Üble Nachrede vor Gericht
Familienstreit im Raum Wasserburg eskaliert: Tante zeigt Nichte an und landet selbst vor Gericht
Eine 51-Jährige aus dem Raum Wasserburg ist unzufrieden mit der Betreuung ihres Vaters, zeigt ihre Nichte an und landet prompt selbst vor Gericht. Wie es dazu kam und wie das Amtsgericht Rosenheim mit dem Familienstreit umging.
Wasserburg – „Das ist im Grunde eine Familienstreitigkeit, die weder vor Gericht geklärt werden sollte noch vom Gericht geklärt werden kann“, stellte Richterin Alexandra Gruber zu Beginn der Verhandlung vor dem Amtsgericht Rosenheim fest. Bei solchen Auseinandersetzungen seien viele Emotionen im Spiel. Alle Beteiligten hätten Gründe für ihr Handeln. Dabei sei die Angeklagte, eine 51-Jährige aus dem Raum Wasserburg, einen Schritt zu weit gegangen. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung: Die Betreuung des Vaters und ein Streit um das Familienerbe.
Nichte soll angeblich Arbeit als Staatsanwältin ausgenutzt haben
Laut Staatsanwaltschaft hatte die Angeklagte Strafanzeige bei der Polizeiinspektion Wasserburg gegen ihre Mutter und ihre Schwestern wegen gefährlicher Körperverletzung gegenüber ihrem Vater erstattet. Im Rahmen der Anzeige habe die Angeklagte schriftlich behauptet, dass ihre Nichte, ihre damalige Position als Staatsanwältin ausgenutzt habe, um beispielsweise Ärzte, Notare oder Polizei zu manipulieren. Gegen den darauffolgenden Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 50 Euro wegen Verleumdung hatte die 51-Jährige auch aufgrund ihrer finanziellen Situation Einspruch erhoben.
„Vermutungen und Spekulationen sollte man bleiben lassen“, stellte Verteidiger Edwin Reichert dazu fest. Davon abgesehen habe seine Mandantin aber keine Namen genannt und niemanden diskreditieren wollen. Sie sei davon überzeugt gewesen, dass im Betreuungsverfahren ihres Vaters einiges schiefgelaufen sei. Die Betreuungsakte habe aus ihrer Sicht einige Fragwürdigkeiten beinhaltet. Daraus hätten sich für sie viele Anhaltspunkte für Verdachtsmomente ergeben.
Sorge um den Vater hatte sie dazu getrieben
Verschärfend dazu gebe es eine riesige Geschichte mit zahllosen Streitigkeiten unter den Schwestern im Hintergrund. Seine Mandantin habe sich die Frage gestellt, „ob alles mit rechten Dingen zugeht“ und, aus Sorge um den Vater, Anzeige erstattet. In Ihrer Stellungnahme habe sie lediglich ihre Meinung geäußert und keine Behauptungen aufgestellt, so der Verteidiger. Er regte an, das Verfahren einzustellen. „Ich habe 24 Stunden für die Stellungnahme Zeit gehabt und wollte nur meinen Vater aus dem geschlossenen Heim holen, in dem er isoliert und weggesperrt wurde“, betonte auch die Angeklagte.
Richterin Gruber gab den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen übler Nachrede und damit verbunden auch ein milderes Strafmaß infrage komme. Dennoch sei die Behauptung: Eine Staatsanwältin missbrauche ihr Amt für persönliche Interessen ehrenrührig, keine Lappalie und ziehe weite Kreise. „So ein Verfahren kann enorm rufschädigend sein, dennoch sehe ich die Familienstreitigkeiten im Hintergrund“, so die Richterin.
1000 Euro Geldstrafe
Die Angeklagte habe den Verdacht, dass ihre Familie ein Komplott schmiede, um an das Erbe des Vaters zu kommen, zu Papier gebracht. Der Schriftsatz sei bei der Polizei Wasserburg eingereicht worden, damit sei eine konkrete Behauptung aufgestellt worden, stellte jedoch die zuständige Staatsanwältin fest. Sie war aber mit der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von 1500 Euro einverstanden. Verteidiger Reichert beantragte, den Betrag auf 1000 Euro zu reduzieren.
Das Gericht schloss sich schließlich dem Antrag der Anklagevertretung an. „Vor dem Hintergrund der Streitigkeiten ist das die richtige Lösung“, fand Richterin Gruber und gab gleich noch die künftige Marschrute aus: „Mit Behauptungen lieber vorsichtig sein.“