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Kein Fakten-Check auf Facebook & Instagram

Fake-News, Hass und Desinformation: So holen Wasserburger Lehrer Schüler aus der Online-Blase

Die Lehrkräfte der FOS/BOS Wasserburg, Michael Birnstiel, Sarah Gartner, Ingeborg Huber und Sebastian Windl, (von links oben nach rechts unten), erklären, warum „Fake News“ auf Sozialen Medien von unabhängigen Faktencheckern geprüft werden sollten.
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Die Lehrkräfte der FOS/BOS Wasserburg, Michael Birnstiel, Sarah Gartner, Ingeborg Huber und Sebastian Windl, (von links oben nach rechts unten), erklären, warum „Fake News“ auf sozialen Medien von unabhängigen Faktencheckern geprüft werden sollten.

Kein Faktencheck auf Facebook, Instagram und Threads: Meta-Chef Mark Zuckerberg will auf den Portalen weniger eingreifen. Für Lehrkräfte der Wasserburger FOS/BOS ist das „beängstigend“, denn junge Leute könnten Fake-News oft nicht erkennen. Wie die Pädagogen für Desinformation und Hass sensibilisieren.

Wasserburg – Meta schafft die Faktenchecks auf den Plattformen Instagram, Facebook und Threads ab. Das hatte Konzern-Chef Mark Zuckerberg in einem Video auf Facebook verkündet. Diese Nachricht sorgte nicht nur bei vielen Benutzern für Empörung, sondern auch bei den Lehrkräften der beruflichen Oberschulen FOS/BOS in Wasserburg.

Weniger Regeln auf Social Media

„Dass auf sozialen Medien in Zukunft nicht mehr überprüft wird, ob ‚Fake News‘ verbreitet werden oder weniger Regeln für Hassrede existieren sollen, ist katastrophal und beängstigend“, erklären Ingeborg Huber, Sarah Gartner, Michael Birnstiel und Sebastian Windl. Die Lehrkräfte widmen sich in ihrem Unterricht immer wieder dem Thema „Fake News“ und wie jene über soziale Medien verbreitet werden.

Michael Birnstiel, Sebastian Windl, Ingeborg Huber und Sarah Gartner (von links) unterrichten an der FOS/BOS Wasserburg.

Bisher wurden Inhalte auf Facebook, Instagram oder Threads von unabhängigen Faktencheckern überprüft und bei Verstößen entfernt. Dabei seien jedoch auch Posts zu Unrecht verschwunden, erklärte Zuckerberg in seinem Video. Um diese Fehler zu reduzieren, soll nun ein anderes System greifen: Durch sogenannte „Community-Notes“ sollen die Inhalte moderiert werden. Diese Vorgehensweise ist laut dem Meta-Chef an das System von X (ehemals Twitter) angelehnt. Außerdem will Zuckerberg die Nutzungsbedingungen beispielsweise bei den Themen Einwanderung und Gender entschärfen, heißt es in dem Video. Diese Pläne gelten laut Medienberichten jedoch nicht für die EU und Großbritannien.

Unabhängiges Moderationssystem ist sinnvoll

Dennoch sind die Lehrkräfte der FOS/BOS Wasserburg besorgt. Denn die Inhalte der sozialen Medien seien schließlich weltweit einsehbar. Laut ihnen ist ein unabhängiges Moderationssystem sinnvoll, denn vor allem Jugendliche könnten reißerische und mit Falschinformationen gefüllte Posts oftmals nicht einschätzen, erklärt Gartner, die Spanisch und Englisch unterrichtet.

Hassrede, Falschnachrichten und Desinformation

Unter dem Begriff Hassrede bezeichnet man Beleidigungen, Diffamierung oder Aufrufe zu Angriffen, heißt es von der Amadeo Antonio Stiftung. „Die sprachlichen Angriffe können auf Merkmale wie Hautfarbe, Herkunft, Sexualität, Geschlecht, Alter, Behinderung oder Religion von Menschen zielen.“ Diese Abwertungen basieren auf der Annahme, dass bestimmte Menschengruppen weniger wert als andere seien. Damit werden ihnen gegebenenfalls auch gleiche Rechte abgesprochen – schlimmstenfalls das Recht zu leben, so die Stiftung.

Der Begriff Falschnachricht oder auch Fehlinformation beschreibt laut Bundesregierung falsche Informationen, die in Umlauf gebracht wurden. Beispiele dafür sind „Clickbaiting“ mit reißerischen Überschriften, Satire und Parodie oder eine versehentliche Falschmeldung. Dahinter versteckt sich keine Täuschungsabsicht.

Von Desinformation hingegen spricht man, wenn hinter einer falschen Information eine gezielte Täuschung steckt. Beispiele dafür sind manipulierte Fotos oder Videos, aus dem Kontext gerissene verkürzte Zitate und fehlerhafte Statistiken oder frei erfundene Lügen, Gerüchte oder tendenziöse Behauptungen, so die Bundesregierung.

