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Kontroverse Debatte zum Klimaschutz

„Erkaufte Scheinwelt“? Kritik an der Eisbahn beim Wasserburger Christkindlmarkt

Schlittschuhlaufen macht nicht nur Kindern und Teenagern Spaß: Doch ist dies auf künstlich produziertem Eis ein Vergnügen mit klimaschädlicher Auswirkung?
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Eislaufen macht nicht nur Kindern und Teenagern Spaß: Doch ist dies ein Vergnügen mit klimaschädlicher Auswirkung?

Der Wasserburger Christkindlmarkt bekommt eine Eisbahn. Zweifellos eine Attraktion, die sich viele wünschen. Doch es gibt auch Kritik. Der Klimaschutzdialog Wasserburg lehnt die Anlage sogar „strikt“ ab. Sind künstliche Eisflächen „erkaufte Scheinwelten“?

Wasserburg – Der Wirtschaftsförderungsverband Wasserburg (WFV) hat sich seine Entscheidung, einen Antrag auf eine Eisbahn für den Christkindlmarkt bei der Stadt einzureichen, nicht leicht gemacht. Bevor er ihn stellte, ging der Christkindlmarkt-Ausschuss auf die Fraktionen zu und suchte das Gespräch mit dem Klimaschutzdialog, eine Gruppe fachkundiger Bürger sowie von Vertretern aus Politik und Verwaltung, die die CO2-Neutralität der Stadt voranbringen soll. Auch die Fraktionen haben es sich nicht leicht gemacht mit ihrem Ja zur Eisbahn. Das wurde bei der Debatte deutlich, die der Entscheidung im Hauptausschuss voranging. Bei der SPD und bei der „bunten“ Fraktion aus Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg/ÖDP gab es nach eigenen Angaben kontroverse Diskussionen. Die Grünen, im Ausschuss vertreten durch Steffi König, konnten sich nicht durchringen, die Anlage zu befürworten.

Der Klimaschutzdialog Wasserburg hatte schon 2019 die Eisbahn abgelehnt. Sie kam trotzdem und wurde ein Publikumsmagnet und mit 10.500 Besuchern ein großer Erfolg. Für 2023 lehnt das Gremium die Eisbahn in der vorgestellten Art erneut „strikt“ ab, Sprecher Günter Bodenburg akzeptiert das Argument, die Schlittschuhbahn werde schließlich zu 100 Prozent mit Öko-Strom betrieben, nicht. Er findet: Das höre sich zwar vorbildlich an. Deutschland verfüge derzeit aber nur über knapp 50 Prozent regenerativ erzeugten Strom. „Das heißt, unser so hoch gepriesener Ökostrom steht nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Jede unnötig verbrauchte Kilowattstunde Strom wird entweder mit schmutziger Kohle, fossilen Brennstoffen wie Gas oder ÖL erzeugt oder wird aus dem Ausland importiert, was dann in den meisten Fällen aus Kernkraft erzeugter Strom ist.“

„Erkaufte Scheinwelt“?

Die Initiatoren der Eisbahn würden nicht akzeptieren wollen, dass es kein oder nur noch sehr wenig natürliches Eis mehr gebe. Der Betrieb ist für Bodenburg deshalb „eine erkaufte Scheinwelt“. In Wirklichkeit handele sich angesichts des Arguments, es werde Ökostrom eingesetzt, um „ein Paradebeispiel für Greenwashing“.

Auch Wasserburg werde die Folgen des Klimawandels und die damit verbundenen Kosten zur Regulierung der Schäden in absehbarer Zeit noch deutlicher zu spüren bekommen als bisher, ist der Sprecher des Klimaschutzdialogs überzeugt.

Der Klimaschutzdialog hat sich im Vorfeld in einer gemeinsamen Stellungnahme deshalb klar positioniert: „Angesichts der immer sichtbareren Auswirkungen des Klimawandels, der verheerenden Hitzewellen und der zunehmenden Waldbrände weltweit sind wir fest davon überzeugt, dass die Fortführung eines Weihnachtsmarktes mit einer herkömmlichen Eisbahn nicht länger verantwortbar  ist.“  Doch das Gremium reicht auch die Hand zur Versöhnung. Die Mitglieder schlagen eine Arbeitsgruppe vor, die mit Beginn der Planungen des Weihnachtsmarkts 2024 gemeinsam mit dem WFV und Anlagenbetreiber SAS Ideen und Maßnahmen entwickelt, damit eine „Vorzeigeveranstaltung für Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ entstehen kann, berichtete Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) im Ausschuss.  Dieses Gesprächsangebot habe der WFV auch bereits angenommen.

Neuausrichtung des Christkindlmarkts gefordert

Kölbl positionierte sich in der Ausschusssitzung klar für die Eisbahn. Und führte Rechenbeispiele ins Feld, um aufzuzeigen, dass die Energiebilanz der Anlage gar nicht so schlecht sei. Wer daheim beispielsweise einen Topf Wasser mit einem Kilogramm Nudeln erhitze, verbrauche 1,4 KWh Energie, ein Eisläufer etwa 1,34 kWh. Kölbl zog auch einen Vergleich zu einem Besuch im Familienbad Badria: Der Energieverbrauch ohne Sauna betrage im Durchschnitt 18 kWh pro Besucher, das sei in etwa die gleiche Bilanz wie bei einem einmaligen Skifahren.

„Diese Beispiele zeigen, egal, was wir machen, wir werden immer Energie verbrauchen, eine Eisbahn ist aufgrund dieser Zahlen vertretbar“, findet auch Heike Maas, Fraktionsvorsitzende von CSU und Wasserburger Block. Werner Gartner (SPOD) verwies darauf, dass viele Kilometer Autofahrten eingespart würden, weil Familien vor Ort Eis laufen könnten und nicht in Nachbarorte wie Rosenheim oder Grafing fahren müssten. Die Anlage habe 2019 bei 9.728 registrierten Eisläufern und 600 Eisstockschützen 13.860 Kilowattstunden Ökostrom von den Stadtwerken bezogen. Für 2023 werde davon ausgegangen, dass im besten Fall bei vergleichbaren Außenbedingungen dank eines neuen Energiemanagementsystems etwa 30 Prozent eingespart werden könnten, ergänzte Kölbl.

„Schlechtes Signal“?

Trotzdem: Steffi König von den Grünen hatte ein Deja-Vu. Schon 2019 sei ähnlich argumentiert worden, doch sie könne bei der Beurteilung nicht aus ihrer (grünen) Haut: Angesichts des Klimawandels mit Naturkatastrophen und schmelzenden Gletschern sei eine Eisbahn ein „schlechtes Signal“. „Eine solche Anlage, nur für ein bisschen künstlichen Winter?“

Josef Baumann (Freie Wähler) verstand die Welt, Kollegin König und den Klimaschutzdialog gleichermaßen nicht mehr. Die Eisbahn werde zu 100 Prozent mit Ökostrom betrieben, „mehr kann man nicht machen“, um dem Klimaschutz zu entsprechen, findet er. „Ansonsten dürfen wir auch keine E-Autos mehr fahren.“

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