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Stadtrat Traunstein stimmt ab: Bleibt Ludwig Thoma Namensgeber der Grundschule?

„Ludwig Thoma ist kein Vorbild für unseren Erziehungsauftrag“ - Entscheidung um Schulnamen gefallen

Collage: links: Ludwig Thoma Grundschule Traunstein. Rechts: Archivaufnahme Ludwig Thoma
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Traunsteiner Stadtrat stimmt über Antrag zur Umbenennung der Ludwig Thoma Schule ab. Der Schriftsteller veröffentlichte antisemitische und hetzerische Schriften.

„Worte, die Feuer von Hass und Gewalt entzündet haben.“ Der Schulleiter Alexander Fietz begründet in einer denkwürdigen Rede vor dem Traunsteiner Stadtrat (26. Oktober) erneut, warum Ludwig Thoma nicht mehr als Namensgeber der Grundschule Traunstein erwünscht ist. Nach hitzigen Debatten der letzten Monate fiel jetzt die Entscheidung:

Traunstein – Der bayerische Schriftsteller und Rechtsanwalt Ludwig Thoma: Für viele ein geschätzter Satiriker und kritischer Zeitgeist zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit Werken wie ‚Heilige Nacht‘ oder ‚Lausbubengeschichten‘ schrieb er sich in die Herzen seiner bayerischen Leser. In Traunstein verbrachte Thoma einige Jahre als Rechtspraktikant: Eine Gedenktafel in der Höllgasse in Traunstein erinnert an ihn, eine Straße trägt seinen Namen. Und dann ist da noch die Ludwig Thoma Grundschule.

Ludwig Thoma: Satiriker, Polemiker, Antisemit?

„Er hat sein Handwerk verstanden“, sagt auch Alexander Fietz, Schulleiter der Grundschule Traunstein. Seine Wortgewalt – die nutzte Thoma allerdings auch für Hetze, Gewaltaufrufe und Antisemitismus. Anonym veröffentlichte Ludwig Thoma im Miesbacher Anzeiger in den Jahren 1920 und 1921 ungefähr 170 Schriften: „In seinen Beiträgen fordert er unter anderem dazu auf, Menschen anderen Glaubens oder einer anderen politischen Einstellung, umzubringen.“ Nicht nur Fietz, auch die gesamte Schulfamilie der Grundschule, beantragten im Juli eine Namensänderung.

Diskussion um Umbenennung der Schule: Cancel Culture?

Sich distanzieren? Den Namen verbannen? Aus der Geschichte der Stadt streichen? Von Cancel Culture war die Rede. Im Zuge der Namensdebatte gab es unter anderem von der Bayernpartei regen Widerstand. Auch eine Umfrage bei den Lesern von Chiemgau24.de hatte ergeben.: 84 Prozent wollten, dass alles so bleibt. Oberbürgermeister Hümmer ließ verlauten, er sei kein großer Freund von Namensumbenennungen, fände aber breit aufgestellte Diskussion zum Thema wichtig.

Neuer Name der Grundschule mehrheitlich abgesegnet

Am Donnerstag (27. Oktober) endete die teils emotional überbordende Diskussion um den Umgang mit der Person Ludwig Thoma. 22 Stadträte entschieden sich für eine Umbenennung der Schule, sieben waren dagegen. Damit ist es besiegelt: Die Schule trägt ab jetzt den Namen „Grundschule Traunstein.“ Die Redebeiträge vor der Abstimmung warfen nur noch ein leises Echo dessen in die Runde, was vormals im Diskurs als Donnergrollen zu vernehmen war.

Aufarbeitung der Vergangenheit durch Namensänderung ausgeschlossen?

„Antisemitismus ist ein No-Go, aber ich finde, da braucht es eine Auseinandersetzung.“ Wilfried Schott (fraktionslos) befürchtet scheinbar, dass mit der Namensänderung keine weitere Aufarbeitung der hetzerischen Seite Thomas stattfinden würde. Das sei aber sehr wohl geplant: Die Auseinandersetzung mit Ludwig Thoma sei wichtig, auf Basis dessen, was Grundschulkinder hier leisten könnten, so Schulleiter Fietz: „Wir werden es den Kindern auch erklären müssen, warum die Schule nicht mehr Ludwig Thoma Grundschule heißt. Auch die Fragen, wie es zur Verfolgung von Millionen Menschen kommen konnte und was das für Auswirkung auf unsere Gesellschaft hat.“

Neuer Name gefällt nicht und Angst vor weiteren Umbenennungsforderungen

Hans Zillner (CSU) findet es schade, dass bei der Entscheidung nur ein schwarz oder weiß stattfindet. Er möchte nicht für die Namensänderung stimmen: „Wenn wir jetzt die Schule umbenennen, wer ist der Nächste, der auf uns zukommt.“ Die Beweggründe verstehe er aber. Bei Robert Sattler (SPD/die Linke) trifft schlicht der neue Name nicht seinen Geschmack: „Ich werde nicht zustimmen, weil mir der Name Grundschule Traunstein nicht gefällt. Grundschule ist ein Überbegriff, ich hätte gern sowas gehabt wie Grundschule an der Klosterkirche oder Grundschule Ludwigstraße.“

Ja zu Gedenktafel und Straßennamen, nein zu Schulnamen

Einen langen Redebeitrag hat Karl Schulz (CSU) vorbereitet. Darin spricht er sich unter anderem für den Erhalt des Namens der Ludwig Thoma Straße aus, und auch die Gedenktafel solle bleiben: „Ludwig Thoma ist Teil der Traunsteiner Stadtgeschichte, die erhalten und die auch ausgehalten werden soll.“ Anders sieht Schulz dies allerdings beim Thema Schule:

„Schule ist ein ganz besonders sensibler Ort. Ein prägender Raum, der die eigene Persönlichkeit und Identität mit bildet.“ Schule bräuchte entsprechend eine unmissverständliche Positionierung gegen Vorurteile, gegen Hetze und jegliche Form von Extremismus. Es scheint Schulz also „zwingend konsequent“, die Schule umzubenennen.

Heinrich Wallner von der Bayernpartei (links) hatte sich gegen eine Umbenennung ausgesprochen. Grundschulleiter Alexander Fietz und die gesamte Schulfamilie konnten sich durchsetzen. Die Schule wird umbenannt.

Eine „anstrengende“ Debatte geht zu Ende

Dem stimmt auch Thomas Stadler (Grüne) zu. Kinder bräuchten Wegweisung und Orientierung. Es handle sich bei der vorangegangenen Debatte auch nicht um Cancle Culture, sondern gelebte Demokratie. In Richtung Schulleiter Fietz und weiteren anwesenden Lehrern wandte er Worte des Dankes für diesen langen, aber wichtigen Prozess. Der Prozess - bei Schulleiter Fietz sei er psychisch und physisch nicht leicht, ja anstrengend gewesen, ist abgeschlossen. Die Schule trägt ab jetzt den Namen Grundschule Traunstein.

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