Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

OVB-Reporterin im Selbstversuch

Von Unterwäsche bis Gummipuppe: Das erlebt die Rosenheimer Müllabfuhr auf ihrer Wiesn-Tour

Fatih Yovru, Anton Dörfl, Stefan Boros, OVB-Reporterin Jennifer Beuerlein und Ludwig Brüchmann.
+
Ein Tag bei der Müllabfuhr (von links): Fatih Yovru, Anton Dörfl, Stefan Boros, OVB-Reporterin Jennifer Beuerlein und Ludwig Brüchmann.

55 Müllmänner und -frauen arbeiten beim Betriebshof in Rosenheim. Mit dem Herbstfest haben die Mitarbeiter derzeit eine extra Tour zu fahren. OVB-Reporterin Jennifer Beuerlein macht den Selbstversuch und fährt bei der „Wiesn Tour“ mit.

Rosenheim – „Antreten zur Frühschicht“ heißt es für mich am Mittwoch um 5.30 Uhr. Für einen Tag begleite ich die Müllabfuhr auf ihrer „Wiesn Tour“. Auf der Fahrt zum Betriebshof in Rosenheim kommt mir kein anderes Auto entgegen. Kein Wunder, es ist gerade einmal kurz vor fünf. Ich bin müde und der Regen prasselt auf mein Autodach. Super Wetter für den Außendienst, denke ich mir.

Um kurz nach fünf erreiche ich mein Ziel. Von den Mitarbeitern werde ich herzlich empfangen. Luigi De Martin, der für den Dienstplan und Organisation zuständig ist, führt mich durch das Gebäude. Dann erhalte ich meine orangefarbene Uniform. Als ich mich im Spiegel betrachte, muss ich lachen. Eigentlich eine Farbe, die ich niemals tragen würde, doch irgendwie steht sie mir.

Einführung in die Arbeit

Umgezogen und mit Block und Stift ausgestattet, lerne ich meine Gruppe kennen. Ludwig Brüchmann ist der Fahrer und damit zuständig für die Sicherheit seiner Männer. Zu seinem festen Team gehört Anton „Toni“ Dörfl. Weil ein anderes Mitglied der Gruppe gerade im Urlaub ist, springen Stefan Boros und Fatih Yovru ein.

Bevor es endlich auf die Straße geht, bekomme ich eine kurze Sicherheitseinweisung. Boros zieht eine leere schwarze Mülltonne heran. Wir stehen am Ende des Müllwagens. „Die Tonne musst du dicht an die Greifzähne schieben“, erklärt er mir. Bevor die Tonne automatisch angehoben und ausgekippt wird, warnt mich Boros: „Vergiss nicht, immer einen Schritt zurückzugehen.“ Sofort trete ich zurück. „Nicht, dass du die Tonne gegen deinen Kopf bekommst.“

Dann bin ich an der Reihe. „Ohje“, denke ich mir. Langsam gehe ich zur Mülltonne und mache es Boros nach. Zum Glück klappt alles ohne Probleme. Dann kommt Dörfl mit einem grünen Müllcontainer. „Die müssen wir immer zu zweit nehmen“, sagt er. Zusammen mit Boros macht er es vor. „Wenn alles passt, musst du deinem Kollegen ein Handzeichen geben oder kurz zurufen“, sagt Boros. Ich nicke.

„Passt!“, rufen sich beide zu. Dann drückt Boros einen blauen Knopf an der Seite. Die Greifzähne fahren langsam nach oben. „Es gibt Müllwagen, die machen das automatisch“, sagt Brüchmann. Dieser aber noch nicht. Auch hier soll ich es einmal ausprobieren. Zusammen mit Boros setze ich den Container an. Leise rufe ich: „Joa, ich denke das passt.“ Meine Kollegen schmunzeln. Dann fährt der Container ohne Probleme nach oben.

Die erste Tour beginnt

Um kurz vor sechs verlässt der Müllwagen den Betriebshof. Zu fünft sitzen wir im Fahrerhaus. „Vielleicht haben wir heute Glück mit dem Regen“, sagt Boros. Die anderen pflichten ihm bei. Doch bislang hat der Regen noch nicht aufgehört. Der Müllwagen kommt zum stehen. Ich springe hinter Boros und Dörfl aus dem Fahrerhaus. Gekonnt setzen die beiden die Mülltonnen an. Eine nach dem anderen wird ausgeleert. Sie sind ein eingespieltes Team. Ich komme mir etwas unbeholfen vor. „Du musst immer auf den Verkehr achten“, ruft mir Dörfl zu. Ohje, noch mehr, worauf ich achten muss.

Nachdem alle Tonnen geleert sind, darf ich mich auf das Trittbrett stellen - etwas worauf ich mich von Anfang an gefreut habe. Boros und Dörfl stehen links auf dem Trittbrett und ich rechts. Dann fährt der Müllwagen weiter. Der Regen und der kalte Wind lassen mich frieren. Dennoch ist es ein aufregendes Gefühl. Ich schaue mich um. Durch die Dunkelheit habe ich die Orientierung verloren. Immer wieder springen wir ab und entleeren den Restmüll. Dann geht es für mich zurück ins Fahrerhaus. Endlich aufwärmen!

„Der Job macht mir viel Spaß“

Brüchmann erzählt mir von seinem Beginn bei der Müllabfuhr. „Seit acht Jahren arbeite ich jetzt bei der Müllabfuhr“, sagt er. 13 Jahre hat er davor als Metzger gearbeitet. „Doch in der Lebensmittelbranche verdient man nicht so gut“, sagt Brüchmann. Nach seiner Zeit beim Kunststoffgewerbe, landet er über einen Freund beim Baubetriebshof. „Der Job macht mir viel Spaß“, sagt er und lacht.

