Johanniter stehen Betroffenen zur Seite
Todes-Tragödie von Weyarn: So unterstützen Wasserburger Krisenhelfer geschockte Angehörige
Drei junge Männer ertrinken in einem Kanalschacht: Diese Tragödie in Weyarn erschüttert die Menschen in Oberbayern. Die Wasserburger Johanniter standen den Angehörigen, Freunden und Kollegen der Opfer in diesen schweren Stunden vor Ort zur Seite. Eine Krisenintervention, die extrem belastend war.
Weyarn/Wasserburg - Der Schock in Weyarn sitzt nach wie vor tief: Drei Männer im Alter von 20, 27 und 28 Jahren sind am 25. Juli bei einem Betriebsunfall ums Leben gekommen. Sie ertranken in einem Kanalschacht. Eine Tragödie, auch für die vielen Helfer der Rettungsdienste vor Ort. Besonders schlimm: Die Opfer waren selbst bei der örtlichen Feuerwehr.
Ralph Bernatzky, Leiter der Krisenintervention im Johanniter Ortsverband Oberbayern Südost mit Sitz in Wasserburg., war mit seinem siebenköpfigen Team ebenfalls viele Stunden vor Ort im Einsatz, um in diesen schweren Stunden für Betroffene da zu sein. Einzelheiten über den Einsatz will Bernatzky aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes für die Opfer und ihre Angehörigen nicht mitteilen. Grundsätzlich würden die Einsätze für das Kriseninterventionsteam jedoch nach einem vorher festgelegten, ähnlichen Muster ablaufen.
Die Nachricht, dass ein Angehöriger verstorben ist, überbringt die Polizei, erklärt der 43-Jährige. Danach stehen er und sein Team zur Verfügung, um „die Menschen, die unmittelbar diesen schweren Schlag erlebt haben, zu unterstützen und zu betreuen“.
Unterschiedliche Reaktionen
Familienangehörige, Freunde oder Kollegen würden sich unterschiedlich verhalten, wenn sie eine solche Botschaft bekämen. Schock, Weinen, Schreien, Weglaufen – oder überhaupt keine Reaktion. „Man muss es auch aushalten können, dass die Betroffenen einfach nur dasitzen und schweigen.“ All das hat Bernatzky in seiner über 20-jährigen Zeit beim KIT schon erlebt.
„Nach der Todesnachricht ist es wichtig, die Selbstwirksamkeit der Betroffenen wieder herbeizuführen, auch wenn das beispielsweise nur bedeutet, dass sie sich ein Glas Wasser nehmen oder jemanden anrufen“, sagt er. „Mit viel Bauchgefühl“ gehe das Team auf die Angehörigen ein. Die wichtigste Frage: Wen hätten Sie jetzt gerne bei sich? Die Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams veranlassen, dass die Familie, Freunde oder Nachbarn benachrichtigt würden, damit die betroffene Person nicht alleine sei, so Bernatzky. „Wichtig ist auch, deutlich zu sprechen und keine schwierigen Formulierungen zu benutzen, da die Leute unter Schock stehen“, erklärt er. Oftmals würden sie sich an die Gespräche hinterher gar nicht mehr erinnern.
Ein weiterer, wichtiger Punkt für die Angehörigen: die Frage nach der Schuld. „Oft hören wir: Wie kann sowas passieren? Wer hat Schuld?“, berichtet Bernatzky. „Für uns ist es ganz wichtig zu sagen: Wir wissen es nicht. Wir versuchen, es für Sie in Erfahrung zu bringen. Das müssen wir ganz klar kommunizieren. Mutmaßungen helfen den Betroffenen nicht“, verdeutlicht er.
Hilfe für die Helfer
Auch für die Helfer ist ein solcher Einsatz schwer, gerade wenn es, wie in diesem Fall, junge Menschen betrifft. Das ist eine „extrem belastende Situation“, weiß der Leiter des KIT. „Auch das soziale Umfeld – Eltern, Geschwister, Freunde – ist oftmals deutlich größer, weil man als junger Mensch mitten im Leben steht“.
Damit auch den Helfern geholfen wird, stehen regelmäßige Supervisionen an, in denen man das Erlebte besprechen und verarbeiten kann. „Wir haben auch Psychotherapeuten an der Hand, mit denen wir arbeiten können“, erklärt Bernatzky. In seiner langen Laufbahn beim KIT und bei der Feuerwehr hat er viele Einsätze hinter sich gebracht, die tiefe Eindrücke bei ihm hinterlassen haben. „Es ist ein Teil meines Lebens. Ich persönlich kann mich gut davon abgrenzen“, sagt er. „Aber wir werden dafür ja auch ausgebildet“.