Bilanz der Demos gegen AfD-Event
Großkampftag in Bergen: Wie kamen AfD-Autos hinter Demozug? Das sagt die Polizei
Es kamen mehr Menschen, als ursprünglich erwartet zu zwei Demonstrationen gegen die AfD in Bergen. Die Polizei war mit vielen Einsatzkräften vor Ort und musste einen rätselhaften Vorfall mit Autos im Demonstrationszug klären.
Bergen – Es kamen deutlich mehr Menschen zu Demonstrationen gegen die AfD am Sonntag (19. Januar) in Bergen, als die Veranstalter ursprünglich angenommen hatten. Mindestens 350 Personen - die Polizei sprach sogar von 500 - beteiligten sich an zwei Protesten, die sich gegen Ende teilweise vermischten. Es kam zu keinen Auseinandersetzungen, was die Polizei zu einer positiven Bilanz veranlasste: „Die Versammlungsteilnehmer machten friedlich von ihrem Recht der Versammlungsfreiheit Gebrauch und hielten sich an die von der Versammlungsbehörde erlassenen Auflagen und Beschränkungen.“
Aufgrund eines Zugzwischenfalls zwischen München und Salzuburg startete der Demonstrationsmarsch unter dem Motto „Kein Saal der AfD!“ rund eine Stunde später als geplant vom Bahnhof in Bergen. Am Dorfplatz vorbei ging es zum Festsaal, wo die Veranstaltung der AfD stattfand. Auf dem Parkplatz vor des Festsaal fand auch die Abschlusskundgebung der Versammlung statt, die gemeinsam vom offenen antifaschistischen Plenum (OAP) Rosenheim und Traunstein veranstaltet wurde. Auf dem Dorfplatz organisierten die Ortsvereine der SPD und Grünen in Bergen eine zweite Demonstration unter dem Motto „Bergen bleibt Bunt!“.
So liefen die Demonstrationen in Bergen ab




Auf dem Dorfplatz versammelten sich Menschen aus allen Altersschichten, im Demonstrationszug überwiegend junge Erwachsene, aber auch einige Ältere waren dabei. „Ich finde das ist ein gutes und wichtiges Zeichen, weil wir hier sind, um uns gegen rechte Hetze zu positionieren“, sagt Sarina Kraft, eine der Anmelderinnen der Demo am Dorfplatz gegenüber dem OVB, kurz bevor sie die Menschen begrüßt. „Ich bin der Meinung, dass man der AfD zeigen muss, dass ihre rechten Positionen keine Zustimmung in der breiten Mitte der Bevölkerung finden. Wir wollen keine Randale, wir wollen keine Gewalt“, stellt sie klar.
Massives Polizeiaufgebot rund um den Festsaal
Ein Mann auf der Demo am Dorfplatz erklärt, warum er hier ist: „Ich finde, dass man aufstehen muss gegen die AfD und so unreflektierte Meinungen.“ Eine Teilnehmerin sagt: „Ich bin eigentlich aus Dortmund. Das Rechte macht mir Angst. Dass es überschwappt wie 1932, bei uns in Dortmund ist es sehr massiv.“ Die Dorfplatz-Demo wartet gespannt auf den Demozug vom Bahnhof, einige schließen sich den Sprechchören wie „Ganz Bergen hasst die AfD“ an, viele reihen sich hinten ein und folgen der Demo Richtung Bergener Festsaal.
Je näher die Menschenmenge dem Festsaal kommt, desto massiver wird das Polizeiaufgebot. Die Polizei will keine genauen Angaben zur Personenstärke sagen, geschätzt sind es rund 100 Einsatzkräfte. Vor dem Festsaal sind Gitter aufgestellt. Am Eingang des Festsaal stehen 15 Personen, die teilweise lächelnd ihre Handys und Kameras zücken und die Demonstrierenden filmen. Der Menschenzug auf der Straße wird vor dem Eingang zum Festsaal langsamer, die Sprechchöre lauter. Dennoch bleibt es friedlich, es gibt keine Versuche, über die Gitter zu gelangen. Die Polizei lenkt die Demo auf den hinteren Teil des Parkplatzes.
Dann wird es unruhig, von hinten kommen vier, fünf Autos, die zur Veranstaltung der AfD wollen. Die Demonstrierenden machen den Weg frei. Durch die schmale Straße und die vielen Menschen dauert das etwas länger. Ein Polizist wundert sich empört, warum die Autos denn hier durchfahren dürfen. Auch einige der Demonstrierenden beschwerte sich lautstark. Menschen aus der Demo gestikulieren mit den Personen in den Autos und umgekehrt. Dabei bleibt es, die Autos werden von der Polizei auf den Parkplatz gelotst, die Demonstration findet auf dem Parkplatz mit Redebeiträgen ihr Ende.
