Bahnfahrt von München über Rosenheim nach Traunstein
Übervolle Züge, am Bahnsteig stehengelassen - BRB bezieht Stellung zu massiven Problemen
Schon seit längerem sei die Lage für Bahnfahrer, insbesondere Pendler, auf der Bahnstrecke zwischen München und Traunstein durch baustellenbedingte Ausfälle angespannt, so eine Leserin aus Unterwössen. Doch am Freitag der vergangenen Woche sei es dann besonders unangenehm geworden, ein Zug sei massiv überfüllt gewesen. Nun haben wir für sie nachgefragt, wie so etwas passieren konnte und ob und was dagegen unternommen wird.
München/Unterwössen - „In den letzten drei bis vier Wochen, während Bauarbeiten auf der Linie München-Salzburg zu Zugausfällen führten, waren meine Pendlerzugreisen eher unerfreulich! Durch die derzeitigen Baustellen fielen die Zwischenzüge München-Traunstein aus beziehungsweise fuhren nur bis Rosenheim. Dies führte zu einer massiven Auslastung der Linie München-Salzburg. Ich habe mich gefragt, warum die durch die ausgefallenen Zugverbindungen nicht benötigten Wägen nicht zum Verstärken der verkehrenden Züge genützt wurden?“, berichtet unsere Leserin aus Unterwössen. Sie ist Berufspendlerin und, wie sie betont, eigentlich Fan der BRB.
„Am Freitag, den 3. November im BRB 5 nach Salzburg. dessen Abfahrt in München-Ost 14.04 Uhr war, hat aber wirklich alles geschlagen, was ich in meiner langen Pendlerzeit erlebt habe. Dieser BRB-Zug ist meist dreiteilig, der letzte Zugteil wird grundsätzlich in Rosenheim abgehängt. Diesen Freitag war das anders, der Zug kam 2teilig. Es war fast nicht möglich, in den vorderen Zugteil noch einzusteigen. Ich bin mir sehr sicher, dass schon am Ostbahnhof nicht alle zusteigen konnten.“
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„Es gab keine Sitzplätze mehr, ein Durchkommen in den Gängen war sehr schwierig bis fast unmöglich. Und der hintere Zugteil wurde natürlich in Rosenheim abgehängt. Ab diesem Zeitpunkt war es also nur noch ein Zugteil und das führte dann zu einer weiteren Verschärfung der bereits bestehenden unzumutbaren Situation. Das Zusteigen in Rosenheim war für viele dort wartenden Reisende nicht mehr möglich. Unter anderem war eine ältere grauhaarige Frau mit an Bord., die über Atemschwierigkeiten klagte. Ich habe es geschafft sie zu beruhigen“
.“Ansonsten hätte das wohl auch noch zu einem Notarzteinsatz geführt. Zu meinem Glück bekam ich noch Platz auf einem Notsitz neben dieser Dame, ansonsten hätte ich, wie viele andere, fast eine Stunde gestanden!“, schließt unsere Leserin ihren Bericht mit der Bemerkung: „Ich enthalte mich jetzt der weiteren Beurteilung, was mir sehr schwer fällt. Ich würde mir aber wünschen, dass sich die BRB schon der Verantwortung klar sein sollte, die sie trägt. Diese Zugstrecke ist eine Hauptverkehrsstrecke mit einem grundsätzlich sehr hohen Personenaufkommen.“
„Keine unbegrenzten Zugreserven“
„Am vergangenen Freitag kam es morgens zu einer Fahrzeugstörung bei Freilassing. Leider hat das Schadfahrzeug noch zwei weitere unserer Züge ‚eingesperrt‘, so dass uns an diesem Tag nicht ausreichend Zugkapazitäten zur Verfügung standen. Wir mussten daher die unten benannte Zugfahrt schwächen, das heißt es fuhren ab München nur zwei statt drei Triebzügen. Von diesen musste in Rosenheim nochmal einer abgehängt werden, um eine andere Fahrt sicherzustellen, so dass im weiteren Verlauf bis Salzburg nur noch ein Zugteil, statt zwei, verkehren konnte“, erklärt eine Sprecherin der BRB gegenüber unserer Redaktion.
