Ein betrunkener 17-Jähriger wurde zum Opfer
„Vorliebe für wildfremde, junge Männer“: Mann (43) aus Bergen wegen Vergewaltigung verurteilt
Ein 17-Jähriger soll von einem Mann nach einem Fest in Grabenstätt vergewaltigt worden sein – vor dem Traunsteiner Landgericht steht es Aussage gegen Aussage. Am heutigen Mittwoch ist jetzt das Urteil gefallen.
Update, 14.13 Uhr – Bergener (43) muss ins Gefängnis
Traunstein/Grabenstätt/Bergen – Ein 43-jähriger Mann aus Bergen hat nach einem Fest in Grabenstätt im vorigen August einen jungen Mann vergewaltigt – das steht für das Traunsteiner Landgericht fest und hat ihn jetzt verurteilt. Fünf Jahre und neun Monate Gefängnis lautet der Richterspruch. „Wir haben keinen vernünftigen Zweifel, dass die Vorwürfe nicht stimmen“, so die Vorsitzende Richterin Christina Braune.
Der Angeklagte sei am 11. August 2023 bewusst zum Parkplatz eines Festes in Grabenstätt gefahren, um dort „wildfremde, junge Männer“ anzusprechen und ihnen Fahrdienste anzubieten. „Er hat es von Anfang an auf sexuelle Handlungen abgesehen“, so die Richterin. Ein damals 17-Jähriger, der „gewaltig dem Alkohol zugesprochen“ hatte, wie es das Gericht ausdrückte, ließ sich darauf ein.
Wie besprochen fuhr der Angeklagte den Burschen zuerst zu einer Freundin, doch dort stand man vor verschlossenen Türen. Dann ging es weiter zum Angeklagten nach Hause nach Bergen. Mitten in der Nacht habe der 43-Jährige dann seinen schlaffen Penis in den Mund des Opfers gesteckt. Der wurde nur für wenige Sekunden wach, konnte sich währenddessen aber nicht wehren.
Das „Eindringen in den Körper“ gilt juristisch als Vergewaltigung – so auch in diesem Fall. Angeklagter und Geschädigter kannten sich nicht. Auch ist der 17-Jährige nach eigenen Angaben nicht homosexuell oder machte entsprechende Erfahrungen. „Wir haben auch keine Anhaltspunkte, dass der junge Mann von der Familie zu einer Aussage bei der Polizei gedrängt wurde“, stellt Richterin Braune klar.
Mitentscheidend für das Gericht: Gerade mal neun Monate vor der Tat wurde der 43-Jährige schon mal wegen ähnlicher Delikte verurteilt. Da stand er im Traunsteiner Nachtleben als „privater Taxifahrer“ parat und wurde dann übergriffig. Von einer „Vorliebe für kurzfristige sexuelle Kontakte mit jungen Männern“, sprach die Richterin – und von einer bemerkenswerten Rückfallgeschwindigkeit. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Update, 12.44 Uhr – Freispruch oder etliche Jahre Haft?
Für Verteidiger Michael Vogel stellt sich die Sache nicht so klar dar. Der 17-Jährige habe damals vor seinem Vater nur davon gesprochen, er hatte das Gefühl, einen „Schwanz im Mund“ gehabt zu haben. Für Vogel eine „dürftige“ Aussage – doch damit sei beim Vater der „Zug schon aufs Gleis gesetzt“ worden und es ging zur Polizei. Was der Bursch‘ beim Angeklagten zu Hause genau erlebte, bleibe wegen seiner starken Alkoholisierung eher schleierhaft.
Und: Dass sein Mandant, ein 43-jähriger Bergener, den jungen Mann nur zur Befriedigung seiner Sexualität vom Fest in Grabenstätt mitnahm, stimme nicht. Schließlich hatte er ihn zuvor noch zu einer Freundin gefahren, doch da stand man vor verschlossenen Türen. Der Verteidiger fordert einen Freispruch. Jetzt fehlt nur noch die Entscheidung des Traunsteiner Landgerichts.
