Klage noch nicht verhandelt
Verkehrskollaps auf der A8: Sechsspuriger Ausbau verzögert sich – Dafür wird‘s ab April noch enger!
Der Ausbau der A8 zwischen Achenmühle und Bernauer Berg sollte längst beginnen, wurde aber per Klage gestoppt. Ob die noch 2025 verhandelt wird, steht in den Sternen. Dafür kündigt sich jetzt neuer Stress für die Autofahrer an. Und es werden fünf Millionen Euro für eine „Zwischensanierung“ benötigt.
Frasdorf – Neuer Stress auf der A8 bei Frasdorf. Ab April wird sich der Verkehr wieder stauen. Für etwa drei Monate müssen sich 120.000 Fahrzeuge am Tag einspurig durchs Nadelöhr zwischen Frasdorf und Bernauer Berg schlängeln. Der Bau der Priental-Brücke beginnt. Oberhalb und unterhalb der Brücke sind Schweißarbeiten erforderlich, um die maroden Lkw-Spuren notdürftig zu sanieren. Voraussichtlich von Ende April bis zu den Pfingstferien sind die Schweißarbeiten an der Lkw-Spur in Fahrtrichtung Salzburg geplant, informiert Josef Seebacher, Sprecher der Autobahn GmbH. Der Verkehr soll in dieser Zeit eingeschränkt auf der Fahrbahn in Fahrtrichtung München laufen.
Freie Fahrt in den Pfingstferien
Während der zu erwartenden Urlauberwelle in den Pfingstferien ruhen die Arbeiten. Von Ende Juni bis Mitte Juli erfolgen die Arbeiten dann an der Lkw-Fahrspur in Fahrtrichtung München, so Seebacher. „Die Schweißarbeiten sind notwendig, um Schäden zu beseitigen und die Befahrbarkeit der Brücke bis zum anstehenden Neubau im Zuge des sechsspurigen Ausbaus der A8 sicherzustellen.“
Etwa fünf Millionen Euro sind für diese Zwischensanierung erforderlich, da sich der Ausbau der A8 weiter verzögert. Zwar hatte die Regierung von Oberbayern bereits im Februar 2024 grünes Licht für den sechsstreifigen Ausbau des Abschnitts zwischen der Anschlussstelle Achenmühle und dem Bernauer Berg, den Umbau der Anschlussstelle Frasdorf sowie den Neubau der Prientalbrücke gegeben. Doch im April klagte der Bund Naturschutz gegen den Planfeststellungsbeschluss. Seit Oktober 2024 beschäftigt sich der Bund Naturschutz nun mit der Stellungnahme der Autobahn GmbH zur Klagebegründung. Im nächsten Schritt soll am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Erörterung stattfinden. Ein Termin steht dafür noch nicht fest. Auch ist nicht klar, ob in diesem Jahr noch mit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu rechnen ist.
Brücke bei Seehaus darf gebaut werden
Inzwischen gibt es grünes Licht für die Autobahnbrücke bei Seehaus. Diese war aus Sicherheitsgründen schon vor Jahren abgerissen worden. Die Autobahn GmbH erhielt nun die Genehmigung, die Arbeiten für die Brücke trotz der Klage gegen das Gesamtprojekt auszuschreiben. Der Bau kann also noch in diesem Jahr beginnen. Die archäologischen Grabungen in diesem Bereich haben bereits im Herbst begonnen und werden voraussichtlich noch bis Mai andauern.
Ein Glück für die Frasdorfer, denn auch wenn die mögliche Große Koalition über ein Infrastruktur-Paket von 500 Milliarden Euro spricht: Noch ist der Bundeshaushalt nicht verabschiedet. Und das bedeutet, dass die Autobahn GmbH nur Maßnahmen zur Wiederherstellung der Befahrbarkeit und der Gewässersicherheit durchführen oder begonnene Projekte weiterführen kann.
Verein fordert weiter 4+2-Ausbau
Doch Glück oder Unglück sind eine Frage der Perspektive, denn auch die Forderungen nach einem sparsamen Ausbau der A 8 reißen nicht ab. An einem „Infoabend zum Ausbau der A8“ des Vereins „Ausbau A8 – Bürger setzen Grenzen“ wurde kürzlich die Forderung nach einem 4+2-Ausbau mit 120er-Tempolimit bekräftigt sowie der sechsspurige Ausbau, der Flächenverbrauch und die konkreten Planungen als „verkehrstechnische Fehlplanungen“ kritisiert.