„Wir bedauern natürlich sehr, dass es hierdurch zu Kapazitätsproblemen kam, verfügen jedoch leider nicht über unbegrenzt Zugreserven. Diese können auch nicht ‚spontan‘ von einem Ort zum nächsten fahren, da hierfür zunächst Trassen sowie Personal benötigt werden. Gerade im stark frequentieren Netz zwischen München–Rosenheim und Österreich ist dies kaum realisierbar“, so die Sprecherin abschließend, „Generell sind wir uns unserer Verantwortung als Bahnbetreiber sehr wohl bewusst und kennen auch die Fahrgastzahlen auf unseren Strecken genau. Daher versuchen wir selbstverständlich, solche Fälle auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Komplett vermeiden, lassen sie sich jedoch nicht.“
„Derartige Probleme bayernweit bekannt“
„Derartige Probleme sind uns leider bayernweit bekannt, sowohl im Zulauf auf die Ballungszentren, aber auch in die Ausflugsgebiete wie Tegernsee oder Werdenfels. Dabei ist die Ursache nicht immer die gleiche: Fahrzeugausfälle wegen technischer Defekte, Material- und Personalengpässe in den Werkstätten, mangelnde Bahnsteiglängen. Auch ist aus unserer Sicht die von der BEG bestellte Kapazität oft auf Kante genäht, um wirtschaftliche Angebote zu realisieren. Die Zuglängen basieren auf einer Vorgabe der bayerischen Eisenbahngesellschaft. Fahren mehr Zugteile wie bestellt, so muss das Verkehrsunternehmen die Mehrkosten tragen“, erklärt wiederum Marco Kragulji vom Fahrgastverband PRO BAHN e.V., „Deshalb stehen wir vom Fahrgastverband PRO BAHN immer wieder mit der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) und den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) im Austausch. Auch hat sich u.a. seit Corona das Mobilitätsverhalten z.B. wegen HomeOffice geändert, die Nachfrage findet oft zu anderen Zeiten statt.“
„Leider sehen wir aber auch, dass die aktuellen Anreize, Strafzahlungen wegen nicht erbrachter Leistung, durch die BEG nur sehr wenig Besserung für den Fahrgast bringen. Ein stärkeres Eingreifen der BEG als kontrollierende Behörde würden wir uns sehr wünschen. Dabei soll der Fokus auf Problemlösung nicht abhandenkommen. Steht ein EVU vor technischen Problemen mit den eigenen Fahrzeugen, sollte man sich sofort an einen runden Tisch setzen, um Lösungen zu finden“, so der Pro Bahn-Sprecher weiter, „Grundsätzlich sollten bei den Ausschreibungender BEG mehr Reserven vorgesehen werden. Aber nicht nur die BEG muss hier mehr tun, auch die EVUs stehen den Fahrgästen gegenüber in der Pflicht eine ordentliche Leistung anzubieten. Mehr Eigeninitiative hat noch nie einem EVU bei der Kundenbindung und Kundenzufriedenheit geschadet.“
„Aktuell sehen wir wieder ein Häufung der Vorfälle, was in den meisten Fällen mit Personalproblemen in den Werkstätten begründet wird. Es steht außer Frage, dass wir in Deutschland ein immer größer werdendes Personalproblem im Bahnverkehr haben“, schließt er ab, „Ein Anfang ist mit der Ausbildungsmesse LokLive in Augsburg getan, genau hier muss man ansetzen und die Branche unterstützen Quereinsteiger und neue Lehrlinge zu finden. PRO BAHN kann der Aussage der Leserin nur zustimmen, wobei wir auch noch die BEG in den Kreis der Verantwortung aufnehmen möchten.“
hs