„Mehr staatlicher Eingriff geht nicht mehr“
Bauern als Sündenböcke? Studie der Kirche sorgt für Kritik – Streit um Zukunft der Landwirtschaft
Wie soll die Landwirtschaft der Zukunft aussehen? Antworten kommen von Seiten der Deutschen Bischofskonferenz, die eine Studie dazu vorgestellt hat. Nun hagelt es Kritik von Landwirten. Was sie daran ärgert, erklären die BBV-Kreisobmänner Johann Steiner (Traunstein) und Josef Andres (Rosenheim).
Prien/Chiemgau – „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“. So lautet der Name einer Studie der Deutschen Bischofskonferenz. Es handelt sich dabei um einen Zusammenschluss der katholischen Bischöfe der (Erz-)Bistümer in Deutschland.
Und genau die haben sich mit dem Thema Landwirtschaft auseinandergesetzt und ihre Ergebnisse bei einer Pressekonferenz in München vorgestellt. Gefordert wird eine globale Wende bei der Landnutzung und eine Änderung der Agrarpolitik. Denn die Agrar-Förderpolitik sei problematisch zu betrachten und teuer, sozial unausgewogen und nicht zukunftsfähig. Der Schutz des Klimas, der Artenvielfalt und die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung müssten zusammen angegangen werden.
Studie global betrachtet richtig, nicht aber regional
Die Landwirte sollen demnach besonders honoriert werden, wenn sie nachhaltig agieren und etwa die CO2-Aufnahme auf ihren Äckern verbessern. Appelliert wurde zu einer„globalen Landnutzungswende“. Denn die Landwirtschaft sei „ein Hauptverursacher für negative Veränderungen der Erdoberfläche“. Aktuell trage sie auch wesentlich zum Artensterben bei.
Böden müssten als Gemeingüter betrachtet, Auen und Moore großflächig renaturiert werden. Das erfordere dann auch eine andere Bewirtschaftung, etwa durch Wasserbüffel statt Weiderinder, hieß es dazu von Johannes Wallacher, Vorsitzender der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der Deutschen Bischofskonferenz. Weiter wird in der Studie vorgeschlagen, dass Staat und Kirchen als große Grundbesitzer ihren Pächtern Vorgaben machen sollten, etwa beim Düngen und bei der Schädlingsbekämpfung.
Bei den Landwirten stößt diese Studie jedoch auf Kritik. „Im globalen Sinne ist das schon richtig, was in der Studie steht, aber nicht im Regionalen“, betont Johann Steiner, Traunsteiner Kreisobmann beim Bayerischen Bauernverband (BBV). Denn die Landwirtschaft werde bereits nach diesen Vorstellungen betrieben.
Wälder werden nicht gerodet und jeder dritte Hektar von Wiesen und Äckern in Bayern sei auch Teil eines Kulturlandschaftsprogramm, an dem Landwirte freiwillig teilnehmen können. Darunter zählt zum Beispiel die Bepflanzung von Blühflächen- oder Streifen.
Landwirte verärgert über „Sündenbock“-Rolle
„Aber trotzdem heißt es, wir müssen noch immer alles besser machen“, kritisiert Steiner. Sehr verärgert ist er auch über die Anschuldigungen, die Landwirte seien der Hauptverursacher von CO2-Emissionen beziehungsweise klimaschädlichen Stoffen. „Wir sind wieder der Sündenbock. Wir werden wieder an den Pranger gestellt.“
Steiner erklärt weiter, dass beispielsweise, wenn Landwirte Bäume fällen, diese als Bauholz verwendet werden, in denen das CO2 weiter gespeichert bleibt. Nur das Restholz werde verbrannt. Und er betont auch, dass die Landwirtschaft die einzige Branche ist, die durch ihr Bewirtschaften CO2 essbar macht. Ohne Landwirte gibt es nichts zu essen, macht Steiner deutlich und fügt hinzu: „Vom CO2 in der Luftfahrt redet auch keiner. Aber mal ehrlich, den Flug nach Malle, den braucht man nicht unbedingt, die Semmel zum Essen ist dann schon wichtiger, oder? Aber das wird wieder unter den Tisch gekehrt.“
Josef Andres, Rosenheimer BBV-Kreisobmann ist genauso wenig begeistert von der Studie, wie sein Traunsteiner Kollege. „Hier wird einfach die ganze Welt als eins verglichen, aber das geht in der Landwirtschaft nicht.“ Ebenso betont er, dass es auch nichts Nachhaltigeres gibt, als die generationenübergreifende Landwirtschaft, in der sich die Landwirte auch der Zeit anpassen. „In der Kriegszeit haben wir zum Beispiel die Menschen mit Nahrung versorgt und uns dementsprechend angepasst. Mittlerweile hat sich das Konsumverhalten geändert, auch da haben wir uns angepasst.“ Ihn schmerze es daher sehr, wenn Landwirte wieder ins schlechte Licht gerückt werden.
Ebenso kritisch sieht Andres, dass die Studie von Seiten eines kirchlichen Zusammenschlusses kommt. „Da muss ich schon hinterfragen, was die bezwecken wollen. Hier fehlt der landwirtschaftliche Hintergrund.“ Kritik sei laut dem Rosenheimer Kreisobmann auch von regionalen Kirchenvertretern geäußert worden. „Die Pfarrer vor Ort stehen zu ihren Landwirten. Das finde ich sehr schön“, betont Andres.
„Falsch, Bauern unter Generalverdacht zu stellen“
Wie die dpa berichtet, zeigt sich auch Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber nicht begeistert von den Vorschlägen der Deutschen Bischofskonferenz. Sie äußerte – wie Steiner und Andres –, dass die Studie global gesehen richtig ist, „für falsch halte ich es allerdings, alle Bäuerinnen und Bauern per se unter Generalverdacht zu stellen.“
Ziel jedes Bauern sei, den oft seit vielen Generationen bewirtschafteten Hof samt Grund und Boden in mindestens gleich gutem Zustand an die nächste Generation weiterzugeben. Der verantwortungsvolle Umgang mit Grund und Boden sei den Landwirten somit ein Herzensanliegen.
Kreisobmann Johann Steiner betont auch, wenn Auflagen für Landwirte noch strenger und der Eingriff durch die Politik mehr werde, dass sich das viele nicht mehr gefallen lassen. Er befürchtet dann erneute Demos. „Denn mehr staatlicher Eingriff geht einfach nicht mehr.“
