Kraftakt von Gemeinderat und Verwaltung
Totgesagte leben länger: Wie sich Eggstätt in fünf Monaten umkrempelte und überlebte
Elf Mitarbeiter innerhalb von drei Jahren weg – bei nur 13 Arbeitsplätzen –, keine Bewerbungen, Fristen nicht eingehalten, Anmahnungen vom Landratsamt nicht erledigt. Eggstätt war vor fünf Monaten am Ende. Dann übernahmen der Zweite und Dritte Bürgermeister. Sie rissen das Ruder herum.
Eggstätt – „Das ist hoffentlich die letzte Gemeinderatssitzung für eine lange Zeit, die von einem Zweiten Bürgermeister geleitet werden muss“, eröffnete Hans Plank (CSU) die jüngste Gemeinderatssitzung. Denn im Oktober hat die kleine Gemeinde am Hartsee einen neuen Bürgermeister. Gewählt am 8., ausgezählt nach Land- und Bezirkstag.
Exakt fünf Monate, nachdem Christian Glas (FBE) das Handtuch warf und aus gesundheitlichen Gründen den Chefsessel im Rathaus räumte, machte Plank im Gemeinderat Kassensturz. Er hatte, im Gespann mit Gerhard Eder (ÜWG), das Ruder übernommen. Beide neben Vollzeitjob und Familie. Und unzertrennlich.
Rumpfteam im Eggstätter Rathaus
Nach einer kurzen Bestandsaufnahme – spätestens jeder zweite Schreibtisch im Rathaus verwaist, zwei Abteilungen ohne Leitung – sei klar gewesen, so Plank, dass das vorhandene Rumpfteam es nicht alleine schaffen würde. Das sahen auch das Landratsamt und der bayerische Gemeindetag so. Eine Zwangsehe mit einer anderen Gemeinde drohte. Die Bürger hätten einen Anspruch auf eine funktionierende Verwaltung, so Wilfried Schober vom Gemeindetag, „es geht nicht, dass Sachen wegen Personalmangels liegen bleiben. Es geht ja auch um Fristen.“ Es wäre eine Premiere in Bayern gewesen.
Die Zwangsehe wollten alle nicht, die in Eggstätt die Verantwortung für das Wohl der Gemeinde tragen. „Da muss die Gemeinde kreative Lösungen suchen“, so Schober. Gegebenenfalls mit dem Landratsamt als Unterstützung. Die Lösung: Externe Kräfte. Plank wusste, dass sich der ehemalige Priener Bürgermeister Jürgen Seifert mit einer entsprechenden Firma selbstständig gemacht hatte. „Ich wollte keinen Berater, der sich umschaut, Vorschläge macht und wieder geht“, so Plank gegenüber dem OVB. „Ich wollte jemand, der die Arbeit am Schreibtisch in Eggstätt erledigt, bis dieser Schreibtisch wieder besetzt ist.“
Das Geld war da. Denn im Haushalt waren Personalausgaben vorgesehen, die mangels Personal nicht angerührt worden waren. Die Entscheidung, externe Kräfte einzukaufen, traf der gesamte Gemeinderat in einer der vielen Sondersitzungen, die sich im April und Mai jagten. Nicht nur fürs Rathaus, auch für die Kindertagesstätte. Da sprang „Dorfkinder plus“ ein.
Mehr eingebracht als gekostet
Vorwürfe von außerhalb des Gemeinderates und der Verwaltung, das Anheuern der externen Kräfte sei Geldverschwendung gewesen, kann Plank nicht nachvollziehen. „Wir hätten es aus eigener Kraft nicht geschafft. Und die Externen haben mehr als einen Zuschussantrag gerade noch rechtzeitig gestellt, manch einen zugesagten Zuschuss gerade noch rechtzeitig abgerufen. Da kommt eine satte sechsstellige Summe zusammen“, so Eder in der Gemeinderatssitzung.
