Moritz Hasselt schließt sein Juwelier-Geschäft
Wasserburger Uhrmacher-Meister: Neustart mit 55 – So geht's mit dem „InnTime“-Laden weiter
In Wasserburg geht wieder ein Kapitel Einzelhandelsgeschichte zu Ende: Uhrmacher-Meister Moritz Hasselt legt sein Werkzeug beiseite. Mit 55 Jahren wagt er den Neustart. Warum sich der „Uhren-Freak“ so entschieden hat und wie es mit dem Juweliergeschäft „InnTime“ in der Altstadt weitergeht.
Wasserburg – Nach fast 27 Jahren Selbstständigkeit geht es für Moritz Hasselt wieder zurück in ein Angestelltenverhältnis. Der 55-Jährige gibt sein Geschäft „InnTime“ im Herzen der Wasserburg Altstadt auf. Für ihn ist bereits Schluss, bis zum 31. Mai findet im Ladenlokal in der Gerblgasse noch ein Ausverkauf statt.
„Muss nach vorne schauen“
Die Entscheidung, das Juweliergeschäft zu schließen, ist dem Uhrmachermeister nicht leicht gefallen. „Doch ich muss nach vorne in die Zukunft schauen. Bis zum Ende meiner Berufstätigkeit möchte ich noch einmal die Vorteile einer Arbeitnehmerschaft genießen“, begründet er diesen Schritt. Er habe sein Lebensziel, sich mit einem eigenen Geschäft selbstständig zu machen und es erfolgreich zu führen, erreicht. „Ich habe mich verwirklichen können“, sagt er.
Doch jetzt sei die Zeit reif für einen neuen Lebensabschnitt. Als Aktiver im Vorstand des Wirtschaftsförderungsverbandes Wasserburg (WFV) hatte er schon 2024 aufgehört, nun sei mit der Ladenaufgabe der nächste Schritt im Bemühen, „Verantwortung abzugeben“, erfolgt, berichtet er im Exklusiv-Gespräch mit der Redaktion.
Die 27 Jahre Selbstständigkeit möchte Hasselt trotzdem nicht missen. „Es war eine tolle Zeit“, sagt er. 1997 hatte er die Chance, die Räume des ehemaligen Juweliers Schwarz, ein Traditionsbetrieb in Wasserburg, zu übernehmen. Gemeinsam mit dem Geschäftspartner Michael Kiau eröffnete er am 6. August 1998 nach umfangreichen Umbauarbeiten ein neues Geschäft. Nach sechs Jahren folgte die Trennung vom zweiten Gesellschafter. Hasselt übernahm alleine das Zepter und benannte das Juwelier- und Uhrengeschäft um in „InnTime“.
Beliebt: Reparaturen
Die Geschäfte liefen gut, berichtet Hasselt. Um die Jahrtausendwende herum war der Online-Handel noch nicht so etabliert wie heute. Wer ein schönes Schmuckstück zu einem besonderen Anlass wie einen Geburtstag oder die Trauung suchte, wer eine hochwertige Uhr auf der Wunschliste hatte, fand in Hasselts Geschäft ein passendes Angebot. Als Uhrmachermeister bot er außerdem Reparaturen an, ein sehr beliebter Service, wie er erzählt. Die gute Lage in der Altstadt spülte auch viele Tagestouristen in den Laden. Große Schaufensterfronten ermöglichten eine attraktive Präsentation des Schmucks. Hasselt erarbeitete sich nach eigenen Angaben einen großen Kundenstamm.
Doch in den vergangenen Jahren wurde das Geschäft schwieriger. Die Bürokratie wuchs: etwa nach der verpflichtenden Einführung eines neuen Warenwirtschaftssystems mit Kassenbon-Pflicht. Die Konkurrenz durch die großen Internet-Handelsplattformen machte zu schaffen. Nicht selten kamen Leute für die Beratung ins Geschäft, um das Schmuckstück oder die Uhr doch online bei Amazon und Co. zu kaufen, bedauert er. Hasselt baute einen eigenen Internetshop auf, der ebenfalls gut funktionierte. „Aber gegen die großen Webshops komme ich trotzdem nicht an“, bedauert er.
Jung genug für einen Wechsel
Seine handwerkliche Leistung als Uhrmachermeister blieb bis zuletzt sehr gefragt, doch der Umsatz im Geschäft selber wurde weniger. „Es hätte noch gereicht für einen Weiterbetrieb“, sagt Hasselt, „doch die Einzelhandelswelt verändert sich weiter. Ich wollte nicht den Moment verpassen, an dem ich mich noch neu orientieren kann.“
Mit 55 fühlt er sich jung genug, um erneut durchzustarten. Hätte er weiter gewartet, hätte er vielleicht irgendwann einmal nicht mehr die Energie gehabt, befürchtet er. Deshalb jetzt der Wechsel zu einem angesehenen Unternehmen in Wasserburg, zurück ins Angestelltenverhältnis.
„Uhren-Freak“ findet: Zeitmesser ist Statement
So hat Hasselt als junger Mann auch angefangen, der Kreis schließt sich also. Er wollte nach eigenen Angaben eigentlich Feinmechaniker werden. Denn feinstes Handwerk, bei dem es auf millimetergenaue Arbeit ankommt, war schon früh das, was er liebte. Frei war jedoch nur eine Stelle als Uhrmacher. Der gebürtige Steinhöringer nahm sie an, arbeitete nach der Lehre als Angestellter und Betriebsleiter, besuchte in Würzburg die Meisterschule.
Ein Entschluss, den er nie bereut hat. Denn seine große Leidenschaft ist bis heute die Uhrmacherei. Im mechanischen Bereich sind die Zeitmesser von heute noch genauso aufgestellt wie früher, sagt Hasselt. Das findet er faszinierend. Er bezeichnet sich selber schmunzelnd als „Uhren-Freak“: „Was für andere das Auto ist, ist für mich die Armbanduhr. Ein Statement.“ Sie zu zerlegen, zu reinigen, zu fetten, wieder zusammenzusetzen, das gefällt ihm bis heute. Sieben Uhren hat er in Besitz, die achte ist sein Meisterstück. Am Arm trägt er seinen Lieblingszeitmesser von „Tutima“, eine deutsche Marke mit Schweizer Uhrwerk.
Er bleibt ein Wasserburger
Sie wird ihn auch an den neuen Arbeitsplatz begleiten. Und immer an seine Zeit als Juwelier und Uhrmacher erinnern. „Es war spannend, inspirierend, sinnstiftend“, sagt er. In 27 Jahren war er nur 21 Tage nicht im Geschäft. „Jetzt habe ich wieder richtig freie Wochenenden“, freut er sich. Wasserburg bleibt sein Arbeits- und Wohnort, denn: „Ich liebe diese Stadt. Sie ist und bleibt Teil meines Lebens.“
Die Einzelhandelstradition bleibt außerdem erhalten. Wasserburg verliert zwar ein Juwelier- und Uhrengeschäft, ist diesbezüglich jedoch auch ohne „InnTime“ mit sieben Geschäften dieser Art gut aufgestellt.
Und es deutet sich eine Nachfolgenutzung durch einen Laden einer anderen Branche an. Robert Mayerhofer, Liegenschaftsamtsleiter der Stadt, teilt auf Anfrage mit, die Kommune, der das Gebäude gehört, sei in Verhandlung mit einem Bewerber, der die Branchenvielfalt in Wasserburg erweitern werde. Weitere Informationen gibt es nach Abschluss der Vertragsmodalitäten.

