Gemeinsamer Protesttag von Bauern und Handwerker
2000 sagen in Traunstein: „Es langt“ - Politiker-Schelte und harte Worte bei Demo
Zuerst ein stundenlanger Konvoi durch die Stadt, dann eine Kundgebung mit 2000 Teilnehmern - Landwirte und Handwerker gingen am Montag (8. Januar) in Traunstein gemeinsam auf die Straße. Zielscheibe: die Bundespolitik. Zu hören waren konkrete Forderungen genauso wie plumpe Politiker-Schelte. Alle Eindrücke des Protesttages:
Traunstein - Einerseits Wut über die Bundespolitik, andererseits Stolz über den Zusammenhalt von Landwirtschaft und Handwerk: So lässt sich die Stimmung der über 2000 Menschen am Traunsteiner Stadtplatz zusammenfassen. Die Kundgebung bildete den Höhepunkt des bundesweiten Protesttages der Bauern am Montag (8. Januar) in Traunstein, dem sich auch die verschiedensten Branchen des Handwerks anschlossen. „Endlich wird aufgestanden und was gemacht und nicht immer alles geschluckt“, so Andreas Aigner aus Marquartstein, stellvertretender Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV).
Konvoi aus knapp 500 Fahrzeugen wälzte sich vormittags durch Traunstein
Der 8. Januar 2024 in Traunstein in Bildern: Proteste und Demo von Bauern und Handwerkern




Los ging es bereits frühmorgens: Der Traunsteiner Festplatz als Sammelpunkt und seine Zufahrtsstraßen waren voll - Bulldog an Bulldog, Handwerkerauto an Handwerkerauto. Forderungen nach niedrigeren Lohnsteuern oder Neuwahlen waren auf den Schildern zu lesen, dazu Statements wie „Ohne Bauern wärt ihr hungrig, nackt und nüchtern“. Ein Konvoi aus knapp 500 Fahrzeugen, so die Schätzung der Polizei, setzte sich gegen 8.30 Uhr in Bewegung. Der Verkehr auf der B306, über die Südspange und die Wegscheid-Kreuzung war für Stunden lahmgelegt.
Ab 11 Uhr versammelte sich alles auf dem Stadtplatz: „Wegen der Bürokratie und der hohen Lohnnebenkosten ist unser Leben nicht mehr leistbar“, machte Kundgebungsleiter Michael Röhling aus Traunstein den Anfang. Der Obermeister der Malerinnung forderte eine Politik, „die das Volk vertritt und uns nicht aussackelt“. Konkret meinte Röhling eine Subventionierung des Agrardiesels, ein niedrigeres Renteneintrittsalter, sieben Prozent Mehrwertsteuer für die Gastronomie, weniger Bürokratie oder steuerbefreite Überstunden.
Forderungen nach einer Politik, die das Volk nicht „aussackelt“
Überhaupt fiel auf, dass fünf der sieben Redner auf der Bühne an der Traunsteiner Stadtpfarrkirche aus dem Handwerk kamen, nur zwei aus der Landwirtschaft. Gemeinsam mit BBV-Kreisobmann Hans Steiner habe man vorige Woche den Entschluss gefasst, zusätzlich zur Demo in München eine eigene Kundgebung auf die Füße zu stellen, so Röhling. Traunstein wurde so zum Protest-Zentrum in Südostbayern. „Wir sind solidarisch“, so Thomas Maier von der Bauinnung, der ebenfalls einige Forderungen an die Politik hinterherschickte: Unternehmenssteuern senken, Erbschaftssteuer abschaffen, keine „realitätsfremden Ideologien“.
Oft war es aber auch eine allgemeine Politiker-Schelte, die von der Bühne zu hören war. Die Politik halte nur die Hand auf und das Steuergeld wandere in Verwaltungsapparate, in Kriege anderer Länder oder gleich in die eigene Tasche, meinte Michael Röhling: „Es langt!“ Immer mehr trügen in der Arbeit einen Anzug, statt einer Latzhose, so Josef Pflügl aus Gars am Inn, Obermeister der Innung für Spengler, Sanitär- und Heizungstechnik: „Das fängt beim Landratsamt an und hört in Brüssel auf. Am besten können sie uns sanktionieren und kontrollieren.“ Doch nicht zu viele Köche, sondern zu viele Schlipsträger würden den Brei verderben.
Oder Martin Kollmeier, Obermeister der Zimmererinnung: Auch wenn nicht alles schlecht laufe, müsse man „denen da oben“ helfen, wieder in die Spur zu finden. Die Hälfte der Politiker könne man durch Künstliche Intelligenz ersetzen. Als Traunsteins Oberbürgermeister Christian Hümmer (CSU) kurz die Bühne betrat und sein Verständnis für die Anliegen der Demonstranten kundtat, war die Stimmung schon weniger euphorisch. Die Kundgebung am Traunsteiner Stadtplatz war nach einer guten Stunde beendet. Augenscheinlich verlief alles friedlich, genauso wie es bei den Fahrzeugkorsos zu keinen nennenswerten Zwischenfällen kam.
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