.

Rechtsanwalt Reinhard Perlet folgte in seinem kurzen Plädoyer weitgehend der Staatsanwältin, wies aber noch einmal ausdrücklich darauf hin, in welcher misslichen Lage sich sein Mandant befände – sowohl physisch als auch körperlich. Perlet plädierte auf eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 10 Euro.

Florian Greifenstein entschied schließlich auf 60 Tagessätze zu 10 Euro, bei diesen fälligen 600 Euro ist eine Ratenzahlung möglich. Die Fahrerlaubnis wird bis auf Weiteres entzogen, auch wenn der Führerschein gar nicht eingezogen werden konnte. Der Angeklagte hatte mitgeteilt: „Bei dem Unfall wurden mir mein Handy, meine Geldbörse mit 370 Euro und sämtlichen Dokumenten gestohlen“.

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