Es wäre ein Novum in der Ortsgeschichte
„Stoppt den Solarpark in Perfall“: Kommt es in Eiselfing zum Bürgerentscheid?
Zum ersten Mal in der Geschichte steuert Eiselfing auf einen Bürgerentscheid zu. Monika Attenberger hat 373 Unterschriften gegen den geplanten Solarpark in Perfall gesammelt. Diese Hürden muss ihr Protest noch nehmen. Warum er ein Spannungsfeld widerspiegelt, das spaltet.
Eiselfing – Ludwig Senft, der Monika Attenberger bei der Sammlung der Unterschriften unterstützt hat, übergab diese im Rathaus an Bürgermeister Georg Reinthaler. Nach dessen Angaben wird die Verwaltung nun prüfen, ob alle, die unterzeichnet haben, auch wirklich ihren Hauptwohnsitz in Eiselfing haben. Die Unterschriften – notwendig ist ein Quorum von zehn Prozent der stimmberechtigten Wähler – werden angesichts der Anzahl wohl ausreichen. „Ich gehe davon aus, dass es genügend sind“, sagt Reinthaler, denn im Dorf leben etwa 3.000 Bürgerinnen und Bürger.
„Novum für uns“
„Es ist ein Novum für uns“, betont der Rathauschef. Deshalb werde er die eingereichten Unterlagen zur Prüfung an die Rechtsaufsicht beim Landratsamt Rosenheim schicken. Die Behörde werde nachschauen, ob die Bürgerinitiative alle Formalitäten richtig eingehalten habe. Wenn ja, muss sich der Gemeinderat damit befassen und innerhalb eines Monats das Thema auf die Tagesordnung setzen, so Reinthaler zum Prozedere weiter. Das wäre dann vermutlich in der Sitzung am Dienstag, 4. Juli.
„Demokratisches Recht“
Das Gremium habe zwei mögliche Vorgehensweisen: Es könne sich dem Bürgerbegehren anschließen, das fordere, alle rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung der Freiflächen-Photovoltaikanlage in Aham auszuschöpfen und das dafür bereits begonnene Bebauungsplanverfahren einzustellen. Dann wäre der Bürgerentscheid vom Tisch. Da es jedoch stets eine große Mehrheit für das Vorhaben gegeben habe – zuletzt mit 16 Ja- bei nur einer Gegenstimme – ist es wahrscheinlicher, dass der Gemeinderat den gewünschten Bürgerentscheid durchführt.
Dann entscheiden die wahlberechtigten Eiselfinger, ob sie sich der Argumentation von Attenberger und Senft anschließen oder nicht. „Meine persönliche Meinung zu dem Projekt wird sich nicht ändern“, sagt der Bürgermeister. Er ist ein erklärter Verfechter des Vorhabens. Eine paradoxe Situation für Reinthaler als grüner Rathauschef: Ausgerechnet er, der vor Ort die Energiewende voranbringen möchte, wird – vorerst – durch ein Bürgerbegehren ausgebremst. Doch Reinthaler legt Wert darauf, es sachlich zu sehen. „Es ist das demokratische Recht der Kritiker, ein Bürgerbegehren einzureichen.“
Sollte der Gemeinderat es als zulässig anerkennen, müsste nach dem entsprechenden Beschluss innerhalb von drei Monaten der Entscheid stattfinden. Er käme dem Termin der Landtagswahl am 8. Oktober ziemlich nahe. Im optimalen Fall könnte Eiselfing beides zusammenlegen, so Reinthaler.
Warnung vor einer „Industrialisierung“ der Landschaft
Eiselfing befindet sich in guter Gesellschaft: Auch im 1.500-Einwohner-Ort Wallgau haben Kritiker einer dort geplanten Freiflächenanlage das Quorum erreicht, in Michelfeld setzte eine Bürgerinitiative sogar vor dem Verwaltungsgericht durch, das ein vom Stadtrat abgelehntes Bürgerbegehren doch zugelassen wird. Die Haupt-Argumente gegen einen Solarpark sind auch in Eiselfing ähnlich. Die Gegner befürchten störende Eingriffe in die Kulturlandschaft.
Hauptbetroffene: Monika Attenberger, eine direkte Anliegerin der geplante Anlage. Sie ist in ihren Augen nicht naturverträglich. Senft warnt vor einer drohenden „Industrialisierung“ der gewachsenen Kulturlandschaft. Die beiden hatten sich gemeinsam mit zwei weiteren Mitstreitern zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Wochen aufgemacht, Unterschriften zu sammeln – beim ersten Mal waren es etwa 250, die aufzeigen sollten, dass es Gegenwind gibt, beim zweiten Mal nun 373 für einen Bürgerentscheid.
2,2 Hektar sollen in Perfall für den Solarpark genutzt werden – auf einer Ackerfläche, die von einem örtlichen Landwirt gepachtet worden ist. Was ist wichtiger? Die Produktion von Energie (Strom) oder von Lebensmitteln. Auch um diese Grundsatzfrage geht es bei dem eingereichten Bürgerbegehren. Der Kreisvorsitzende der Bauern, Josef Andres aus Pfaffing, fordert beispielsweise, zuerst alle Dachflächen zu nutzen oder nicht so wertvolles Gelände etwa entlang von Autobahnen oder Bundesstraßen. In Eiselfing soll die aufzugebende Ackerfläche an anderer Stelle neu ausgewiesen werden.
Beitrag für die Energiewende vor Ort
In Eiselfing hatte der Gemeinderat bereits viele Einwendungen bei der ersten Anhörung im Bebauungsplanverfahren zu bewerten. Doch es gibt auch Befürworter: Interessenten, die sich laut Reinthaler finanziell am Vorhaben beteiligen wollen. Es ist auch als Projekt mit Bürgerbeteiligung geplant. Die Antragstellerin, Grundeigentümerin Andrea Aicher, möchte damit die Energiewende vor Ort voranbringen. Eiselfing soll einen Beitrag leisten, so sieht es auch der Gemeinderat, der sich in vielen Beratungen intensiv mit der Thematik beschäftigt und zahlreiche Auflagen zur Höhe der Module, zum ökologischen Ausgleich und zur Eingrünung entwickelt hat.