„Schikane“ an der Brücke Leitenberg
So wurde beispielsweise die Verkehrsdrosselung der Brücke bei Leitenberg von Josef Stein als „Schikane“ bezeichnet. Unerwähnt ließ er allerdings, dass die altersbedingt marode Brücke nach einer Zustandsüberprüfung als einsturzgefährdet eingestuft wurde und aus Sicherheitsgründen eigentlich abgerissen werden sollte. Seit ihrem Bau in den 1930er-Jahren war sie auf sechs Tonnen ausgelegt. Seitdem wurden aber weder die Tonnage- noch die Geschwindigkeitsbegrenzungen eingehalten. Die Gemeinden Frasdorf und Aschau im Chiemgau fanden mit der Autobahn GmbH im Oktober 2024 einen Kompromiss: Es wurden Höhen- und Breitenbegrenzungen angebracht. So ist das Überqueren der Brücke für Fußgänger, Radfahrer und berechtigte Pkw weiter möglich.
Welche Ausbau-Variante die Bebauung bedroht
Ein weiteres Argument der „Bürger setzen Grenzen“: Die Behauptung der Autobahn GmbH, dass die A8 bei einem sechsstreifigen Ausbau von der Bebauung abrücke, sei falsch. Dabei sehen die aktuellen Planungen vor, dass die Autobahn näher an den Wald (Kirchleite) heranrückt. Der Hang muss für die Bauarbeiten abgeflacht werden. So geht zwar erst einmal Grün verloren, wird aber danach wieder neu entstehen.
Im Bereich der Ortschaft soll die A8 in einem 590 Meter langen Tunnel verschwinden, der im Westen etwa auf Höhe der Wohnbebauung beginnt und bis zur Zimmerei im Osten reicht. Der Tunnel soll auf der Oberfläche bepflanzt werden und eine grüne Brücke zwischen Kernort und Landschaft im Norden schlagen. Dort soll ein barrierefreier Panoramawanderweg entstehen, der beginnend an der Kirche langsam ansteigend zu einem Aussichtspunkt auf der Grünbrücke führt. Gärten und Obstwiesen sowie ein Fußweg würden dann einen natürlichen Übergang zum Wald schaffen.
So könnte das neue Autobahnbauwerk zu einem verbindenden grünen Element zwischen Tal und Kirchleite werden. „Der Grünflächengewinn gegenüber dem Bestand entspricht in etwa der derzeitigen Autobahnfläche auf 590 Metern Länge des geplanten Tunnels, also einer Fläche von rund 13.000 Quadratmetern“, hatte Josef Seebacher bereits im November auf OVB-Anfrage berechnet.
Der Autobahn-Sprecher erläuterte auch, dass die Autobahn bei einem 4+2-Ausbau näher an den Ort heranrücken würde. Durch den Bau zweier Standstreifen würde sich die Gesamtbreite der Trasse auf 24 Meter vergrößern, also zwölf Meter pro Fahrtrichtung. Bei einem sechsspurigen Ausbau beträgt die Gesamtbreite 29 Meter, also 14,50 Meter pro Fahrtrichtung – im Bereich der Ortschaft aber unter einem grünen Deckel.
Wenn sich Argumente widersprechen
Auch die Tunnel-Lösung wurde auf der Informationsveranstaltung des Vereins „Bürger setzen Grenzen“ kritisiert: Zum einen sei ein Tunnel auf Länge der gesamten Ortschaft und nicht nur auf einem Drittel wünschenswert gewesen. Zum anderen sei er aber „für das Ortsbild eine Katastrophe“. Und gleichzeitig fordert der Verein „Einhausungen und Grünbrücken, wo es für die Ortsentwicklung und die Landwirtschaft notwendig ist“.
