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Inferno am 1. Mai 1874

Stadtbrand vor 150 Jahren: Das Inferno, das Wasserburg für immer veränderte

Das Rathaus am Marienplatz in Wasserburg: Nur durch die Abstützung mit gewaltigen Balken konnte die Fassade des Rathauses nach dem Brand gesichert werden.
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Das Rathaus am Marienplatz in Wasserburg: Nur durch die Abstützung mit gewaltigen Balken konnte die Fassade des Rathauses nach dem Brand gesichert werden.

In Schutt und Asche: 150 Jahre ist es her, dass ein Inferno in Wasserburg ausgebrochen ist. Bei dem Großfeuer gingen 38 Dachfirste und 26 Wohnhäuser in Flammen auf. Ein Rückblick auf den 1. Mai 1874, der das Stadtbild für immer veränderte.

Wasserburg – Am Fronleichnamstag im vergangenen Jahr, am 8. Juni, ist Wasserburg nur um Haaresbreite an einem Stadtbrand vorüber geschrammt. Am 1. Mai 1874 sah es leider anders aus. Vor 150 Jahren gingen um den Marienplatz herum 38 Dachfirste in Flammen auf, dabei wurden 26 Wohnhäuser in Schutt und Asche gelegt. Es war ein Inferno. Ein Rückblick zum 150. Jahrtag.

Es muss ein schöner und lauer Frühlingstag gewesen sein, dieser 1. Mai 1874. Doch dann verfinsterte sich die Szenerie. Es ging rasend schnell. Im Obergeschoss des westlichen Abschnitts des Rathauses breitete sich mittags Feuer aus. Rasch griff es auf das gesamte Gebäude über, auch auf das der Herrengasse zugewandte Rückgebäude und damit auf das Feuerwehrdomizil, das damalige „Feuerlösch-Requisitenhaus“. Wortwörtlich in „Windeseile“ trug der stramme Wind den Funkenflug nach Osten, setzte die ausgedörrte Schindelbedachung des Tränktores am Ende der Gasse in Flammen und damit gab es nun auch eine zweite, rund 150 Meter vom Brandausbruch entfernte Brandstelle. Somit stand dem Inferno nichts mehr im Wege. In der Bevölkerung brach Panik aus.

Nicht mehr wiederzuerkennen war das vormalige Tränktor nach der Brandbeschädigung.

Rückläufig, gegen das lodernde Tränktor, griffen die Flammen westwärts auf die links- und rechtsstehende Bebauung der Tränkgasse über. Nach einer Viertelstunde stand die ganze Zeile in Vollbrand. Und weiter ging es. Bald loderte nordwestlich der Magazinbau des Fletzingerbräus, dann das Haus des Bäckermeisters Hasenthaler am Marienplatz (heute Tränkgasse 1) sowie Teile der Marienapotheke und des Stadtboten Spitzweg (heute Marienplatz 1a). Auch in der Salzsenderzeile brannte es nun Richtung Norden. Von der Tränkgasse reichten die Flammen bald bis zum oberen Marienplatz, sogar bis westlich des „Kernhauses“.

Der damalige große Saal des Rathauses war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Raub der Flammen. Es gab nichts mehr zu retten. Unerbittlich. Von Glück konnte man dabei nur sprechen, dass sich lediglich acht Jahre davor die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Wasserburg gegründet hatte. Letzteres war schon fast eine Fügung Gottes.

Ein Teil des Schadensausmaßes wurde in der Tränkgasse deutlich, dahinter das ausgebrannte Tränktor.

Damit stand erstmalig eine organisierte, strukturierte und vor allen Dingen schlagkräftige Einheit zum Einsatz bereit. Einen effektiven Brandschutz gab es davor nicht. Nicht zuletzt auf Drängen der Feuerwehrführung hatte die Stadtverwaltung ab 1866 eine hinreichende Ausrüstung beschafft, sodass letztendlich auch das notwendige Handwerkszeug für eine effiziente Brandbekämpfung zur Verfügung stand. Die engagierten Übungen der Feuerwehrleute taten das Übrige hinzu.

Feuerwehren eilten aus allen Himmelsrichtungen herbei

In den nächsten Stunden nach dem Brandausbruch eilten aus allen Himmelsrichtungen die Feuerwehren herbei. Unterstützung bekamen die Wasserburger aus München, aus Rosenheim, Altötting, Ebersberg, Dorfen, Traunstein, Prien, Brannenburg, Kolbermoor, Trostberg, Grafing, Albaching, Albertaich, Altenmarkt, Amerang, Aßling, Attel, Edling, Endorf, Gars, Griesstätt, Großkarolinenfeld, Haag, Isen, Kraiburg, Ostermünchen, Pang, Pfaffing, Prutting, Rechtmehring, Rimsting, Rott, Schnaitsee, Schonstett, St. Wolfgang und Wang. Man stelle sich nur die Beschwerlichkeit dieses Anmarschweges vor: teils unbefestigte Sandstraßen und von Pferden gezogene schwergewichtige Löschkarren. Eine Heldentat!

Auch heute noch erinnert die Inschrift am Stadtturm an der Frauenkirche an den Dank der Wasserburger vor der Feuersbrunst.