Das bestätigt auch eine interne Umfrage der Beruflichen Oberschule. Im Schuljahr 2023/24 wurden die Schüler der Zwölften und 13. Klassen befragt. Daraus ergab sich, dass 38 Prozent der Zwölftklässler und 27 Prozent der Schüler aus der 13. Stufe nicht oder nicht gänzlich wissen würden, wie man „Fake News“ von seriösen Nachrichten unterscheide. Zudem sagten 60 Prozent der Zwölftklässler und 40 Prozent der Schüler aus der 13. Stufe, sie könnten nicht oder nicht gänzlich prüfen, ob eine Aussage der Mehrheitsmeinung von Experten auf einem Gebiet entspreche.

Schüler informieren sich auf Instagram und Co.

Dabei informiere sich die junge Generation in den Sozialen Medien, erklärt Gartner. Etwa 75 Prozent aller Schüler würden Nachrichten über Instagram, TikTok oder Youtube beziehen. Deswegen setzt die FOS/BOS bei dieser fehlenden Kompetenz an. „Wir versuchen unsere Schüler dahingehend zu sensibilisieren“, sagt Birnstiel, der neben Englisch und Geschichte auch Politik und Gesellschaft unterrichtet.

„Dabei wollen wir auch die Schüler aus der Blase holen, in der sie sich teilweise online befinden“, erklärt Huber, die Englisch und Wirtschaft unterrichtet, sowie die Pressebeauftragte der Schule ist. Denn dass sich die Jugendlichen oftmals einseitig informieren würden, sei zum Beispiel zu Beginn des Gaza-Konflikts spürbar geworden. Windl, der Pädagogik und Psychologie sowie Ethik unterrichtet und als Schulpsychologe tätig ist, erinnert sich an starke Meinungsverschiedenheiten und emotionale Konflikte zu diesem Thema. „Wir hatten Schüler, die auf Social Media eher in einer muslimisch geprägten Blase unterwegs waren und welche, die eher in einer westlich geprägten Blase unterwegs waren“, sagt er. Dadurch seien unterschiedlichen Perspektiven, aber auch wenig Verständnis für andere Meinungen zustande gekommen.

Keine Zensur bei unterschiedlichen Meinungen

Das Gleiche habe auch auf den Ukraine-Konflikt zugetroffen, ergänzt Birnstiel. Mit den jungen Leuten sollen dabei dann auch andere Blickwinkel erarbeitet werden, ergänzt Gartner. Bei sogenannten Planspielen zum Beispiel müssten die Schüler sich in verschiedene Rollen hineinversetzen und anschließend miteinander über ein Problem diskutieren, erklärt Birnstiel. Die Lehrperson greife dabei nur ein, wenn mit falschen Fakten argumentiert werde, denn es sollten hier keine unterschiedlichen Meinungen zensiert werden, sagt der Politiklehrer.

Das Gleiche gelte auch für alle anderen Diskussionen, die nicht in einer gestellten Situation stattfinden würden, so die Lehrkräfte. Immer wieder beobachten die Pädagogen dabei, wie die Grenze zwischen Meinung und Fakt verschwimme. Hierbei erweise sich die zunehmende Digitalisierung in den Schulen als hilfreich, sagt Birkenstiel. „So können wir im Unterricht verschiedene Behauptungen direkt überprüfen.“ Letztlich sollten die Schüler lernen, kritisch zu denken und zu hinterfragen. „Die Aufgabe der Schule ist weiterhin, junge Menschen zu mündigen Bürgern zu erziehen“, erklärt der Politiklehrer.

Gegen extreme Meinungen argumentieren

Die Schule biete dafür einen geschützten Raum, fährt Huber fort. „Wir versuchen dabei auch, die Schüler darin zu bestärken, gegen extreme Meinungen zu argumentieren oder verfälschte Behauptungen richtigzustellen“, erklärt sie. Das werde beispielsweise auch in Projekten wie dem Fachreferat gefördert. Hierbei müssten die jungen Erwachsenen auf valide Quellen zurückgreifen und könnten ihre Informationen nicht aus Videos auf Social Media holen. „Dabei geht es auch darum, künstliche Intelligenzen wie ChatGPT zu hinterfragen“, erklärt die Pressebeauftragte der FOS/BOS.

Um bei einer sich ständig verändernden Medienwelt am Ball zu bleiben, müssten sich Lehrerinnen und Lehrer stetig weiterbilden. Denn der FOS/BOS Wasserburg sei die Aufklärung im Bereich „Fake News“ und Medien ein großes Anliegen, weswegen dieses Thema – soweit es ein voller Stundenplan zulasse – mittels Projekten und in verschiedenen Unterrichtsphasen den Schülern immer wieder bewusst gemacht werde, erklärt Huber. Beim Thema „Fake News“ seien jedoch nicht nur die Schulen gefragt, sondern auch andere Akteure. Extreme Gruppen hätten einen lauten Auftritt auf Social Media. „Hier müsste man gegensteuern und viel Zeit und Ressourcen investieren“, sagt Huber.

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