Spektakuläre Entdeckung exklusiv begleitet
„Schatz“ aus der Kirchen-Sakristei: Der Krimi um das tiefrote Madonnenkleid von Gstadt
In der Gstadter Kirche wurde beim Ausmisten eine außergewöhnliche Entdeckung gemacht. Die spannende Geschichte im Detail - und was jetzt mit dem „Schatz“ passieren soll.
Gstadt - Ein Madonnenkleid und ein Kleid für das Jesuskind - was auf den ersten Blick als verstaubtes Kleinod anmutet, ist tatsächlich sehr wertvoll. Und sehr alt, aus dem 18. Jahrhundert. Was es mit den weiteren Fundstücken, Kronen, Gewändern und einer modernen Figurine mit historischem Kopf auf sich hat, haben zwei Vertreterinnen des Ressorts Bauwesen und Kunst vom Erzbischöflichen Ordinariat München und eine Textilrestauratorin im Breitbrunner Pfarrheim zusammen mit dem Ortsheimatpfleger Franz Burghardt (84) versucht zu klären.
Fund in der oberen Sakristei
Ausgangspunkt war, das Inventar der Gstadter Kirche zu überarbeiten, eine Aufgabe, die Burghardt mit Unterstützung von Fachreferentin Stephanie Hübner angenommen hat. Zuvor hatte er schon die Pfarrarchive in Breitbrunn und Eggstätt auf Vordermann gebracht. Beim gemeinsamen Stöbern und Ausmisten des Bestands von St. Petrus entdeckten sie in der oberen Sakristei einen größeren verstaubten, nach innen eingeschlagenen Samtstoff. Erstaunt rollten die Finder das Textil aus tiefrotem Seidensamt als Madonnenkleid aus. Im Ärmel befand sich noch dazu ein kleineres, für ein Jesuskind zugeschnittenes seidensamtiges Gewand.
Das Madonnenkleid von Gstadt




Beide aufwändig mit Goldstickerei und mit Pailletten und an den Ärmeln und am Kragen mit goldener Bordüre und geklöppelter Spitze verziert. Für die Bauschigkeit des Rocks sorgt ein Fischknochen. „Im Prinzip ist alles noch gut erhalten,“ bestätigt Textilrestauratorin Monika Kager. Vorsichtig dreht und wendet sie die Kleider. „Das kann man wieder herrichten.“
Eine Marienfigur - gekittet am Halsansatz
Aber wer hat diese Kleider getragen? Aufschluss gibt eine hölzerne, knapp ein Meter hohe Marienfigur. Diese ist heute mit einem neuen, schön gearbeiteten Kleid aus rotem Samtstoff ausgestattet: „Die hat die damalige Mesnerin von Eggstätt in den 60er Jahren genäht,“ weiß Burghardt. Entfernt man diese Kleider, so erkennt Restauratorin Regina Bauer-Empl deutlich, dass ein Marienkopf, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, auf einen einfachen neueren Holzkörper aufgesetzt wurde. Sie deutet auf die Spuren des gekitteten Halsansatzes.
Das Jesuskind ist stark überarbeitet und die Farbe blättert ab. Was ist da alles passiert? Ein Krimi könnte nicht spannender sein. Franz Burghardt zieht das Kirchenarchiv zu Rate. In Sütterlin-Schrift ist dort im Jahr 1899 verzeichnet: Eine eingekleidete Madonna, sehr morsch. Da eine Restaurierung der Skulptur damals nicht mehr möglich erschien, hat man vermutlich nur den Marienkopf und das Jesuskind aufbewahrt. Nach 1908 wurde eine neue Madonna nach dem alten Vorbild bei einem Bildhauer in Auftrag gegeben.
Aufzeichnungen über zwei Kronen
Im Pfarrarchiv verwahrt Herr Burghardt darüber hinaus noch zwei aufwändig mit Perlen, Glassteinen und Metallarbeiten verzierte Kronen aus dem 18. Jahrhundert, die restauriert werden müssten. Sie passen genau auf die historischen Köpfe. Was also tun? Bekleidete Marienskulpturen, deren Gewänder auch während des Kirchenjahres gewechselt wurden, kennen wir als Prozessionsfiguren oder als Ziel von Wallfahrten, wobei die Gläubigen vor dem Bildnis Gnade vor Gott erbitten, erzählt Fachreferentin Stephanie Hübner.
Ein Traum und ein Gewinn für die Pfarrei wäre es daher, das gesamte Gnadenbild mit dem alten Marienkopf, dem Christuskind, den historischen Kleidern und den wertvollen Kronen wieder herzustellen, sagen Hübner und Bauer-Empl unisono. Auch Franz Burghardt stimmt dem Vorschlag sofort zu: „Das ist unsere Kultur.“ Aber dafür muss man viel Geld in die Hand nehmen, mehr als ausschließlich für die Restaurierung des Gewands. Die allein kommt schon auf rund 3500 Euro, schätzt Monika Kager vorsichtig.
„Schatz gehört gewürdigt“
Jetzt sollen erst mal alle Kosten auf den Tisch. Und die neue Kirchenverwaltung muss sich einarbeiten. Dann werde er um Spenden werben, lässt Burghardt nicht locker. „Ein solcher Schatz gehört gewürdigt.“