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Traunsteiner Chefarzt im Gespräch

„Kann bis zum Verlust von Gliedmaßen führen“ – Wenn Silvester im Krankenhaus endet

Collage: Links: Symbolbild Feuerwerkskörper; rechts: Chefarzt der Traunsteiner plastischen Chirurgie, Afshin Rahmanian-Schwarz behandelt einen 15-Jährigen, der sich in Traunstein an Silvester durch Böller an der Hand verletzt hatte.
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Chefarzt, Prof. Dr. med. Afshin Rahmanian-Schwarz (rechts) versorgt einen jungen Patienten. Der 15-Jährige hatte sich in Traunstein in der Silvesternacht durch Feuerwerkskörper verbrannt.

Mit Böllern und Raketen Silvester feiern? Da gehen die Meinungen derzeit auseinander. Fest steht: Am Silvesterabend starben deutschlandweit fünf Menschen, über 360 wurden verletzt. Darunter auch ein 39-jähriger Traunreuter, der schwere Wunden im Gesicht davon trug. Professor Dr. med. Afshin Rahmanian-Schwarz spricht mit uns über Brandverletzungen, Erste-Hilfe und Heilungschancen.

Traunstein – „Wir haben zum Jahreswechsel vermehrt Patienten mit Verbrennungen im Bereich der Hand und Gesicht“ Man sei, so Professor Afshin Rahmanian-Schwarz in dieser Zeit besonders vorbereitet. Er ist Chefarzt der Traunsteiner und Bad Reichenhaller Klinik für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie und dem Zentrum für Handchirurgie. Das vermehrte Aufkommen von Brandverletzungen an Silvester wäre auch nicht nur, so Rahmanian-Schwarz, in Großstädten ein Thema, sondern leider auch schon in unserer Region.

Schwerverletzter Traunreuter in Spezialklinik

Die Bilanz des Kreisfeuerwehrverbandes und der Polizeiinspektion Traunstein zur Silvesternacht in der Region: „In der Summe zufrieden.“ Aber, so der Sprecher des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein, Hubert Hobmaier, „hinter jedem Einsatz, wenn auch noch so klein, steht ein Geschädigter.“ Das wohl tragischste Ereignis im Landkreis Traunstein war ein Unfall in Traunreut:

Ein 39-jähriger Mann hatte eine Feuerwerks-Batterie entzündet und sich offenbar nicht umgehend weit genug davon entfernt. Er musste aufgrund der Augenverletzung und Gesichtsfrakturen in eine Spezialklinik geflogen werden. Michael Spessa, Pressesprecher der Polizeiinspektion Rosenheim, geht auch Tage nach dem Unfall davon aus, dass gravierende Folgeschäden beim Verunfallten entstanden sind. Es bliebe abzuwarten, ob der Traunreuter in weiterer Folge erblinde oder andere Beeinträchtigungen davontrage.

Bub hantiert in Traunstein mit Böllerpulver und verbrennt sich

Der Pressesprecher der Polizeiinspektion Traunstein, Dominik Weber, berichtet von einem weiteren Fall: Ein 15-Jähriger habe bereits gegen 21 Uhr des Silvesterabends mit Böllern „experimentiert.“ Der junge Mann hätte Schwarzpulver aus Böllern heraus in eine Tüte gefüllt, dann angezündet und sich dabei Verbrennung an Hand und Gesicht zugezogen. Es ist davon auszugehen, dass es sich hier um denselben jungen Mann handelt, der heute (8. Januar) in der Abteilung von Prof. Afshin Rahmanian-Schwarz behandelt wird: „Wir haben heute hier einen 15-jährigen Patienten mit Handverletzung, die an Silvester durch Feuerwerkskörper entstanden ist.“

Feuerwerkskörper: „Kann bis zum Abtrennen der Gliedmaßen kommen“

Je nach Schwere der Verletzung, erklärt Professor Rahmanian-Schwarz, sei der Heilungsprozess beim Patienten langwierig: Bei Feuerwerkskörpern besonders fatal –zur eigentlichen Verbrennung kommt die Explosion: „Dadurch handelt es sich nicht nur um eine Verbrennung, sondern zusätzlich um ein Trauma, welches bis zum Verlust von Gliedmaßen führen kann.“ Dann sei, so Rahmanian-Schwarz, nicht nur die Haut, sondern tiefere Schichten betroffen.

Bei Zerstörung tieferer Hautschichten muss Gewebe ersetzt werden

Aber auch bei reinen Verbrennungen der Haut spiele die Tiefe der Verletzung eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel: Im Urlaub ziehen wir uns einen großflächigen Sonnenbrand zu. Trotzdem, so Rahmanian-Schwarz, handle es sich hier um eine oberflächliche Verbrennung ersten Grades, die in der Regel gut verheilt: „Wundheilung erfolgt aus den tieferen Schichten nach oben. Bleibt eine bestimmte Schicht erhalten, können sich neue Zellen bilden.“ Ab einer Verbrennung des Grades 2b, so der Chefarzt weiter, müsse Gewebe ersetzt werden.

