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iPhone löst Notruf aus, der keiner ist

Nach „schwerem Unfall“ in Unterreit: Retten Smartphones Leben oder sorgen sie für Chaos?

Rückten in der Nacht zu Sonntag (18. August) zu einem Notfall aus, der keiner war: die Feuerwehren aus Wang und Elsbeth, BRK und Polizei. Auf der Straße lag nur ein Handy. Der Notruf war in der Integrierten Leitstelle in Traunstein eingegangen. Stellvertretender Leiter Gerhard Jäkel über einen Fall, der gar nicht so selten ist.
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Rückten in der Nacht zu Sonntag (18. August) zu einem Notfall aus, der keiner war: die Feuerwehren aus Wang und Elsbeth, BRK und Polizei. Auf der Straße lag nur ein Handy. Der Notruf war in der Integrierten Leitstelle in Traunstein eingegangen. Stellvertretender Leiter Gerhard Jäkel über einen ärgerlichen Fall.

„Schwerer Verkehrsunfall“: Mit dieser Meldung löste ein Handy in der Nacht zu Sonntag (18. August) in Unterreit einen großen Rettungseinsatz aus. Feuerwehr, BRK und Polizei rückten aus. Umsonst. Ein ärgerlicher Einzelfall? Über Fluch und Segen einer Smartphone-Technik.

Unterreit/Traunstein – Die Feuerwehren Elsbeth und Wang fuhren mitten in der Nacht raus zum angeblichen Unfallort auf der Kreisstraße Mü 44 zwischen Unterreit und St. Leonhard, ein BRK-Rettungswagen ebenso, außerdem die Polizei Waldkraiburg: 35 Mann beziehungsweise Frau, die am „Unfallort“ nur eins vorfanden: ein auf der Straße liegendes iPhone. Es hatte einen automatischen Alarm ausgelöst, der in der Integrierten Leitstelle Traunstein (ILS), zuständig für die Landkreise Mühldorf, Traunstein, Altötting und Berchtesgadener Land, aufschlug.

Gerhard Jäkel, stellvertretender Leiter der Integrierten Leitstelle Traunstein.

Wenn das iPhone Alarm auslöst

Das iPhone übermittelt nach Angaben des stellvertretenden ILS-Leiters Gerhard Jäkel die Koordinaten der angeblichen verunglückten Person. Die Diensthabenden versuchen dann einen Rückruf: Ist dieser nicht erfolgreich, „dürfen wir den Alarm nicht ignorieren“. Das heißt: Die Leitstelle alarmiere die zuständigen Feuerwehren, Rettungsdienst und Polizei – in großer Stärke, denn es könnte sich um einen schweren Unfall handeln, der schnelles Handeln erfordere.

Dass es dann an der Stelle, dessen Koordinaten das Handy übermittelt hat, keinerlei Anzeichen auf ein Unglück gibt, das kommt laut Jäkel „schon häufiger vor“ – „allerdings hält sich diese Auffälligkeit trotz allem in Grenzen“, findet er. Konkrete Fallzahlen gebe es nicht.

Schon Leben gerettet

Ein solcher Alarm hat nach Erfahrungen von Jäkel schon Leben gerettet. Als Beispiel nennt er eine Frau, die im Dienstbereich der Leitstelle in einem abgelegenen Hinterhof von einer Treppe stürzte und schwer verletzt liegenblieb. Der Aufprall war eine solch große Erschütterung, dass das iPhone einen Alarm aussendete. „Gut so in diesem Fall“, sagt Jäkel, „die Frau hätte im schlimmsten Fall tagelang dort liegen können, ohne Hilfe zu bekommen. Aus eigener Kraft konnte sie sich nicht mehr bemerkbar machen.“

Blick in die Einsatzzentrale der Integrierten Leitstelle Traunstein.

Leben retten kann nach Jäkels Erfahrungen auch das eCall-Sytem in Pkw. Es löst einen Notruf aus, wenn der Wagen eine größere Erschütterung erlebt, die auf ein Unglück schließen lässt. Automatisch werde in der Regel eine Verbindung zur Leitstelle hergestellt, die wiederum Kontakt mit dem Unfallwagen aufnimmt. Kann der Angerufene sich nicht äußern, weil er zu sehr schwer verletzt oder beispielsweise ohnmächtig geworden ist, lässt sich laut Jäkel aus den Hintergrundgeräuschen oft ablesen, wie schlimm die Lage ist.

Typischer Fall: Handy fällt vom Autodach

Beim Smartphone werde dieser Rückruf in der Regel nicht automatisch ausgelöst. Wenn das Handy so wie in Unterreit auf der Straße liegt, handelt es sich meistens um ein Versehen. Typischer Fall laut Jäkel: Ein Pkw-Fahrer hält an und legt sein Handy auf das Autodach. Beim Losfahren wird es dort vergessen und schleudert zu Boden. Dieser Aufprall könne bei entsprechender Beschleunigung so stark sein, dass das automatische System einen schweren Unfall annehme.

Jäkel findet die automatische Notfallerkennung im Handy oder bei der Smartwatch-Uhr trotz der Tatsache, dass die Systeme Fehlalarme auslösen können, sinnvoll. „Alle technischen Neuerungen sind in der Regel Segen und Fluch zugleich. Hier überwiegen meiner Erfahrung nach die Vorteile.“

Fehlalarme gibt es nach seinen Angaben außerdem nicht erst seit den Handy-Notrufsystemen, die übrigens auch im Winter auf der Skipiste bei Stürzen, die folgenlos bleiben, schon Rettungseinsätze ausgelöst haben. Die Leitstelle in Traunstein kennt auch unnötige Anrufe nach dem Motto „Hilfe, meine Katze sitzt im Baum fest“ – und „böswillige“, bei denen beispielsweise ein Brand gemeldet wird, den es gar nicht gibt. Dann trete der Tatbestand „Notrufmissbrauch“ in Kraft.

Denn jeder Einsatz, der keiner ist, bindet Personal, warnt Jäkel. Das sei im Fall Unterreit in der Nacht zu Sonntag zwar nicht der Falle gewesen, „doch es kann sein, dass Rettungskräfte rausfahren, die woanders dringend gebraucht worden wären“.

Aus Versehen ausgelöst: Das ist zu tun

Deshalb rät er allen Handybesitzern, die das Notrufsystem aktiviert und die merken, dass sie aus Versehen einen Alarm ausgelöst haben, sich sofort bei der Notfallnummer 112 oder der örtlichen Polizei zu melden und Bescheid zu sagen. Wer nachweislich nicht böswillig gehandelt habe, könne auch davon ausgehen: „Da kommt dann keine Einsatz-Rechnung.“

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