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Landrat spricht Klartext

Muss „Rosi“ sterben? Elf Gemeinden und ihr teurer Rufbus

Der Rufbus „Rosi“ vor dem Eggstätter Rathaus.
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Noch rollt „Rosi“ auf Bestellung durch elf Gemeinden im Chiemgau.

„Rosi“ steht auf der Kippe. Das Rufbus-Projekt, das seit zwei Jahren in elf Chiemgau-Gemeinden läuft, hat ein 1,7-Millionen-Euro-Defizit eingefahren. Jetzt appelliert Landrat Otto Lederer an die Solidargemeinschaft.

Chiemgau – Seit Monaten beschäftigen sich die Gemeinderäte mit den zusätzlichen Kosten des On-Demand-Services „Rosi“. Doch nur wenige sagen Ja, denn bei der angespannten Haushaltslage können sie sich keine zusätzlichen Preistreiber leisten. Sie müssen erst einmal ihre Pflichtaufgaben finanzieren. Spielraum für eine Kür gibt es da kaum mehr.

Finanzielle Verantwortung liegt bei den Gemeinden

Am Montag (18. November) saßen die elf Bürgermeister wieder zusammen. Und Landrat Otto Lederer machte klar: „Rosi wurde ausschließlich im Interesse der beteiligten Gemeinden ins Leben gerufen. Sie ist keine Initiative des Landkreises, da sie sich auf einen kleineren Bereich des Landkreises beschränkt und kein allgemeines ÖPNV-Angebot darstellt. Auch die finanzielle Verantwortung liegt letztlich bei den Gemeinden, die die Leistungen erhalten.“

Das „erfolgreichste deutsche On-Demand-Angebot“?

Der Landkreis Rosenheim, so betont eine Sprecherin des Landratsamtes, stehe gemeinsam mit den beteiligten Gemeinden vor wichtigen Entscheidungen zur Zukunft des On-Demand-Verkehrs „Rosi“. Die Initiative, die ursprünglich im Interesse der Gemeinden ins Leben gerufen worden sei, habe sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Gemessen an Nachfrage und Auslastung sei „Rosi“ das „erfolgreichste deutsche On-Demand-Angebot“. Allerdings, so schränkt die Sprecherin des Landratsamtes ein, stelle die Finanzierung des Angebots die Gemeinden vor Herausforderungen.

Im April 2022 hatten alle noch gut Lachen: Am 1. Mai 2022 ging das neue Mobilitätsangebot an den Start. Seitdem bringen die „Rosi“-Shuttles die Fahrgäste nach Bedarf (On-Demand) und auf flexiblen Routen an ihr Ziel. Seitdem hat sich aber auch ein Defizit von 1,7 Millionen Euro angesammelt.

Jede Fahrt wird subventioniert

Die ursprünglich angesetzten Kosten seien aufgrund einer fünfmal höheren Nachfrage als erwartet stark gestiegen, erklärt das Landratsamt. Statt der geplanten 133.000 Kilometer werden jährlich über 600.000 Kilometer gefahren. Diese Entwicklung zeige den Erfolg des Projekts, gehe jedoch mit höheren Personal- und Betriebskosten einher. „On-Demand-Verkehre können nie wirtschaftlich im Sinne von kostendeckend betrieben werden“, betont das Landratsamt auf OVB-Anfrage: „Jede Fahrt muss von der öffentlichen Hand subventioniert werden. Mit steigender Nachfrage steigen zwangsläufig auch die Kosten.“

Der Landkreis könne das Defizit des On-Demand-Angebots nicht übernehmen, stellt die Sprecherin des Landratsamt klar. Eine Finanzierung über den Kreishaushalt würde alle Gemeinden des Landkreises belasten, also auch jene, die „Rosi“ nicht nutzen.

Wer will mit dem Rufbus fahren?

Aktuell ist die „Gemengelage“ kompliziert: Sechs der elf Gemeinden sind bereit, das ganze oder einen Teil des Defizits zu übernehmen: Aschau, Gstadt, Bernau, Frasdorf, Bad Endorf und Prien. Vier sind dagegen: Breitbrunn, Höslwang, Rimsting und Eggstätt. Eine – Samerberg – bleibt weiter unentschlossen. Das heißt: Momentan zahlen fünf Gemeinden vertragsgemäß den Anteil, der bei Projektstart vereinbart wurde. Doch die Mehrausgaben, die durch das Defizit entstanden sind, lehnen sie auf Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse ab.