Stefan Boros entleert mit Hilfe von Knöpfen die letzten Müllreste aus dem Müllwagen. Ein Greifarm trägt den Müll zur nächsten Station.

Das Herbstfest bedeutet für ihn vor allem eins: Zusätzlicher Stress. Daran ändert auch das Wetter nichts. Bevor es endlich auf die Loretowiese geht, entleeren Brüchmann und Boros den Müllwagen. Insgesamt sechs Tonnen Restmüll haben wir bislang gesammelt.

Die Wiesn-Tour startet

„Beim Herbstfest müssen wir alles mitnehmen“, sagt Brüchmann und lenkt den Müllwagen gekonnt an den Buden vorbei. Normalerweise werden Säcke, die neben den Mülltonnen liegen, zurückgelassen. „Es können Scherben oder Spritzen drinnen sein“, sagt Brüchmann. In der Regel sind er und seine Kollegen bereits vor den Lieferanten im Einsatz, insgesamt dauert die Tour rund eine Stunde.

Auf dem Herbstfest unterwegs: Fatih fährt den grünen Müllcontainer nach oben. Stefan wartet schon mit der nächsten.

Wie viel Tonnen an Müll auf den Wiesn zusammen kommen, weiß Brüchmann nicht genau. „Am Dienstag waren es schon zwei Tonnen und manchmal werden es auch drei“, sagt er. Systematisch gehen wir die Gassen zwischen den Buden entlang. Brüchmann fährt mit dem Müllwagen neben uns her. In einer halben Stunde schaffen wir es alle Mülltonnen zu leeren. Erst jetzt merke ich, wie erschöpft ich bin. Ich lasse mich auf einen Sitz in der Fahrerkabine fallen. Ich bin froh, dass es für mich jetzt nach Hause geht, während meine Kollegen noch eine weitere fahren müssen.

Auf dem Weg zum Betriebshof unterhalten wir uns darüber, was sie schon alles im Müll gefunden haben. Ratten und Maden und im Sommer die „fiesen kleinen Fliegen“. Deutlich interessanter scheint es auf dem Herbstfest zuzugehen. „Wir haben schon BHs, Unterhosen, Kleidung und Plüschtiere gefunden“, sagt Boros. Brüchmann ruft hinzu: „Ich hab auch schon mal eine Gummipuppe gefunden.“ Ich muss lachen. Schlafende Partygäste seien ihnen auf den Touren jedoch noch nicht begegnet.

Wir fahren auf dem Betriebshof. „Das wichtigste an diesem Job ist Gelassenheit und Spaß“, sagt Brüchmann. Sie alle sind sich einig, dass ihr Job toll ist. „Wir sind bei uns multikulti vertreten, dass ist einfach schön“, fügt Brüchmann hinzu. Die anderen stimmen ihm zu, denn „ohne Spaß könnte man keinen Job machen“. Ich bin dankbar, dass sie mich mitgenommen haben. Den Einblick in ihren stressigen und körperlichen Beruf werde ich so schnell nicht vergessen.

SPD-Vorsitzende verstärken die Müllabfuhr

Die beiden Vorsitzenden der SPD-Stadtratsfraktion Rosenheim Abuzar Erdogan und Ricarda Krüger haben ein Praktikum der besonderen Art absolviert: die beiden Stadträte haben die Müllabfuhr Rosenheim bei einer ihrer täglichen Sammelroute begleitet und unterstützt. „Uns war es wichtig, gerade während der Wiesn, wo Unmengen an Müll produziert werden, Danke zu sagen bei jenen, die fast unbemerkt täglich dafür sorgen, dass unsere Stadt sauber bleibt und wir weiterhin ohne Gerüche oder Ungeziefer das Herbstfest genießen können“, beschreibt Abuzar Erdogan den Anlass dieses Praktikums. Um 5.30 Uhr hieß es, raus aus der Jeans, rein in die orangefarbene Arbeitskleidung. Krüger fuhr auf der sogenannten „Wiesn-Tour“ mit, für Erdogan ging es in den Rosenheimer Süden.

Die beiden Vorsitzenden der SPD-Stadtratsfraktion Rosenheim Abuzar Erdogan und Ricarda Krüger waren für ein Tag mit der Müllabfuhr unterwegs.

„Es ist immer interessant einen Einblick in andere Berufe zu bekommen und sich ins Bewusstsein zu rufen, dass eine Stadt wie ein Uhrwerk ist, bei dem viele Zahnräder funktionieren müssen. Die Müllentsorgung ist dabei ein sehr wichtiges Zahnrad“. so Krüger. „Die Müllabfuhr fährt täglich mit vier Fahrzeugen die einzelnen Stadtteile ab. Es ist immer dasselbe Prozedere, bei jedem Wetter. Tonne zum Auto schieben, an das System klemmen, leeren lassen und wieder ordentlich zurückstellen“, beschreibt Erdogan die Tätigkeit.

„Wir sind sehr beeindruckt und dankbar für das, was die 55 Männer und Frauen beim Bauhof der neben der Müllabfuhr auch die Straßenreinigung und den Winterdienst erfüllt leisten. Bei jedem Wetter schaffen sie im wahrsten Sinne unseren Dreck weg“, so Erdogan. „Wir kommen gerne wieder und helfen mit“, resümieren die beiden SPD-Vorsitzenden ihren Einsatz im Bauhof.

Kommentare