„Wir sind viele Leute, wir haben friedlich unsere Ablehnung gegen die AfD kundgetan“, zieht Jonas vom OAP Rosenheim eine erste Bilanz, kritisiert aber die Autos in der Menschenmenge: „Ich finde es ein Unding, dass die Polizei hier AfDler durch unsere Kundgebung fahren lässt. Es gibt Fälle, wo AfD-Politiker Antifaschisten mit einem Auto verletzt haben.“ Dafür stand im Sommer 2023 ein junger Mann vor Gericht.
Autos in der Versammlung für Polizei nicht positiv
Daniel Katz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, erklärt vor Ort: „Wir haben am Dorfplatz die Straße hinter der Versammlung gesperrt. Die Autos müssen aus Seitenstraßen gekommen sein. Wie es dazu genau kam, kann ich nicht sagen.“ Katz betont, dass der Einsatz der Polizei äußerst friedlich abgelaufen sei und „das von der Einsatzleitung erklärte Ziel – die ordnungsgemäße Durchführung aller Versammlungen sowie deren friedlichen Verlauf zu gewährleisten – konnte somit erreicht werden“.
Nachbetrachtet gibt Katz an: „Dass sich hinter dem Versammlungsaufzug plötzlich unerwartet Pkws befanden, war von der Polizei so nicht geplant. Dies wurde auch für uns nicht als positiv empfunden. Hier wird man künftig noch genauer hinsehen müssen, um solch kritische Vorfälle zu vermeiden. In der Situation ging es dann um eine schnelle Beseitigung dieses Umstandes, so dass den Fahrzeugen ein gefahrloses Einfahren auf den Parkplatz ermöglicht wurde. Ziel der Einsatzleitung hierbei war auch, einen friedlichen Versammlungsverlauf nicht zu gefährden und deeskalierend zu handeln.“
Die Veranstaltung der AfD zum Thema „Energiesicherheit im Chiemgau“ verzögerte sich um einige Minuten, viele standen länger draußen, um den Demonstrationszug zu beobachten. Im Saal waren insgesamt rund 100 Menschen, darunter einige Parteimitglieder. Der 1. Vorsitzende des Kreisverbands Traunstein, Thomas Killies, begrüßte die Gäste und den ersten Redner, den AfD-Direktkandidaten des Wahlkreises Traunstein/Berchtesgadener Land, Christoph Birghan. Anschließend hielt Stefan Spiegelsberger, bekannt als Mr. Blackout und YouTuber Outdoor Chiemgau, einen Vortrag zur Energieversorung. Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft hielt eine Rede zum Thema, den Abschluss bildete eine Fragerunde.
AfD zieht positives Fazit
Ein Mann, der als Gastarbeiter aus Italien in den 60ern nach Bayern kam, stellte eine Frage zum Thema Abschiebung. Er wollte wissen, ob die AfD auch ihn als jahrelangen Steuerzahler in Deutschland in sein altes Heimatland abschieben wolle. Birghan beruhigte den Mann. Leute, die keine Gesetze gebrochen hätten und Steuern zahlen würden, „gehören nach wie vor zu uns,“ Nur Straftäter und Illegale würden vielleicht ein Problem bekommen. Mit diesen Aussagen erntete Birghan den lautesten Applaus des Nachmittags.
Kreisverbandsvorsitzender Killies zog ein positives Fazit: „Ich glaube, die Resonanz war durchweg positiv. Die Gegendemo ist sehr ruhig abgelaufen und die Polizei hat das alles super gemacht. Wir sind mit dem Abend sehr zufrieden.“ Die Stimmen von Gästen fielen unterschiedlich aus: „Auch wenn wir unterschiedliche Meinungen haben, müssen wir wieder die Kultur des gegenseitigen miteinander diskutieren lernen“, sagte ein Mann. Ein anderer erklärte: „Ich wollte mir das mal anhören von der AfD, Alternativen wurden mir nicht wirklich aufgezeigt.“
Ein AfD-Anhänger war zu Beginn der Demo enttäuscht: „Lächerlich. So klein organisiert. Sowas wie in Riesa (Anmerkung der Redaktion: In Riesa fand der Bundesparteitag der AfD statt) würden wir uns wünschen.“ Warum wünscht er sich mehr Demonstrationen gegen seine Partei? „Weil es mehr Öffentlichkeit für die AfD wäre, dass man sieht, welche Leute hier rumdemonstrieren.“