Ermittlungen dauern an
Ekel-Stall in Rimsting: Zehn Kontrollen und eine Katastrophe
Während die Staatsanwaltschaft Traunstein weiter ermittelt, kommen weitere Einzelheiten über den Hintergrund der katastrophalen Zustände im Ekel-Stall von Rimsting ans Licht. Offenbar förderten mehrere Kontrollen schon zuvor Probleme zu Tage.
Rimsting – Der Landwirt von Rimsting, in dessen Stall 33 Rinder verendeten und Dutzende weitere vernachlässigt wurden, steckte offenbar schon länger in Problemen. Seit Anfang 2018 wurde er gut zehn Mal von Kontrolleuren aufgesucht. Nach Angaben des Landratsamtes Rosenheim war der Hof zuletzt im Juli 2022 kontrolliert worden.
Kontrolleure prüfen einen Betrieb in der Regel aus drei Gründen: um die Ausbreitung von Tierseuchen zu unterbinden und aus Sorge im Lebensmittelsicherheit und Tierschutz. Dabei beschränkt sich ein Veterinäramt grundsätzlich auf zwei Kontrollarten. Die Anlasskontrolle wird notwendig, wenn es Informationen zu Problemen oder Mängeln gibt. Bei der sogenannten Monitoringkontrolle geht es darum, ob ein Betrieb veterinärrechtliche Vorschriften einhält.
Mängel bei der Milch: Bauer erhielt eine Sperre
Im Juli 2022 waren es Informationen über Mängel gewesen, die ein Milchlieferverbot nach sich gezogen hatten. Ein solches Milchlieferverbot wird ausgesprochen, wenn bei Proben eine gewisse Anzahl von Keimen oder Zellen pro Milliliter Milch festgestellt wird. „Ein Milchlieferverbot wegen erhöhter Zellzahlen kann verschiedene Gründe haben. Möglich wären unter anderem eine falsch eingestellte Melkmaschine oder Entzündungen im Euter“, teilt Landratsamtssprecher Michael Fischer mit.
Ein Verbot wird nicht aus heiterem Himmel ausgesprochen. Für die Zahl der Keime wird ein geometrisches Zweimonatsmittel genommen, für die Zellanzahl sogar ein Dreimonatsmittel. Wenn Proben aus einem Betrieb die Höchstgrenze überschreiten und der Produzent nicht innerhalb von drei Monaten Abhilfe schafft, tritt laut EU-Durchführungsverordnung das Verbot in Kraft. Die Kontrollen nimmt der Milchprüfring vor, er benachrichtigt auch Landratsamt und Molkerei.
Bauernhof wurde mindestens zehnmal in fünf Jahren kontrolliert
Daraufhin kontrollierte das Veterinäramt am Landratsamt Rosenheim. Und erfuhr, dass der Landwirt nicht mehr an eine Molkerei liefern wollte. Daher sei auch die Milchkammer nicht in Betrieb gewesen. Der Landwirt gab an, die Milch an die Kälber zu verfüttern und zum Mästen weiterzuverkaufen.
Es war nicht die erste amtliche Kontrolle des Hofs am Rande Rimstings gewesen. Wie das Landratsamt mitteilt, weiß das Veterinäramt Rosenheim von zehn Kontrollen des landwirtschaftlichen Betriebes zwischen Januar 2018 bis Juli 2022. Sieben dieser Termine seien zuvor nicht angekündigt worden. Es könnten sogar noch mehr Kontrollen durchgeführt worden sein. „Da nicht nur das Veterinäramt kontrolliert, sondern auch andere Stellen wie das Amt für Landwirtschaft oder der Milchprüfring, könnte die Zahl der Kontrollen noch höher sein“, sagt Michael Fischer. Weder das Amt für Landwirtschaft noch der Milchprüfring waren am Freitag, 26. Mai, für Anfragen des OVB zu erreichen.
Unklar bleibt: Wer ordnet die Kontrollen an?
Weiterhin ist nicht klar, wer die Kontrollen eigentlich anordnet. Bestimmt würden die zu prüfenden Betriebe vom bayerischen Landwirtschaftsministerium, hieß es dazu aus dem Landratsamt. Das Ministerium von Michaela Kaniber (CSU) sieht allerdings die Verantwortung beim Landratsamt und bei Umweltminister Thorsten Glauber (FW). „Die Auswahl der nach Veterinärrecht zu kontrollierenden Betriebe sowie die Durchführung der Kontrollen obliegt grundsätzlich der jeweils zuständigen Veterinärbehörde“, heißt es dazu aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium. „Darüber hinaus erfolgt für bestimmte Veterinärkontrollen eine bayernweite zentrale Auswahl der zu kontrollierenden Betriebe durch das Bayerische Umweltministerium.“
Bei früheren Problemen hatte der Landwirt gut reagiert
Schon vor Juli 2022 hatten die Prüfer Mängel registriert. Seinerzeit reagierte der Landwirt. Bei einer Kontrolle im April 2021 hatten die Mitarbeiter des Amtes einen verschmutzten Laufgang im Laufstall vorgefunden. Grund war ein verstopfter Güllekanal. Dadurch stand die Gülle in diesem Bereich etwa zehn Zentimeter hoch. Der Landwirt behob den Mangel und wies die Reparatur durch Fotos nach. „Bei einer unangekündigten Nachkontrolle im Juli 2021 standen die Rinder in einem sauberen Laufstall, und alle Kälber waren sehr gut eingestreut“, berichtet Michael Fischer.
Offenbar führten unter anderem finanzielle Probleme dazu, dass dem Bauer danach die Kontrolle mehr und mehr entglitt. Am 16. Mai kontrollierte das Veterinäramt nach einem Hinweis der Polizei den Stall erneut – und fand katastrophale Verhältnisse vor. Die Gülle soll nach Augenzeugenberichten den Tieren teilweise bis zum Hals gestanden haben. Im Dreck fanden die Mitarbeiter des Veterinäramtes 33 Kadaver, in unterschiedlichen Stadien der Verwesung, teilweise von Ratten angenagt. 96 Tiere lebten noch, 93 von ihnen wurden in einen Notstall in Penzing (Landkreis Landsberg) gebracht.
Die Staatsanwaltschaft hat alle Hände voll zu tun
Am Montag, 22. Mai, hatte die Staatsanwaltschaft Traunstein das Anwesen durchsuchen lassen. Die Ermittler nahmen Unterlagen mit. Es handle sich um Unterlagen in beträchtlichem Umfang, teile Oberstaatsanwalt Dr. Rainer Vietze auf Anfragen des OVB mit. „Die Ermittlungen werden sicherlich Wochen, wenn nicht Monate benötigen.“