Namensänderung bei Traunsteiner Schule Thema im Landtag
Taugt Thoma noch als prominenter Namensgeber? So urteilen fünf Abgeordnete aus der Region
Die Ludwig-Thoma-Schule in Traunstein will sich von ihrem Namensgeber verabschieden, vor allem wegen seiner antisemitischen Hetzschriften. Die Sache schien schon „durch“ zu sein – doch wegen zweier Petitionen „pro Thoma“ wird sich auch ein Ausschuss des Bayerischen Landtages damit befassen müssen. Wir haben Abgeordnete aus der Region um ihre Meinung gefragt: Sollte der Schriftsteller weiterhin Namenspatron öffentlicher Einrichtungen sein?
Traunstein/München - Der Prozess zur Entscheidungsfindung schien in Traunstein eigentlich schon abgeschlossen. Schulleitung, Lehrer, Elternbeirat, Stadtrat: Alle haben sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass man Ludwig Thoma (1867-1921) künftig aus dem Namen der Grundschule streicht. Nun müsste nur noch die Regierung von Oberbayern dem Wunsch entsprechen. Doch inzwischen liegen dem Bayerischen Landtag zwei Petitionen vor: Der bayerische Schriftsteller soll im Schulnamen erhalten bleiben. Das Thema muss jetzt auch vom Kultusministerium und im Bildungsausschuss behandelt werden.
Da Ludwig Thoma als Namensgeber für Schulen nun auch Thema im Landtag wird, hat chiemgau24.de bei den Abgeordneten aus der Region nachgefragt - und Antworten von Konrad Baur (Traunstein/CSU), Martin Brunnhuber (Grabenstätt/FW), Sepp Lausch (Großkarolinenfeld/FW), Andreas Winhart (Bad Aibling/AfD) und Franz Bergmüller (Feldkirchen-Westerham/AfD) erhalten. Baur und Brunnhuber sind selbst auch Mitglieder des Bildungsausschusses. Baur ist außerdem Traunsteiner Stimmkreisabgeordneter, Brunnhuber bildungspolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Wähler.
Differenzierte Ansichten bei Baur (CSU) und Brunnhuber (FW)
„Ludwig Thoma ist und bleibt einer der größten bayerischen Autoren“, stellt Konrad Baur (CSU) in seiner Antwort klar. Und: Namensänderungen stehe er „grundsätzlich ablehnend“ gegenüber. Aber der Wunsch der Schulfamilie sei zu akzeptieren und zu respektieren. Schließlich hätten Lehrer und Schulleitung „Sorge um die pädagogische Wirkung von Thomas Äußerungen im „Miesbacher Anzeiger“. Hinzu kommt, so Baur, dass eine inhaltliche Aufarbeitung im Lehrplan einer Grundschule nicht vorgesehen sei. Baur weiter: „Eine Namensänderung ist nicht zwingend erforderlich, aber unter den gegebenen Umständen nachvollziehbar.“
Ähnlich differenziert sieht es Martin Brunnhuber (FW). Mit einer einfachen Namensstreichung sei das Thema nicht aufgearbeitet. Statt dieser „bequemen“ Lösung nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“, sieht Brunnhuber die Chance, „aktiv den Antisemitismus von damals zu reflektieren, um so für die Zukunft Frühwarnsysteme zu entwickeln“. Vorbildlich sei hier z.B. das Max-Mannheimer-Studienzentrum mit Angeboten für Schulklassen. Martin Brunnhubers Empfehlung: Zumindest in Zukunft sollte Ludwig Thoma nicht mehr als Namensgeber für neue Bildungseinrichtungen herangezogen werden.
Zum konkreten Fall der Traunsteiner Grundschule will FW-Abgeordneter Sepp Lausch als Großkarolinenfelder nicht urteilen. „Bei ähnlichen Fällen in Stadt und Landkreis Rosenheim würde ich mich aber durchaus für die Beibehaltung der Bezeichnung aussprechen“ - jedoch mit erklärenden Hinweistafeln. Ludwig Thoma müsse kritisch betrachtet werden und seine „widerlichen antisemitischen Ergüsse“ gehörten klar angesprochen. Andererseits habe Thoma Außerordentliches für die Heimat geleistet und Meisterwerke wie der Roman „Andreas Vöst“ gehörten nach wie vor zur bayerischen Kultur, so Sepp Lausch.
Für Winhart Schulbenennung nach Thoma „eher vorteilhaft“
„Ich befürworte die Umbenennung nicht“, sagt Franz Bergmüller (AfD). Konsequenterweise dürfte man dann auch Thoma-Verfilmungen oder Theaterstücke nicht mehr aufführen. Auch sein Parteikollege Andreas Winhart hat kein Problem mit einer Ludwig-Thoma-Grundschule. Es sei „vollkommen normal“, dass sich bei jeder Persönlichkeit auch Schattenseiten finden lassen, die zum Großteil „epochal bedingt“ seien. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem „großartigen Heimatschriftsteller“ dürfe aber nicht fehlen, so Winhart. Deshalb sei eine Schulbenennung nach Ludwig Thoma sogar eher vorteilhaft.
Keine Antwort erhielten wir von den weiteren heimischen Landtagsabgeordneten Michaela Kaniber (Bayerisch Gmain/CSU), Daniel Artmann (Rosenheim/CSU), Sebastian Friesinger (Albaching/CSU), Martin Huber (Töging/CSU), Michael Koller (Berchtesgaden/FW) und Markus Saller (Mühldorf/FW). Sascha Schnürer (Mühldorf/CSU) verwies darauf, seinem Traunsteiner Parteikollegen Baur im Falle einer Traunsteiner Schule nicht vorgreifen zu wollen.
Auch der Leiter der Traunsteiner Ludwig-Thoma-Schule, Alexander Fietz, hat sich bei einer Diskussionsveranstaltung im Sommer schon ausführlich und klar positioniert. „Bei manchen Worten von Thoma sehe ich die SA marschieren.“ Man wolle den Kindern Würde, Herz und Charakter vermitteln - und nicht Hass, Mobbing und Gewalt. „Wir müssen die Demokratie als größte Errungenschaft hochhalten“, so Fietz. Und mit Grundschulkindern könne man sich noch nicht so mit Thomas Person und Ansichten auseinandersetzen - anders als beispielsweise auf einem Gymnasium wie in Prien, das ebenfalls nach dem Schriftsteller benannt ist.
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