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Umfrage zum Weltfrauentag in Traunstein

Was würdet ihr wählen: gleiches Gehalt wie die Männer oder Blümchen?

Katrin Langenwalter mit gelben Tulpen und Geldscheinen
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Reporterin Katrin Langenwalter hat nachgefragt: Was wollen die Traunsteinerinnen zum Weltfrauentag: Blumen oder dasselbe Gehalt wie ihre männlichen Kollegen?

Bayerische Frauen arbeiteten letztes Jahr im Vergleich zu den Männern 77 Tage ohne Lohn. „Erschreckend, dass das in unserer Zeit immer noch so ist“, sagt Anja. Wir haben sie und andere Frauen in der Traunsteiner Innenstadt angesprochen und gefragt: „Wie findest du die Tatsache, dass Frauen in Bayern im Schnitt 21 Prozent weniger verdienen als Männer?“

Traunstein - Es ist grau, kalt und regnerisch. Kein Wetter, um einer Reporterin auf der Straße ihre Fragen zu beantworten. Da helfen auch die gelben Tulpen nicht, die wir als Dankeschön vorbereitet haben. Aber - sobald die angesprochenen Damen hören, worum es geht, bleiben sie fast alle stehen, denn: Ungerechte Bezahlung, das betrifft auch die Traunsteinerinnen.

„Umgerechnet 77 Tage ohne Vergütung“ - Ungerechtigkeit beim Lohn

„Lohnlücke in Bayern im Jahr 2023 zwischen Frau und Mann bei 21 Prozent.“ Schon die Überschrift der Pressemitteilung vom Bayerischen Landesamt für Statistik zeigt: Die Gleichberechtigung im Geldbeutel lässt nach wie vor auf sich warten: Im Vergleich zum Jahr 2022 habe sich bei der sogenannten Gender Pay Gap nichts verändert: „Umgerechnet arbeiten Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen in Deutschland 66 Tage und in Bayern 77 Tage ohne Vergütung.“

Bei einer Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes 2016 vor dem Brandenburger Tor zeigen Berufspaare, wie ungerecht die Bezahlung zwischen Männern und Frauen ist. Hier verdient die Köchin 19 Prozent weniger als ihr männlicher Kollege bei gleicher Stundenzahl, Qualifikation und Funktion.

Familien - und Sorgearbeit ist nach wie vor Frauensache

Die 21 Prozent (bundesweit 18 Prozent) seien auch auf Faktoren wie Berufswahl, Erwerbsunterbrechungen für Familienphasen oder Arbeit in Teilzeit zurückzuführen und somit spricht das Statistische Landesamt von der unbereinigten Gender Pay Gap. Das heißt konkret: Frauen wählen oft Jobs, die schlechter bezahlt sind, sie arbeiten viel mehr in Teilzeit, um sich noch um Kinder oder Angehörige zu kümmern oder betätigen sich ehrenamtlich. Aber auch bei exakt gleicher Leistung, der sogenannten bereinigten Gender Pay Gap bekommen Frauen in Bayern sieben Prozent weniger Geld als die Männer.

Siglinde Wimmer: „Gleiches Gehalt - das wäre schon dringend mal erforderlich“

Mit diesen erschreckenden Zahlen, Tulpen und Mikro im Gepäck beginnen wir unsere Umfrage in der Maxstraße in Traunstein. Als erste kommt uns Siglinde Wimmer entgegen. Von insgesamt neun Befragten ist sie übrigens eine von zweien, die bereit sind, in diesem Artikel mit ihrem echten Vor- und Nachnamen aufzutreten. Ist es die Angst vor negativen Konsequenzen im Job oder schlechte Reputation, weil sie sich für gleiches Gehalt aussprechen? Wir wissen es nicht, aber die meisten Frauen in der Umfrage wollten anonym bleiben oder nur mit Vornamen erwähnt werden.

Was würde Siglinde Wimmer wählen: Blumen oder selbes Gehalt wie Männer? Sie lacht: „Ja, deutlich Zweiteres. Das wäre natürlich schon dringend mal erforderlich. Da fehlt es noch weit.“ Und besonders ungerecht sei das Gehaltsgefälle, weil Frauen ja dieselbe Leistung erbringen würden: „Es ist ja nicht mal so, dass man früher gesagt hat, der Mann verdient alles, Frau zu Hause, Kind, das hat sich ja alles geändert. Nur das mit dem Gehalt nicht.“

Woran könnte es liegen? „Ich denke halt, dass einfach da noch viel zu viele Männer an den Positionen sitzen, die das bestimmen. Deswegen geht da nichts weiter.“ Siglinde bekommt als erste eine gelbe Tulpe überreicht und wir wünschen uns einen schönen Weltfrauentag.

Elisabeth: „Hype um Frauen und Männer übertrieben“

Elisabeth ist Krankengymnastin und würde auf jeden Fall auch dasselbe Gehalt wählen. Sie ist aber überzeugt, dass in ihrem Berufsmetier sowieso kein Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern besteht. Außerdem sei ihr der ganze Hype um „was Frauen machen und was Männer machen“ ein bisschen zu sehr übertrieben. Sie wäre gern bei Mann und Kind zu Hause geblieben und glaubt, dass so auch die zufriedeneren Kinder heranwachsen.