Nicht erwähnt wurde auf der Informationsveranstaltung, dass die Idee der „grünen Brücke“ im Ergebnis eines jahrelangen, konstruktiven Planungsdialogs entstanden ist, an dem die Autobahn GmbH, die Bürgerinitiative „A8 für eine lebenswerte Zukunft an der Autobahn“ und die Gemeinde Frasdorf mitwirkten. Für die Bürger, die sich damals für Lösungen engagierten, ist es „ein Glück, dass Frasdorf diese Einhausung bekommen hat“, betonte Gemeinderätin Christine Domek-Russwurm bereits in der Frasdorfer Bürgerversammlung im September. Und Autobahn-Sprecher Seebacher machte damals klar: „Das ist etwas Einmaliges.“
Über diesen Tunnel sollen später übrigens auch die derzeit unterführte Gemeindeverbindungsstraße Stockach-Frasdorf und eine Fußwegquerung gehen. Auch ein Flucht- und ein Betriebsweg, der zugleich als Geh- und Radweg Richtung Ginnerting genutzt werden kann, soll entstehen.
Kommt der Aushub in die Kohlegruben?
Ein Problem sind nach Ansicht des Vereins „Bürger setzen Grenzen“ auch die riesigen Erdbewegungen und der „Aushub kontaminierten Materials, das dann in ostdeutsche Kohlegruben“ gefahren werde, wie Josef Stein während des Infoabends erklärte. Unerwähnt blieben die Planungen, die bereits in der Frasdorfer Bürgerversammlung im September vorgestellt wurden. Autobahn-Sprecher Josef Seebacher hatte erläutert, dass die Erdmassen, die beim Aushub anfallen, im Bereich zwischen Stelzenberg und Stockach zwischengelagert, beprobt und schließlich für den Lärmschutz aufbereitet und wieder verbaut werden sollen.
Der Lärmschutz sei kein Argument für einen sechsstreifigen und gegen einen 4+2-Ausbau, so Marlis Neuhierl-Huber, die Vorsitzende des Vereins „Bürger setzen Grenzen“. Und wenn die Gesetze dafür aktuell nicht ausreichten, müssten sie verändert werden, betonte Bergens Bürgermeister Stefan Schneider, der die Veranstaltung moderierte. Mit dieser Forderung, so die Botschaft des Abends, sollten die Bürger an die Politiker herantreten.
Welche Gesetze den Lärmschutz regeln
Doch um welche Gesetze geht es eigentlich? Das wurde am Infoabend zwar nicht erläutert, doch die Autobahn GmbH gibt Auskunft: „Der Schutz vor Verkehrslärm ist im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und der Verkehrswege-Schallschutzverordnung (24. BImSchV) gesetzlich geregelt“, informiert Josef Seebacher. Dabei werde beim Schutz vor Verkehrslärm zwischen „Lärmvorsorge“ und „Lärmsanierung“ unterschieden.
Nach der aktuellen Gesetzeslage gebe es eine „Lärmvorsorge“ beim „Neubau oder bei einer wesentlichen Änderung von Straßen“. Dabei wird eine „Vorsorge gegen den Verkehrslärm getroffen, der als Folge der Baumaßnahme für die Zukunft prognostiziert ist“. Um eine „Änderung“ einer Straße handelt es sich wiederum nur dann, wenn „eine Straße um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird“. Die Kosten für Lärmvorsorge sind Bestandteil der Baukosten.
Kein Rechtsanspruch auf Lärmsanierung
Bei der „Lärmsanierung“ wiederum handelt es sich um den Lärmschutz an bestehenden Bundesfernstraßen. Dieser erfolgt nur, wenn die gesetzlichen Grenzen der Lärmbelastung überschritten werden. Zudem ist das Lärmsanierungsprogramm eine freiwillige Maßnahme des Bundes. Ein Rechtsanspruch existiert nicht. Für die A8 zwischen Achenmühle und Bernauer Berg bedeutet das: Bei einem „4+2-Ausbau“ wäre eine „Lärmvorsorge“ nach aktueller Gesetzeslage nicht möglich und die Finanzierung des Lärmschutzes als freiwillige Leistung fraglich. „Hinzu kommt, dass bei einer Lärmsanierung die rechtlichen Grundlagen für den Erwerb von Grundstücken für Lärmschutzvorrichtungen fehlen“, erläutert Autobahn-Sprecher Seebacher.
