Gefährliche Übergänge an den Bahngleisen
Sieben Bahn-Tote in Soyen: Warum Helmut Grundner die Fälle so nahe gehen – was er fordert
Sieben Menschen haben bereits an den Soyener Bahnübergängen ihr Leben gelassen. Warum Helmut Grundner die Gefahren nicht länger hinnehmen will und was er fordert.
Soyen – Sein Leben lang begleiten Helmut Grundner und seine Familie schon die tragischen Zugunglücke an den Soyener Bahnübergängen. Auf elf Kilometern Gleisstrecke, die die Gemeinde quasi durchschneidet, gibt es acht Übergänge und zwei Umlaufsperren. Sieben Bahntote hat die Gemeinde Soyen bisher zu verzeichnen – eine traurige Bilanz. Das findet auch Grundner, der sich als Ortsvorsitzender der CSU Soyen dafür einsetzt, dass die Unfälle endlich ein Ende haben.
Überführung in Mühlthal errichtet
Am Bahnübergang in Mühlthal wurde eine Überführung errichtet, unter anderem auch durch Zutun der beiden Altbürgermeister, Lorenz Kebinger und Karl Fischberger. Den Stein ins Rollen brachte der Zusammenstoß eines Milchtankwagens mit einem Zug im Mai 2007. Der Lkw-Fahrer kam dabei ums Leben. An diesen Unfall erinnert sich auch Grundner noch gut: „Ich war vermutlich einer der Letzten, der den Tankwagen gesehen hat. Er ist mir noch entgegengekommen“, berichtet er. Damals ein großer Schock für den heutigen CSU-Ortsvorsitzenden.
„Auch die Unfälle von 1969 mit einem furchtbar zerquetschten VW Käfer und der tragische Unfall einer Fahranfängerin 1980 in Hörgen sind immer noch vielen Gemeindebürgern im Gedächtnis“, weiß der Soyener. Im selben Jahr, in dem der Zusammenstoß mit der Fahranfängerin geschah, verunglückte ein weiterer Pkw bei Hörgen. „Eine 32-jährige Frau aus München übersah das Blinklicht. Sie selbst überlebte schwer verletzt. Ihre Beifahrerin, eine junge Mutter aus München, starb. Die beiden Töchter, damals ein- und dreieinhalb Jahre alt, überlebten schwer verletzt“, berichtet Grundner.
Materialsammlung übergeben
Berichte über all diese Fälle hat er im Wasserburger Stadtarchiv selbst zusammengesucht. Die älteren Artikel bis 1980 konnte er nicht akquirieren, da diese gerade digitalisiert würden. Die gesamte Materialsammlung hat der CSU-Vorsitzende an Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig übergeben.
Darunter auch der Fall des 34-jährigen Zahnarztes, der 2016 bei einem Zusammenstoß mit dem Zug am Bahngleis in Hörgen verstarb. Der Unfall rief ein großes, mediales Echo hervor. Die Wasserburger Zeitung titelte damals: „Isen unter Schock: Zahnarzt (34) stirbt bei Zugunglück.“ In diesem Artikel äußerte sich auch Fischberger mit deutlichen Worten: „Der Unfall hätte verhindert werden können!“ Es dauerte insgesamt 13 Jahre, bis in Mühlthal und Hörgen die Brücke als Ersatz für die beiden Bahnübergänge gebaut wurde. Im November 2020 wurde sie in Betrieb genommen, dann schon unter Bürgermeister Thomas Weber, wie Fischberger im Gespräch mit der Redaktion im Juni 2023 berichtete.
Doch damit ist in Soyen das Problem rund um die unbeschrankten Bahnübergänge nicht gelöst. Am 19. November 2022 verunglückte ein 52-jähriger Soyener am Bahnübergang in Seeburg tödlich. Auch er war ein Bekannter von Grundner. „Es ist sehr traurig. Mich und meine Familie beschäftigen diese Fälle schon unser ganzes Leben“, bedauert er. Der CSU-Vorsitzende will dem endlich ein Ende bereiten. Das Problem: In Seeburg sei die Beschrankung des Bahnübergangs genehmigt, genau wie in Buchsee. „Laut Bahn hängt aber auch der Bahnübergang Grasweg daran. Heißt: Es werden alle umgebaut oder keiner“, erklärt er das Vorgehen des Unternehmens.
Grundner schlägt vor, die Übergange in Buchsee, Grasweg und Seeburg mit Halbschranken zu versehen. Dieser Umbau sei wesentlich leichter durchzuführen, meint er. So könnte auch noch ein weiteres Problem gelöst werden: „Obwohl der Zug oft durch Soyen fährt, hält er nur alle zwei Stunden. Das liegt am straff getakteten Zeitplan, den er einhalten muss“, weiß der 43-Jährige. Durch die Halbschranken könne die Bahn schneller fahren und somit öfter im Ort anhalten, wenigstens einmal in der Stunde. „Das wäre ein großer Gewinn für die Bürger: mehr Sicherheit und eine bessere Anbindung an den ÖPNV“, ist der CSU-Ortsvorsitzende überzeugt.
„Runder Tisch“ zum Thema Schienenverkehr
Soyens Bürgermeister Thomas Weber berichtet auf Anfrage, dass im Landratsamt jüngst ein „Runder Tisch“ zum Thema Schienenverkehr stattgefunden habe. Dort haben laut Weber Vertreter der Deutschen Bahn, die Bürgermeister des Landkreises Rosenheim sowie der Oberbürgermeister von Rosenheim und der Landrat teilgenommen.
Die Deutsche Bahn InfraGO München habe ihre Pläne zur Verbesserung der Betriebsqualität auf den Strecken vorgestellt sowie einen Ausblick auf die Baumaßnahmen im Landkreis. Bei dieser Gelegenheit hat Weber nach eigenen Angaben die Gelegenheit genutzt, um erneut die Sachlage rund um die Bahnübergänge in Soyen anzusprechen.
Im Herbst 2024 habe der Rathauschef auch darauf hingewiesen, die seit Jahren angekündigte Bahnsteigerhöhung am Haltepunkt in Soyen noch im Zeitraum der Maßnahmen rund um die Dorferneuerung, beziehungsweise der Gestaltung des Park & Ride-Parkplatzes in der Kommune in Angriff zu nehmen. Ziel sei ein barrierefreier Ein- und Ausstieg, so der Bürgermeister. Gleiches gelte für die stetige Nachfrage, auch in Soyen, einen Stundentakt zu ermöglichen.
Ernüchternde Nachricht für Weber: Frühestens Ende 2026 soll die Maßnahme zur Erhöhung der Bahnsteige angegangen werden. Auch die Einführung des Stundentakts sehe die Bahn kritisch. Die damit verbundene Fahrzeitverlängerung gefährde das Erreichen der Anschlusszüge, habe das Unternehmen am „Runden Tisch“ erklärt.
Ein weiterer Punkt: der Ausbau der Bahnübergänge in Seeburg, Buchsee und Grasweg. Das Verfahren verzögere sich, auch wegen des Planrechtsverfahrens, so der Bürgermeister. „Es spielen viele Faktoren mit rein, es ist langwierig“, weiß Weber. „Wir sind weiter dran, aber so schnell wird es nichts“, sagt er. Ein weiteres Problem, das der Bürgermeister sieht: Die Kommune zahlt nicht mit, hat also wenig Einfluss. „Bahn und Bund übernehmen die Kosten. Somit sind uns in gewisser Weise auch die Hände gebunden. Wir können nur immer wieder verdeutlichen, dass der Umbau nötig ist – und weiter dranbleiben“, betont er.