Frauen, die bei den Kindern zu Hause geblieben sind und danach wieder arbeiten wollen, verdienen dann im Schnitt noch weniger als die Kollegen. Laut Statistischem Landesamt nimmt die Gehaltsschere mit dem Alter stetig zu: „Frauen im Alter von 60 bis 64 Jahren verdienen 32 Prozent weniger als Männer in dieser Altersgruppe.“

Die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen im Jahr 2023. Deutlicher Knick bei den Frauen im Alter von 30 Jahren. Hier bekommen im Durchschnitt die meisten ihr erstes Kind. Das Gehalt von Frauen nimmt dann im Vergleich immer weiter ab. Mit 60 verdienen Frauen 32 Prozent weniger als Männer.

Zudem zeigt sich ab dem Alter von 30 Jahren ein deutlicher Sprung im Verdienstunterschied. Das läge laut Statistischem Landesamt daran, dass Frauen in diesem Alter das erste Mal schwanger werden. Wir konfrontieren Elisabeth auch mit diesen Zahlen: „Ja, ja, das ist schwierig. Es fehlt ein Mittelmaß. Aber wenn man sich entscheidet Mama zu sein, dann sollte man das eben auch so akzeptieren. Das kann sich natürlich nicht jeder leisten, das ist klar.“

Jacky Wallner: „Es müsste viel mehr Widerstand geben.“

Ein wenig anders sieht das die nächste Frau, Vertreterin einer jüngeren Generation: „Das ist skandalös und es müsste viel mehr Aufschrei geben und auch Widerstand.“ Jacky ist empört, wenn es um die Gender Pay Gap geht. Die Frage, ob sie Blumen wählen würde am Weltfrauentag oder dasselbe Gehalt wie Männer, erübrigt sich fast - natürlich gleiches Gehalt.

Für sie steht fest: „Es ist eine absolute Ungerechtigkeit, dass Frauen weniger verdienen und auch nach wie vor die meiste unbezahlte Care-Arbeit leisten.“ Wie könnte man das ändern, wollen wir wissen? „Zum Beispiel mit mehr Transparenz beim Gehalt. Wenn die Frauen nicht mal wissen, wie viel ihre männlichen Kollegen verdienen, können sie auch nicht zum Chef gehen und nachfragen, warum die Männer mehr bekommen.“

Und schließlich appelliert Jacky an die Männerwelt, dass sie nichts verlieren würden, nur weil Frauen mehr bekämen: „Feminismus geht ja alle Menschen was an und es ist der falsche Denkansatz: Viele Menschen haben dann Angst, in dem Fall die Männer, dass sie weniger Rechte haben, nur weil andere die gleichen Rechte bekommen wie sie. Das stimmt ja aber nicht.“

Silvia: „Ich weiß, dass wir bei uns weniger verdienen als die Männer“

„Natürlich dasselbe Gehalt“, ist die klare Antwort von Silvia auf die Frage, ob Blumen oder Geld. Sie arbeitet im Einzelhandel und weiß, dass bei ihrem Arbeitgeber bei den Männern mehr auf dem Konto landet als bei den Frauen. Sie fordert: „Die Politik muss da was ändern, freiwillig geben die Männer nichts her.“

Stefanie (Name geändert) „Ich leiste schon mehr“ - im Vergleich zu ihrem Mann.

Blumen oder mehr Geld?: „Blümchen“, sagt Stefanie und grinst. Es entsteht eine kurze Pause, wir sind verwirrt. Dann: „Weil ich habe nur Kolleginnen, aber sonst natürlich das Gehalt.“ Wie findet sie das denn mit den 21 Prozent weniger Gehalt als Männer? „Finde ich nicht in Ordnung. Wenn ich das vergleiche, meine Arbeit und die meines Mannes, ich leiste schon viel mehr.“ Stefanie ist in einer Bäckerei angestellt, ihr Mann arbeite bei Heidenheim. Der Job in der Bäckerei sei stressig, ihr Mann verdiene natürlich trotzdem deutlich mehr.

Tanja (Name geändert): „Dass wir darüber noch reden müssen, ist schon krass“

Auch Tanja reiht sich ein bei der Wunschliste: gleiches Gehalt vor Blümchen. Wir mussten in ihrem Fall die Frage noch nicht mal zu Ende formulieren. Wie findet sie die Gender Pay Gap? „Katastrophal. Wir haben 2024. Dass wir überhaupt darüber reden müssen, ist einfach krass.“ Was können wir tun dagegen? „Moment, da muss ich überlegen. Zum Beispiel Streik, dass wir unsere Arbeit niederlegen vielleicht.“ In Tanjas Fall, die als Erzieherin arbeitet, sei das mit dem Streik aber denkbar schwierig. Definitiv sei, so Tanja weiter, die Politik in der Bringschuld und wir sollten vermehrt auch an Politikerinnen appellieren.

Alle Frauen, mit denen wir gesprochen haben, wollen das gleiche Gehalt wie Männer. Alle würden dafür im Zweifelsfall auf Blümchen verzichten. Sie arbeiten in unterschiedlichen Berufen, manche haben von ihren Kindern erzählt, manche sind alleinstehend, einige wollen anonym bleiben. Sie alle warten seit vielen Jahren darauf, dass ihre Leistung in unserer Gesellschaft gleichberechtigt honoriert wird. Es wird Zeit. Allen Leserinnen wünschen wir einen schönen Weltfrauentag, Blumen und mehr Gehalt.

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