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TH Rosenheim forscht vor Ort

KI im Rathaus von Pfaffing „keine Science Fiction mehr“: Wie die Bürger profitieren

Sehen Chancen in der KI: Pfaffings Bürgermeister Josef Niedermaier, Analyst Lukus Lobreyer, der darüber seine Masterarbeit geschrieben hat, und der Geschäftsleiter der Verwaltung, Christian Thomas (von links).
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Sehen Chancen in der KI: Pfaffings Bürgermeister Josef Niedermaier, Analyst Lukus Lobreyer, der darüber seine Masterarbeit geschrieben hat, und der Geschäftsleiter der Verwaltung, Christian Thomas (von links).

Übernehmen die Roboter das Sagen in der Gemeindeverwaltung Pfaffing? Natürlich nicht. Doch die Künstliche Intelligenz (KI) könnte durchaus nützlich sein. Wie, das hat Pfaffing untersuchen lassen. Mit erstaunlichen Ergebnissen. Über „digitale Zwillinge“ und helfende Roboter.

Pfaffing – KI in der Verwaltung: „Haben wir es dann in Zukunft mit Robotern statt mit Menschen zu tun?“ Das fragten sich einige Pfaffinger, nachdem bekannt geworden war, dass die Gemeinde die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Verwaltung untersuchen lässt. Christian Thomas, Geschäftsleiter im Rathaus, konnte die Bedenken jedoch schnell aus der Welt schaffen. „Nein, natürlich stehen wir Mitarbeitenden nach wie vor live und persönlich zur Verfügung. Wir haben in Zukunft sogar noch mehr Zeit für die Anliegen der Bürger. Die Qualität der Beratung wird besser werden“, ist er überzeugt. So sieht das auch Bürgermeister Josef Niedermeier: „Die KI kann uns entlasten: von Zeitfressern wie Routinearbeiten.“

KI im Rathaus keine Science Fiction mehr

Der Einsatz der Künstlichen Intelligenz ist in seinen und Thomas Augen „keine Science Fiction mehr“. Und auch keine „Spinnerei“ eines Rathauschefs, wie Niedermeier schmunzelnd betont. Er kommt beruflich aus der Computerbranche. Ihm wird nicht zu Unrecht eine Affinität zur IT nachgesagt. Der Bürgermeister wendet die KI manchmal schon an: beim Übersetzen von Texten, beim Formulieren von Schreiben beispielsweise. Und er sieht sich in seiner Überzeugung, dass die Künstliche Intelligenz in einer kommunalen Verwaltung ihren Platz hat, bestätigt. Denn Pfaffing hat sich professionelle Unterstützung geholt: in Persona von Lukas Lobreyer, der seine Masterarbeit im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der TH Rosenheim über die KI -Potenziale am Beispiel Pfaffing geschrieben hat.

Der 26-Jährige wählte 2022 das Thema seiner Masterarbeit bei Professor Dr. Noah Klarmann aus. „Damals begann gerade der Hype rund um Chatgbt. Mich interessierte die Thematik sehr, vor allem auch der ethische Gesichtspunkte der KI“, erinnert sich Lobreyer. Pfaffing hatte damals bereits Kontakte zu Universitäten und Hochschulen aufgebaut. Studierende hatten sich Gedanken zum Wohnen im Alter gemacht und zur Gesundheitsversorgung in der ländlichen Kommune geforscht, berichtet Bürgermeister Niedermeier. Er spricht von guten Erfahrungen mit Studierenden, die objektiv von außen als Externe auf die Kommune blicken würden: ohne den Tunnelblick, den er und das Team in der Verwaltung oft hätten. Niedermeier nahm deshalb erneut Kontakt mit der TH auf, um jemanden zu finden, der unbefangen an das Thema KI in der Verwaltung einer Kommune herangehe.