Update, 10.44 Uhr – „Hier ist ganz klar ein Muster zu erkennen“
Ohne viel Geplänkel geht es gleich an die Plädoyers – und Staatsanwältin Helena Neumeier findet harte Worte. Der Bergener habe sich als freundlichen, besorgten „Retter in der Not“ aufgespielt, als er den damals 17-Jährigen nach dem Fest in Grabenstätt am 11. August 2023 heimfahren wollte. In den Augen der Staatsanwältin habe der Angeklagte den jungen Mann aber nur am Parkplatz „abgepasst“, um ihn dann für seine sexuellen Bedürfnisse auszunutzen.
Neumeier zweifelt nicht an der Aussage des Geschädigten, dass er in der Nacht plötzlich den Penis des 43-Jährigen im Mund hatte. Erinnerungslücken seien bei Alkoholisierung und Übermüdung typisch, doch was der 17-Jährige erlebte, sei belastend und ungewohnt gewesen. Daher wisse er noch einige Sekunden des Übergriffs.
„So ein Verhalten ist dem Angeklagten nicht wesensfremd“, betont die Staatsanwältin. Schließlich wurde der Mann bereits wegen sexueller Übergriffe auf junge Männer verurteilt. Auch da sei er ganz ähnlich vorgegangen und habe Betrunkenen seine Fahrdienste angeboten: „Hier ist ganz klar ein Muster zu erkennen.“ Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre und neun Monate Haft wegen Vergewaltigung.
Nun folgt das Plädoyer von Verteidiger Michael Vogel. Danach wird das Urteil gesprochen.
Vorbericht:
Bisher hat der 43-jährige Angeklagte die Vorwürfe bestritten: Er soll in der Nacht auf 12. August 2023 einen 17-Jährigen bei sich zuhause in Bergen sexuell missbraucht haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von erzwungenem Oralverkehr, juristisch wäre dies eine Vergewaltigung. Die Umstände bestätigt aber auch der Angeklagte: Bei einem Fest in Grabenstätt ging der 43-Jährige auf den betrunkenen Burschen zu, bot ihm an, ihn zu einer Bekannten zu fahren. Weil man dort aber vor verschlossenen Türen stand, übernachtete er bei dem Mann.
Junger Mann nach Fest vergewaltigt? Urteil am Landgericht Traunstein erwartet
Die Verhandlung wird am heutigen Mittwoch (22. Mai) ab 9.15 Uhr fortgesetzt. Es wird mit den Plädoyers und auch einem Urteil gerechnet. Der damals 17-Jährige kann sich nur noch bruchstückhaft an die Nacht erinnern. Immer wieder habe er wegen des Alkohols „Blackouts“ gehabt. Mitten in der Nacht sei er plötzlich vom Angeklagten herangezogen worden und hätte dann seinen Penis im Mund gespürt. Weil er so „neben der Spur“ gewesen sei, hätte er aber keine Kontrolle gehabt. Hinweise auf K.O.-Tropfen gibt es nicht, aber der junge Mann sei damals „erheblich alkoholisiert“ gewesen, so ein Gerichtsmediziner.
Zuletzt sagte der Vater des heute 18-Jährigen aus. „Wirr“ und „total durcheinander“ sei sein Sohn am nächsten Tag vor ihm gestanden. „Er hat da was erlebt, was er nicht einordnen konnte“, so der Vater. Gemeinsam erstattete man schließlich Anzeige gegen den Angeklagten, der bei Polizei und Justiz bereits bekannt ist. Der 43-Jährige stand unter offener Bewährung. Erst Ende 2022 wurde er am Amtsgericht wegen sexueller Nötigung verurteilt. Auch seine Vermieterin war als Zeugin geladen: „Die jungen Kerle sind bei ihm ein und aus gegangen.“
chiemgau24.de wird aktuell vom Prozess berichten.
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