Brandverletzungen werden in drei Schweregrade unterteilt (Prof.Dr.med. Afshin Rahmanian-Schwarz):

1. Grad: Diese Verbrennungen betreffen nur die oberste Hautschicht (Epidermis). Es kommt zu Rötung, Schwellung und Schmerzen, ohne dass Blasen entstehen.

2. Grad: Diese Verbrennungen betreffen die Epidermis und Teile der darunter liegenden Hautschicht (Dermis). Es entstehen schmerzhafte Blasen und Rötung. Oft sind bei diesen Verletzungen Operationen nötig, um Narbenbildung und deren Folgen zu minimieren.

3. Grad: Bei schweren Verbrennungen sind alle Hautschichten zerstört. Die Haut kann weiß, schwarz oder braun verbrannt und ohne Schmerzempfindung sein, da auch Nervenendungen zerstört wurden. Es können tiefe Gewebeschäden auftreten. Bei diesen tiefen Verbrennungen sind Operationen notwendig, um die verbrannte Haut zu ersetzen.

Risikofaktoren: Schock, Infektionen, Organversagen

Die Prognose für den Patienten ist also von mehreren Faktoren abhängig: Grad der Verbrennung, Größe des betroffenen Hautbereichs, Ausmaß an Inhalationstrauma und der allgemeinen Gesundheit des Patienten, so Rahmanian-Schwarz: „Bei schweren Verbrennungen ab Grades zwei b ist eine schnelle medizinische Versorgung entscheidend.“ Zu Komplikationen könne es kommen, wenn der Patient unter Schock,Inhalationstraumata oder Organversagen leide. Bei großflächigen und tiefen Verbrennungen steige das Risiko einer schlechten Heilung. Eine sofortige und spezialisierte Behandlung sei deshalb sehr wichtig.

Plastische Chirurgie: Selten geht es um Schönheits-Ops

Sind die Brandverletzungen gravierend, kommt die plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie zum Einsatz. Verbrennungen sind ein großer Bestandteil dieser medizinischen Fachrichtung, sowohl zur Erstversorgung des Betroffenen als auch in der Nachsorge: „Bei tiefen, großflächigen Verbrennungen, bei denen die Haut nicht mehr zur Regeneration in der Lage ist, sind Hauttransplantationen oder die Verwendung von künstlicher Haut notwendig.“ Auch nach der Heilung, so Rahmanian-Schwarz, kann plastische Chirurgie notwendig sein, um Narben zu korrigieren und so die Funktion der betroffenen Körperteile zu verbessern.

Medizinisches Know-How um Lebensqualität zu steigern

Für Patienten stehen oft mehrere Operationen und intensive Physiotherapie auf dem Programm, um bestmöglich wieder in Beruf und Alltag integriert werden zu können. In der Nachbehandlung könne dann auch der ästhetische Aspekt, gerade im Gesicht, relevant sein. Auch hier gäbe es bereits sehr gute Behandlungsansätze, um die Lebensqualität des Betroffenen zu steigern.

Was tun wenns brennt? Erste-Hilfe-Maßnahmen

Was können Ersthelfer tun, wenn sich ein Brandunfall ereignet? Sofort die betroffene Person löschen, sollten noch Körperteile oder Kleidung in Brand stehen, dazu am besten mit einer Decke die Flammen ersticken. Dann kann „die betroffene Stelle mit kühlem, aber nicht eiskaltem Wasser für mindestens 10 Minuten gekühlt werden.“ Bei großflächigen Verbrennungen sollte aufgrund der Unterkühlungsgefahr nicht gekühlt, sondern umgehend der Rettungsdienst verständigt werden.

Darüber hinaus, so Professor Rahmanian-Schwarz, sei es sehr wichtig, den Kreislauf des Patienten zu stabilisieren. Verbrennungen könnten einen Kreislaufschock auslösen. Auf keinen Fall sollte man an der Haut festgebrannte Kleidung entfernen, dies muss professionell im Krankenhaus geschehen. Halten sie den Patienten warm und setzten sie umgehend einen Notruf ab.“

Kompetenz bei Brandverletzungen vor der Haustüre

Professor Rahmanian-Schwarz betont auch: Wer einen Verletzten selbst in die Klinik bringen möchte, muss nicht weit fahren: Im Klinikum Traunstein seien sie bestens vorbereitet. Die Abteilung ist hoch spezialisiert unter anderem im Bereich der mikrochirurgisch wiederherstellenden Eingriffen, an allen Körperregionen nach Unfällen oder bei Tumorleiden:

„Wir haben hier tatsächlich sehr gute Möglichkeiten, auch vor Ort zu helfen.“ Heute, erzählt er zum Abschluss des Gespräches, behandle er noch den 15-Jährigen, der sich an Silvester verletzt habe.

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