Ziel: Arbeitsabläufe effizienter machen

Denn Vorbehalte gab es, räumt auch der Rathauschef ein. Nicht alle Mitarbeitenden hätten die Recherchen und Analysen sofort begrüßt. Bedenken, auch rechtlicher und ethischer Art, habe es gegeben. Lobreyer suchte deshalb mit jedem aus dem Personal der Verwaltung und ihrer Betriebe wie Bauhof und Kläranlage sowie Wasserwerk das Gespräch: vom Geschäftsleiter bis zur Reinigungskraft, vom Hausmeister bis zum Amtsleiter. „Wollen die uns weg haben?“ Diese Frage habe im Raum gestanden. Dass dem nicht so ist, war schnell klar, so der Absolvent, der seine Masterarbeit mit 1,3 abschloss und mittlerweile im Berufsleben durchgestartet ist. Die anfängliche Skepsis sei der Bereitschaft gewichen, die Thematik offen anzugehen. „Schließlich geht es darum, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten, die KI soll unterstützen, entlasten, mehr Zeit für die Beratung schaffen“, so der Bürgermeister. Künstliche Intelligenz als nützliches Werkzeug sei das Ziel.

Die Gespräche mit den Mitarbeitenden haben nach Angaben von Lobreyer aufgezeigt, dass die KI längst Einzug in die kommunale Verwaltung gefunden hat: etwa durch Rechtschreibprogramme und Sprachassistenten. Doch sie kann mehr, sind der Experte, der Bürgermeister und Geschäftsleiter von Pfaffing überzeugt. Die KI könne auch die Hauspost vorsortieren und den richtigen Ansprechpartnern im Rathaus zuführen, eine Wissensdatenbank für Verwaltungsangelegenheiten anlegen, in der etwa Bebauungspläne, Rechtsprechungen, Kartenmaterial und eingehende Anträge vorliegen und sofort miteinander verknüpft würden.

Mehrwert durch „digitale Zwillinge“

Thomas erhofft sich außerdem viel von sogenannten „digitalen Zwillingen“: also digitalen Kopien beispielsweise von der Kläranlage, in die die Daten der Sensoren einfließen würden. Im Internet könne der Klärwärter dann ausprobieren, was passiere, wenn er die Lüftung hochfahre oder mehr Chemie einsetze. Und die Reaktionen austesten, bevor der Vorgang im realen Leben so oder vielleicht auch anders umgesetzt werde. Das seien Simulationen, die den Echtzeitbetrieb nicht gefährden würden, aber wichtige Erkenntnisse liefern könnten, findet Thomas. Er erhofft sich auch Unterstützung durch die KI bei Katastrophenlagen, etwa durch Wetterdaten, die mit kommunalen Einrichtungen verbunden würden.

Auch beim Straßenunterhalt könnte Pfaffing sich von der Künstlichen Intelligenz unterstützen lassen, hat die Masterarbeit herausgearbeitet. Kameras beispielsweise könnte an der Müll- oder Straßenreinigungsfahrzeugen Schlaglöcher oder Risse erfassen. Schäden würden so schnell erkannt und dokumentiert.

„Essenziell für Kommunen in Zeiten des Fachkräftemangels“

Zehn Einsatzbereiche für Pfaffing, in denen die KI als Helfer fungieren könnte, hat die Masterarbeit von Lobreyer aufgezeigt. „Das Feld ist bestellt“, sagt Thomas, jetzt sei die Gemeinde bereit für den nächsten Schritt: die konkrete Umsetzung. Dafür kann sich der Bürgermeister vorstellen, erneut Hilfe aus der Forschung zu holen und noch einmal bei der TH Rosenheim anzuklopfen. Niedermeier ist überzeugt: „Die KI ist essenziell für Kommunen in Zeiten des Fachkräftemangels. Wir müssen unsere Leute freibekommen für die wirklich wichtigen Aufgaben.“ Diese Erkenntnis hat auch Lobreyer gewonnen: „Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit den Pfaffingern zu arbeiten. Ich habe viele Einblicke in eine kommunale Verwaltung erhalten. Die Mitarbeitenden von lästigen Routinen entlasten, damit sie mehr Zeit für wichtige Aufgaben haben: Das kann die KI leisten.“

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