In den nächsten Monaten, so das Landratsamt, seien alle elf beteiligten Gemeinden dazu aufgefordert, eine Entscheidung über ihre weitere Teilnahme am Projekt zu treffen. Grundlage hierfür seien detaillierte Rechenmodelle. Diese fordern die Bürgermeister schon seit langem. Doch auch am Montag (18. November) konnten sie ihnen wieder nicht präsentiert werden. Aber, so kündigt die Sprecherin des Landratsamtes an: „In den nächsten Wochen werden sie zur Verfügung gestellt.“

Fragen bleiben weiter unbeantwortet

Doch den fünf „widerspenstigen“ Gemeinden geht es um weitaus mehr als „haushalterische“ Probleme. Ihnen geht es auch um seit Monaten unbeantwortete Fragen. Beispielsweise diese: Wie weit darf ein Rufbus-Ticket subventioniert werden, ohne eine steuergeldbasierte Konkurrenz zu Taxiunternehmen aufzubauen? Wie ist die Altersstruktur der Fahrgäste, und wofür nutzen sie den Rufbus? Wird das Deutschlandticket angerechnet? Zudem müsse mit einem Blick auf das Ende des Pilotprojektes im Jahr 2028 kalkuliert werden, zu welchen Kosten „Rosi“ weiterrollt, wenn die Fördermittel des Freistaates Bayern versiegen.

Elf Gemeinden, eine Solidargemeinschaft

Kurzum: Es ist nach wie vor nicht geklärt, wie „Rosi“ künftig finanziert werden soll. Im Moment ist für das Landratsamt zumindest eines klar: „Gemeinden, die ihre Kostenanteile nicht übernehmen wollen oder können, müssten künftig auf die Anbindung an den Rufbus verzichten“, stellt die Behörde klar: „Jede Gemeinde, die die volle Leistung erhält, aber die anfallenden Kosten nicht voll tragen will, schert aus der Solidargemeinschaft aus und belastet damit zwangsläufig die anderen Gemeinden“, so Otto Lederer.

Tragfähiges Finanzierungsmodell erforderlich

Die Zukunft von „Rosi“ hänge maßgeblich davon ab, ob sich die Gemeinden miteinander auf ein tragfähiges Finanzierungsmodell verständigen können, betont das Landratsamt. Welche Maßnahmen dabei ergriffen werden können, werde mit den Vertretern der Gemeinden erarbeitet. Erste Vorschläge für Kostensenkungen und Einnahmesteigerungen – beispielsweise durch höhere Ticketpreise – wurden am Montag in der Bürgermeisterrunde bereits diskutiert. Doch mit Zahlen unterlegt sind die Ideen eben leider noch immer nicht. Jetzt soll ein Finanzierungsmodell für die Zukunft erarbeitet werden. Und erst wenn diese konkreten Fakten vorliegen, haben die Gemeinderäte der elf Gemeinden eine Grundlage, auf der sie neu beratschlagen können.

Landkreis hat kein Geld für freiwillige Leistungen

Der Landkreis habe das Rufbus-Modell „Rosi“ bislang unterstützt, indem er den Vertrag mit dem Betreiber übernommen und den Nachtverkehr bezuschusst habe, heißt es aus der Behörde. „Der Landkreis wird zugunsten der gemeindlichen Haushalte die Kreisumlage weiter niedrig halten. Dies bedeutet jedoch, dass gerade für freiwillige Leistungen wie die Bezuschussung von On-Demand-Verkehren keine Mittel zur Verfügung stehen“, erklärt Landrat Lederer. Zumal solche Zuschüsse dann gerechterweise für alle Gemeinden erfolgen müssten, die einen eigenes On-Demand-Angebot planen.

Vorerst rollt der Rufbus weiter

Vorerst müssen sich die Fahrgäste keine Sorgen machen: „Der Service des Rufbusses bleibt zunächst bestehen“, betont die Sprecherin des Landratsamtes. Ob und in welcher Form „Rosi“ aber langfristig betrieben werde, hänge von den Entscheidungen der Gemeinden ab.

„Rosi ist ein wichtiger Schritt hin zu modernen Mobilitätsangeboten im ländlichen Raum“, appelliert Landrat Lederer an die „Rosi“-Gemeinden, eine Lösung im Sinne der Solidargemeinschaft zu finden: „Ich hoffe sehr, dass es miteinander gelingt, dieses Erfolgsmodell zukunftsfähig zu machen.“

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