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Wirbel in Vogtareuth – „Konflikt wird weitergehen“

Krankenschwestern als Heli-Helfer abkommandiert: So hat das Arbeitsgericht entschieden

SYMBOLBILD: Die Pflegekräfte der Kinderintensivstation sollen die Ankunft des Rettungshubschraubers steuern. Die Mitarbeitervertretung hat eine Unterlassungsklage beim Arbeitsgericht eingereicht.
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SYMBOLBILD: Die Pflegekräfte der Kinderintensivstation sollen die Ankunft des Rettungshubschraubers steuern. Die Mitarbeitervertretung hat eine Unterlassungsklage beim Arbeitsgericht eingereicht.

Muss eine Krankenschwester während ihrer Dienstzeit die Bodensicherung bei der Hubschrauberlandung übernehmen? An dieser Frage entzündete sich in der Schön Klinik Vogtareuth ein Streit. Der Betriebsrat brachte eine Unterlassungsklage ein. Das Arbeitsgericht Rosenheim fällte nun eine erste Entscheidung.

Rosenheim/Vogtareuth – Die Anordnung der Schön Klinik Vogtareuth, dass die Pflegekräfte der Kinderstation ab dem 1. Dezember außerhalb der Dienstzeiten des zuständigen Fachpersonals die Ankunft des Rettungshubschraubers von 16.30 Uhr bis zum frühen Morgen steuern sollen, brachte zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Barrikaden. Aus pflegerischer Sicht ist diese Anordnung ein „absolutes No Go“, wie die rund 30 Pflegekräfte vor der Verhandlung vor dem Rosenheimer Arbeitsgericht betonten. Zwei Pflegekräfte betreuten in der Regel etwa acht bis zehn zum Teil sehr pflegintensive Kinder.

Eine der beiden Kräfte müsse dann beispielsweise kleine Patienten, die beatmet würden, verlassen, um die Landung des Hubschraubers zu begleiten, erklärte eine Mitarbeiterin der Station, die namentlich nicht genannt werden möchte. Bisher habe man sich geweigert, die Anordnung auszuführen. Die letzte Landung habe man jedoch dokumentiert. Von der Benachrichtigung der Ankunft bis zur Beendigung des Einsatzes habe es rund eineinhalb Stunden gedauert. Vorgesehen sei, dass die in dem Zeitraum fehlende Kollegin von einer anderen Station, die aber nicht unbedingt speziell für den Umgang mit Kindern ausgebildet sei, gepuffert werde.

„Da stellt sich auch die Frage nach der erforderlichen Sterilität“

Das sei eine sehr ungute Lösung, fanden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Hinzu komme, dass es auch keine entsprechende Dienst- und Schutzkleidung für den Einsatz im Freien gebe. „Von der Landebahn ans Krankenbett, da stellt sich auch die Frage, nach der erforderlichen Sterilität,“ gab eine Schwester zu bedenken. Die Tätigkeit umfasst laut gesetzlicher Vorgabe beispielsweise, dass die Beleuchtung des Landeplatzes eingeschaltet und dafür gesorgt wird, dass sich keine Personen oder Gegenstände auf der Landebahn befinden. Falls es zum Brand des Hubschraubers komme, ist ein Löscheinsatz mit entsprechendem Gerät vorgesehen.

Auch dazu sehen sich nicht alle Pflegekräfte im Stande. Bisher habe es dazu noch keine entsprechenden Schulungen von Seiten der Klinik gegeben. „Das geht so nicht“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Thalhammer. Deshalb wolle man ein Signal setzen, dass klar mache, dass man solch gravierende Änderungen nicht einfach durchziehen könne, betonte Rechtsanwalt Kühne für die Arbeitnehmervertretung.

Grober Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte? Fall landet vor Gericht

Darum habe die Mitarbeitervertretung Unterlassungsklage beim Arbeitsgericht Rosenheim eingereicht. Begründet wurde der Antrag auf einstweilige Verfügung damit, dass ein grober Verstoß gegen die Mitbestimmungsrechte vorläge. Für die zusätzliche Tätigkeit gebe es keinen Dienstplan, es sei keine dem Berufsbild entsprechende Tätigkeit, es gebe keine Dienstkleidung und es sei keine Gefährdungsbeurteilung und keine Schulungen durchgeführt worden. Der Betriebsrat sah darin einen großen Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht. Parallel dazu wurde am 3.12. Klage für ein Hauptverfahren eingereicht, dass bei der vierten Kammer geführt wird.

So entschied das Arbeitsgericht

Das Arbeitsgericht wies den Antrag auf einstweilige Verfügung jedoch zurück, weil sich an den Grundzügen des Dienstplans nichts geändert hat, dass die Mitbestimmung des Betriebsrats erfordert hätte. Die Änderungen sind tätigkeitsbezogen und nicht zeitbezogen. Auch die fehlenden Gefährdungsbeurteilung und Schulungen seien kein Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz, und nur darum sei es bei diesem Verfahren gegangen, betonte der vorsitzende Richter Dr. Lubitz. Im Individualfall oder auch im Hauptverfahren könne dies jedoch anders aussehen.

„Konflikt wird weitergehen“

„Der Konflikt wird weitergehen“. Er appellierte deshalb an die beiden Parteien, sich zu einigen und einen gemeinsamen Weg zu finden. Die Sache sei eskaliert, aber man solle das Gespräch nicht ausschließen, es könne ein bisschen Frieden bringen, so Dr. Lubitz. Er schlug eine Einigungsstelle vor, die Themen wie Organisation, Schulungen, Einsatzbereiche, und Zeitfenster zügig kläre. Bis dahin solle es keine Maßnahmen gegen Mitarbeiter geben, die sich gegen den Einsatz weigerten. Stattdessen könne es eine Überlegung sein, den Dienst mit Freiwilligen zu versehen, die dafür mit einer kleinen Prämie belohnt werden könnten, so der Vorschlag des Richters.

Rechtsanwalt Groß erklärte für die Schön Klinik, dass die Situation aktuell verfahren sei, deshalb werde es aktuell im Gerichtssaal keine Vereinbarung oder Zusagen geben. Grundsätzlich würde sich die Klinik einer Einigung jedoch nicht verschließen, so der Anwalt. Er war der Auffassung, dass dem Thema eine zu große Bedeutung zugemessen werde. Bei der RoMed Klinik Rosenheim und der KBO Trostberg gebe es ähnliche Lösungen. „Wir sind noch nicht am Ende,“ sagte Rechtsanwalt Kühne. Er äußerte sich zuversichtlich im Hinblick auf das Hauptverfahren.

„Es ist ernüchternd“

Es sei erfreulich, dass es doch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung und berechtigte Kritik an der bisherigen Umsetzung gebe. „Es ist ernüchternd, dass sich der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht so gewährleisten lässt, wie wir das gerne hätten, aber wir kämpfen weiter“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Thalhammer nach der Klageabweisung. Von Seiten der Klinik wurde eine Stellungnahme für die kommenden Tage angekündigt.

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