Licht am Ende des Tunnels?
„So kann es nicht weitergehen“: Stimmen aus der Region vor dem Ministertreffen zum Brenner-Transit
Das Tauziehen um den Brenner-Transit geht in die nächste Runde: Nachdem sich Bayern, Tirol und Südtirol auf ein Slot-System verständigt hatten, schalten sich nun die Regierungen Italiens und Deutschlands in den Streit ein. Gibt es berechtigte Hoffnungen auf eine Lösung?
Rosenheim/Luxemburg – Nach dem Treffen der EU-Verkehrsminister am Donnerstag in Luxemburg scheint Bewegung in den Transit-Streit zwischen Österreich, Deutschland und Italien zu kommen. Die Vertreter der drei Länder wollen die EU-Kommission bitten, bis Juli zu einem Ministertreffen einzuladen. „Die anstehenden Gespräche sind ein echtes Licht am Ende des Tunnels”, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing der Deutschen Presse-Agentur nach einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen. Die Gelegenheit müsse genutzt werden, um mit den betroffenen Staaten und der Kommission die Problematik zu lösen.
Inntal leidet nach wie vor unter den Blockabfertigungen
Eine Lösung des Streits wäre wünschenswert, besonders für die staugeplagten Fahrer und Anwohner entlang des Inntals. Nach Angaben des Tiroler Regierungschefs Anton Mattle stieg die Zahl der Lastwagen von 1,1 Millionen im Jahr 2000 auf 2,5 Millionen 2022. Damit entfielen auf den Brenner zum derzeitigen Zeitpunkt 40 Prozent des gesamten Alpentransits im Güterverkehr. Die Tiroler Reaktion auf den stark erhöhten Verkehr, die Blockabfertigungen, erzeugen regelmäßig Staus von einer Länge von 30 Kilometern und mehr auf der bayerischen Seite der Grenze.
Dies hatte in den vergangenen Jahren für viel Streit zwischen Bayern und Tirol gesorgt - bis hin zu Klagedrohungen aus Bayern. Erst am Donnerstag forderte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber: „Die Kommission darf nicht länger der Tiroler Erpressung tatenlos zusehen, sondern muss endlich liefern - zur Not auch mit einem Vertragsverletzungsverfahren.” Mit diesen Verfahren kann die EU-Kommission dagegen vorgehen, dass einzelne Länder gegen EU-Recht verstoßen. Sie können in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und einer Geldstrafe enden.
Weiterhin Streit zwischen den Ländern
Auch wenn das geplante Treffen der Verkehrsminister einen Hoffnungsfunken schürt, bleiben die Fronten weiterhin verhärtet. Im Zuge des Ministertreffens in Luxenburg übte die österreichische Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) scharfe Kritik an Italien und Deutschland, wie die APA berichtet. „Es wird Zeit, dass das Transit-Problem endlich von unseren Nachbarn anerkannt und konstruktiv an Lösungen mitgewirkt wird“, bekräftigte die Ministerin. „Es kann nicht sein, dass Österreich die Last und Verantwortung hier immer alleine trägt.“ Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) hatte zuvor die EU-Kommission erneut dazu aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der Tiroler Maßnahmen einzuleiten.
Anwohner drängen auf Lösung
„Es muss eine Lösung her, das kann ja nicht die nächsten 20 Jahre so weitergehen”, sagt Brannenburgs Bürgermeister Matthias Jokisch. Er begrüßt die Entscheidung, dass sich die Minister zusammensetzen und nach gemeinsamen Lösungen suchen wollen. Ob das vorgeschlagene Slot-System, auf das sich die Regierungen aus Bayern, Tirol und Südtirol verständigt hatten wirklich der Weisheit letzter Schluss sei wisse er nicht, aber es sei überlegenswert. Auch, wenn noch viele Fragen ungeklärt seien. Es müsse sich aber etwas ändern, denn „dass der Verkehr zu viel ist, ist überhaupt keine Frage. Auch dass die Lösung, die Österreich jetzt für sich gefunden hat, nicht ideal ist, ist auch keine Frage.”
Angst vor zu viel Bürokratie
In das Treffen wird große Hoffnung für eine Verbesserung der derzeitigen Verhältnisse gesetzt. „Das ist schon längst überfällig gewesen. Es kann ja nur besser werden”, sagt Georg Dettendorfer, der Geschäftsführer der Spedition Dettendorfer. „Wenn bei diesem Treffen Verbesserungen beschlossen werden sollten, kann man das nur begrüßen.”
Aber auch er sieht das angedachte Slot-System kritisch. „Aus der Praxis heraus sehen wir uns aber einem riesigen Bürokratie-Monster gegenüber”, sagt er. Man könne sich derzeit noch nicht vorstellen, wie es ablaufen könnte. Die entsprechenden Arbeitsgruppen versuchten gerade, das zu eruieren und praktikabel aufzustellen. „Wobei man aber auch sehen muss, ein solch mächtiges Instrument für einen gesamten Alpenkorridor in Kraft zu setzen, da gehen Jahre ins Land. Nicht nur eins, oder zwei.” Dettendorfer hat bereits mit Fachleuten aus den Ministerien gesprochen, vor dem Jahr 2026 sehe da keiner ein funktionierendes Slot-System in Betrieb, sagt er. „Die Staatsverträge darüber müssen ja auch erst geschrieben werden. Im jetzigen Zustand kann das nicht überbrückt werden.”
Derzeitiges System hat weitreichende Konsequenzen
Der jetzige Zustand, die Blockabfertigungen werden auch weiter durchgeführt. In der zweiten Juniwoche sogar täglich, außer am Feiertag Fronleichnam. Diese Maßnahmen der Tiroler Regierung haben mit den daraus resultierenden langen Staus immer weiter reichende Auswirkungen. „Wir verlieren immer mehr Mitarbeiter, viele Fahrer wandern ab, die das nicht mehr fahren wollen”, klagt Dettendorfer. Die Konsequenz daraus könnte sein, dass die Produkte aus Italien in Deutschland oder deutsche Produkte in Italien nicht mehr vorhanden sein werden, oder auch der Tiroler Raum nicht mehr versorgt wird, weil keine Fahrer mehr da seien. „Wir haben durch die ganze Blockabfertigung die Transitprobleme und Fahrverbote eklatante wirtschaftliche Probleme für die einzelnen Fahrzeuge, weil die Wirtschaftlichkeit nur noch sehr rudimentär gegeben ist.” Die Hoffnungen auf eine baldige und erfolgreiche Lösung zum Brenner-Transit sind also groß.
Weitere Termine mit Blockabfertigung
Samstag, 3. Juni
Montag, 5. Juni
Dienstag, 6. Juni
Mittwoch, 7. Juni
Freitag, 9. Juni (Tag nach Fronleichnam)
Montag, 3. Juli
Montag, 10. Juli
Montag, 17. Juli
Montag, 24. Juli
Montag, 31. Juli
Freitag. 29. September
Donnerstag, 5. Oktober
Donnerstag, 27. Oktober (Tag nach dem österreichischen Nationalfeiertag)
Mittwoch, 15. November
Donnerstag, 16. November
Mittwoch, 22. November
Donnerstag, 23. November
Mittwoch, 29. November
Donnerstag, 30. November
Montag. 11. Dezember
Dienstag, 12. Dezember