Es muss ein Auflauf gewesen sein, den man sich heutzutage nur mehr schwerlich so vorstellen kann. Und jeder nur halbwegs in der Einsatzleitung bewanderte Feuerwehrmann dürfte selbst auch jetzt noch seinen Hut davor ziehen, wie es den damaligen Verantwortlichen gelang, diese „Herkules-Aufgabe“ zu meistern. Alleine schon die Herstellung der Löschwasserversorgung sowie die Koordinierung der Kräfte. Insbesondere auch, um die „Kräfte“ mit Bier und Nahrung zu versorgen. Letztendlich waren 46 Feuerwehren im Einsatz, die hiesige kam noch dazu. Nach 24 Stunden war der Brand weitestgehend unter Kontrolle. Dank auch der tatkräftigen Mithilfe der Bürgerschaft.

Insgesamt stand man vor einem rauchenden Trümmerhaufen. Frei stehende Giebel und Mauerreste drohten einzustürzen. Schon an ein Wunder grenzte es, dass zwei Häuser in der Tränkgasse, die angrenzenden Salzstädel sowie das Kern- und Kosak-Haus am Marienplatz inmitten der Feuerwalze gerettet werden konnten. Bei dieser Heldenaktion hatten sich speziell die Feuerwehren aus Ebersberg, Edling und die Stadtfeuerwehr selbst höchsten Ruhm erworben.

Ursache ungeklärt

Dennoch: Ungeklärt ist bis heute die Entstehungsursache des Feuers. Gemunkelt wurde viel. In der Folge galt es, baldmöglichst wieder zur Normalität zurückzukehren. Es gab Unterstützung weit um. Aus Ingolstadt kamen vom Kriegsministerium 33 Pioniere, welche unter Beihilfe aus Stadt und Land um die Wiederherstellung der Ordnung besorgt waren. Die Staatsregierung sprach den Helfenden ihre Anerkennung aus. Und gleich so war auch die Einwohnerschaft „in höchster Dankbarkeit“ um die Unterstützung.

Eine nachhaltige Veränderung im Stadtbild hatte sich einhergehend lediglich mit dem Abriss des Tränktores ergeben. Aber darüber war man nicht sonderlich traurig. Es war im Laufe der Jahrzehnte zum Verkehrshindernis geworden. Alle übrigen Häuser wurden wieder aufgebaut, wenngleich auch mit veränderter Gestaltung.

Bericht über den Brand von David Sarreiter senior

Der Redaktion liegt ein Bericht über den Brand vom 1. Mai 1874 von David Sarreiter senior vor. Er schrieb Folgendes: „Am vergangenen Sonntag den 3ten dß kam Hr. Steinbrecher zu uns u. wir fuhren zu Mittag nach Wasserburg, um das unerwartete Schicksal des Brandes einzusehen u. den Hr. Schwager etc. zu besuchen, selbe können es für das größte Glück halten, daß sie von diesem Brand verschont geblieben, denn bei so großem Brande u. Hitze wie da vom Rathaus herüber gekommen sein mag, wäre es kein Wunder gewesen, wenn so ein Grabendach wie bei Lesche - Leb u. Schindl - in Flammen gekommen wäre, vorzüglich ein Legschindeldach, wäre nicht das Enzinger Haus viell höher u. massiv mit Platten etc. eingedeckt gewesen, dann wäre alles verloren gewesen der ganzen Reihe hin bis gegen das Schulhaus; denn nach den Telegraphen hieß es so schon immer, daß es schon beim Denninger brenne in dem nächsten Gaßl gegen das Schulhaus; auch wurde anstatt Flötzinger meistens Enzinger gelesen, jedoch aber brannte der Thurm des Trenkthores schon bei Zeiten u. das Gebäude links vom Thorbogen, wo man zum Geigenberger geht, auf ca. 160´ l ab, was auch für den Geigenberger hätte gefährlich werden können; inzwischen brannte es auch in dem Schlupfwinkel des Flötzinger Bräuers hinter der Stadtmauer hinauf über 200´ l. Ferners kam durch den Rathausbrand das Schüßleder Gasthaus in Brand u. hinunterwärts gegen das Bezirksgericht u. Breitmacher, welcher bereits wegen feuerfesten Dache überhupft wurde, hinunter bis zum Tränkthor in einem fort. Auch rechts vom Rathause traf es den Spitzweck, Apotheke Schmid etc.etc.

Dann wieder unter den Bögen bis zum Enzinger Bräu. Der Nordwind hat diese Seite arg mitgenommen. David mit der Ebersberger Feuerwehr kam nach 1/2 4 Uhr hinunter, u. als er sah, daß das Lesche Haus verschont geblieben, zog er sich mit seinen Leuten und Spritzen in die Tränkgasse und rettete hier Haus Nr. 3 rechts unterhalb des Breitenmacher, so daß selbe gar nicht mehr auszuräumen brauchten, zwar das kleinste Haus in dieser Gasse. Der Brand vom 1. Mai soll durch Unvorsichtigkeit ausgekommen sein, was sich vielleicht später herausstellen möchte.

Auf Jedenfall ist entweder ein Kaminbrand oder mangelhafte Aufsicht beim Kochen zwischen 11 - 12 Uhr die Ursache gewesen. Auch haben solche Bewohner meistens viell dürres Holz, dann auch Petroleum etc. im Hause, was insoferne immer gefährlich ist. Auch muß dieses Feuer im Anfange übersehen worden sein. Schade nur der so schön dekorirte Rathaussaal, wie der vorherige Bürgermeister Schweighart sagte, daß die Perle von Wasserburg zu Grunde gegangen sei, schon über 600 Jahre alt.“

Anmerkung der Redaktion: Das Schreiben wurde in Sütterlinschrift verfasst (siehe Bild) und von Otmar Moser, Archiv-Verwalter der Feuerwehr Wasserburg, übersetzt.

Bericht über den Brand vom 1. Mai 1874 von David Sarreiter senior.

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