Protestmarsch und Versammlungen
Zwei Demos gegen AfD-Veranstaltung: Wie viel Stress erwartet Bergen am Sonntag?
Die AfD lädt in Bergen am Sonntag (19. Januar) zu einer Info-Veranstaltung ein, zwei Demonstrationen dagegen sind angemeldet. Bergens Bürgermeister erklärt, warum er der Partei den Festsaal zur Verfügung stellt. Die Polizei gibt Einblicke in die Vorbereitung.
Bergen – Im beschaulichen Bergen mit knapp 5.000 Einwohnern dürfte es am Sonntag (19. Januar) voller werden als sonst. Der Grund: Eine Veranstaltung des AfD-Kreisverbands Traunstein im Festsaal und zwei angekündigte Demonstrationen dagegen. Bürgermeister Stefan Schneider blickt dem entspannt entgegen: „Ich fürchte mich nicht und meine Aufgabe sehe ich eigentlich darin, deeskalierend zu unterstützen. Aber ich habe da großes Vertrauen.“
Die Ortsverbände von SPD und Grünen in Bergen laden auf dem Dorfplatz unter dem Motto „Bergen bleibt bunt – wir setzen ein Zeichen gegen rechte Hetze“ zu einer Demonstration ein, bei der Anmeldung wurde mit 75 Personen gerechnet. Ein breites Bündnis, unter anderem das offene antifaschistische Plenum Rosenheim, OAP Traunstein, die Linke Traunstein und Fridays for Future Rosenheim und Traunstein, will zusätzlich einen „bunten und vielfältigen Protest“ mit einer „antifaschistischen Demo“ abhalten. Dazu soll ein Protestmarsch vom Bergener Bahnhof zum Festsaal laufen.
Laut Bürgermeister Schneider ist am Festsaalparkplatz mit rund 100 Meter Abstand zum Einlass eine Fläche ausgewiesen, es sind zwischen 50 und 70 Personen angemeldet. Bei der Veranstaltung der AfD geht es um das Thema „Energiesicherheit im Chiemgau“, sprechen werden unter anderem der Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft sowie der Bundestagskandidat für Traunstein, Christoph Birghan.
Schneider verteidigt Festsaalnutzung
Solange die AfD nicht verboten ist, muss ich die reinlassen. Das ist mein Demokratieverständnis.
Laut Schneider sei es richtig, der Partei den Festsaal zur Verfügung zu stellen: „Ich glaube, dass es wichtig ist, den Gemeinde-Parteien einen Saal zur Verfügung zustellen. Das gehört zur Demokratie. Und solange die AfD nicht verboten ist, muss ich die reinlassen. Das ist mein Demokratieverständnis.“ Auch die Demonstrationen dazu findet er „okay: Das ist Demokratie, das gehört dazu. Wenn da viele Leute kommen, finde ich es gut. Wenn die einen radikalisieren, dann ist es auch gut, wenn andere aufstehen und es den Leuten zeigen.“ Gleichzeitig glaubt er nicht, dass die Demonstrationen etwas bewirken: „Es hilft uns nichts, wenn 15 bis 20 Prozent AfD wählen. Die, die AfD wählen, muss man vielleicht überzeugen oder zum Zuhören bringen. Meine Überzeugung ist es, dass ich noch eine Chance habe bei den Wechselwählern.“
Vernünftige Diskussionen mit der AfD hält Schneider nicht für möglich: „Die wollen einfach stören und Leute aufhetzen ohne Argumente, das ist unser Kernproblem.“ Die AfD versuche, die Gesetze so zu ändern, wie es für sie passe. Schneider: „Das kann nicht sein, da müssen wir einfach wachsam sein in der Demokratie.“ Der Bergener Rathaus-Chef habe weder mit der AfD noch mit der Organisation der Demonstrationen vorher Kontakt aufgenommen: „Ich halte mich als Bürgermeister zurück, ich muss überparteilich sein. Ich halte Kontakt mit der Polizei.“
Bürgermeister und Polizei setzen auf Kommunikation
In die Ordnungshüter habe er großes Vertrauen, „das sind Profis, die machen viele solcher Veranstaltungen in anderen Gemeinden. Für mich ist das wichtigste, dass man sich vor Ort mit der Polizei abspricht. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht in den letzten Jahren.“ So sieht es auch Andreas Appel von der Polizeiinspektion Traunstein: „Unser Einsatzmittel der Wahl ist die Kommunikation.“ Bereits vorab bot das Landratsamt Traunstein Gespräche mit dem Anmelder einer Demo an. Dies wurde auch wahrgenommen, dabei habe auch die Polizeiinspektion teilgenommen. „Aber auch während der Versammlung wird regelmäßiger Kontakt zum Versammlungsleiter oder der Versammlungsleiterin sowie den Teilnehmern gehalten werden“, schreibt Appel auf OVB-Anfrage.
Die Polizei wird bei der Veranstaltung und den angemeldeten Versammlungen im Gemeindebereich Bergen präsent sein. Ziel sei es, „sowohl die Veranstaltung der AfD, als auch die Versammlungen im Rahmen der Versammlungsbescheide zu ermöglichen“. Laut Appel wurden die Demonstrationen unter den Namen „Kein Saal der AfD!“ und „Protestkundgebung anlässlich der Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) im Festsaal Bergen“ angemeldet. Appel: „Beide Versammlungen werden durch die Polizei betreut und auf die Einhaltung der Versammlungsbescheide geachtet. Bis dato liegen uns keine konkreten Hinweise vor, dass es hier zu Problemstellungen kommen wird. Wir rechnen grundsätzlich mit einem überwiegend störungsfreien Verlauf.“
Polizei hält sich bedeckt zu konkreten Maßnahmen
Eine ähnliche Situation aus AfD-Veranstaltung und Demonstration dagegen sorgte im Dezember in Grassau für Wirbel. Die Polizei bezieht Erfahrungen von Grassau mit in die Einsatzplanung und -vorbereitung ein, möchte aus taktischen Gründen aber keine konkrete mögliche Maßnahme nennen. Auch was die Anzahl der Polizeikräfte vor Ort angeht, hält sich Appel bedeckt, versichert aber: „Wir werden für die drei einzelnen Einsatzorte ausreichend gut aufgestellt sein und mit einigen Kräften vor Ort sein. Natürlich sind wir aber auch darauf vorbereitet wenn sich einzelne Versammlungsteilnehmer nicht an die Beschränkungen des Versammlungsbescheides halten sollten.“
Bergens Bürgermeister ist mit Blick auf die Vorfälle in Grassau entspannt: „Je nachdem, mit wem man spricht, sagen die einen, das war nicht so dramatisch und die anderen übertreiben ein bisschen, glaube ich.“