Die Verwaltung neu organisiert
Seifert und seine Leute arbeiteten sich aber nicht nur durch die liegengebliebenen Papierstapel. Zusammen mit Plank, Eder, der verbliebenen Rumpfmannschaft und dem Gemeinderat machten sie sich daran, die Gemeindeverwaltung neu zu organisieren. Denn bisher, so berichtete Plank den vielen immer fassungsloser lauschenden Zuhörern der jüngsten Gemeinderatssitzung, habe es keine Vertretungsregelung gegeben, keine Beschreibung der Aufgaben, kein Organigramm – eigentlich gar keine Organisation, die den Mitarbeitern ein vernünftiges Arbeiten ermöglichte. „Es kann doch nicht sein, dass die Zuständige fürs Personalwesen sich auch noch um Gebäudeversicherungen kümmert“, so Plank gegenüber dem OVB. Braucht sie nun nicht mehr. Das macht seit 1. August Cordula Reith, zuständig für die Liegenschaften der Gemeinde. Ihr Ressort wurde neu geschaffen, entlastet Kämmerei und Bauamt gleichermaßen.
Dass sich in Eggstätt was tut, sprach sich in Verwaltungskreisen offensichtlich schnell herum. Plötzlich kamen wieder Bewerbungen auf Stellenanzeigen. Und auch Initiativbewerbungen. Zum Beispiel für den geschäftsleitenden Beamten. Der ist einer von vieren, die zum Jahreswechsel ihren Dienst in Eggstätt antreten. „Und wenn ich jetzt eine Initiativbewerbung bekomme, muss ich leider antworten, dass wir momentan keinen Arbeitsplatz offen haben“, so Plank erleichtert. Nur die Nachfolge vom scheidenden Bauamtsleiter Bernd Ruth zum 1. Januar ist noch nicht geregelt. „Aber da haben wir zwei gute Bewerber.“ Alle „Neuen“ stellten sich bei der Sitzung den Gemeinderäten und dem Publikum vor.
Fehler nicht wiederholen
Dann wäre es ja an der Zeit, dass die externen Kräfte das Eggstätter Rathaus wieder verließen, die Gemeinde wieder selbstständig werde, meinte Markus Löw (FBE) in der Gemeinderatsitzung. Das stieß auf wenig Gegenliebe. „Ich will, dass alle neuen Mitarbeiter vernünftig eingearbeitet sind. Erst dann können wir auf die Externen verzichten“, sagte Plank entschieden. „Es wurden in den letzten Jahren zu viele Leute ins kalte Wasser geworfen, die ohne Einarbeitung schlicht überfordert waren und schnell wieder gingen. Das sollte uns nicht noch einmal passieren.“
Plank und Eder bekamen ob ihrer Arbeit in den letzten Monaten viel Lob aus dem Gemeinderat. So viel, dass es einem Mitglied der FBE-Fraktion zu viel wurde: Die Gemeinderatssitzung arte ja in eine Wahlkampfveranstaltung aus. Plank war kurz fassungslos, meinte dann: „Wenn die Vertretungszeit zu Ende geht, müssen wir doch mal Kassensturz machen, was in der Zeit alles passiert ist.“ Den Vorwurf der Wahlkampfveranstaltung nahm Katharina Weinberger, Fraktionsvorsitzende der Grünen, besonders übel: Plank und Eder hätten sich mit ihrem unglaublichen Einsatz das Lob wohl verdient.
Grüne verärgert über Stellvertreter-Gerücht
Wenn derzeit jemand unlauteren Wahlkampf in Eggstätt mache, so Weinberger, seien das die Freien Bürger und ihr Bürgermeisterkandidat. Denn sie behaupteten, die Grünen unterstützten Plank nur, weil sie nach der Wahl den Posten des zweiten Bürgermeisters haben wollten. „Das ist ein böses Gerücht. Das war nie Thema. Eins ist klar: Wenn sich jemand in den letzten Monaten den ersten Zugriff nach der Wahl auf den zweiten Bürgermeister mehr als verdient hat, dann ist das Gerhard Eder.“
