Pläne werden konkreter
Kommt „Rosi-Mobil“ in Altlandkreis Wasserburg? Wann die neue Rufbus-Flotte rollen könnte
Unkompliziert mit dem öffentlichen Nahverkehr durch den Altlandkreis Wasserburg fahren? Dieser Traum könnte bald Realität werden, mithilfe eines „Rosi-Mobils“. Wann die Busflotte rollen könnte, wie viel die Gemeinden zahlen müssten und wo die Bürger überall fahren könnten.
Edling – Die Pläne für ein „Rosi-Mobil“ im Altlandkreis Wasserburg werden immer konkreter. Matthias Eggerl, Vorsitzender des Vereins „Rosenheimer Nachtexpress“, stellte im Edlinger Gemeinderat den neuesten Stand der Dinge vor. Dass die Kommune an der Einführung eines „On-Demand“-Systems interessiert ist, ist bekannt. Vor etwas mehr als einem Jahr, hat der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss gefasst, dieses Ziel zu verfolgen. In der Zwischenzeit ist auch der Verein „Rosenheimer Nachtexpress“ auf das Thema aufgesprungen. Eggerl rührt seitdem in den Sitzungen der Gemeinderäte im Altlandkreis kräftig die Werbetrommel für das Projekt „Rosi-Mobil im Altlandkreis.“ Der Sachstandsbericht in Edling zeigte nun: Der Traum von „Rosi“ rückt langsam in greifbare Nähe.
„Ihr seid die letzte Gemeinde, die ich besuche, da ihr euch schon zu dem Projekt bekannt habt“, sagte Eggerl zu Beginn seines Vortrags. Entsprechend könne er die freudige Nachricht verkünden, dass die fünf Gemeinden Pfaffing, Albaching, Soyen, Rott und Ramerberg ihr Interesse bereits an „Rosi“ bekundet und einen positiven Grundsatzbeschluss gefasst hätten. Ein gutes Signal, denn als „On-Demand-Service“ könne „Rosi“ den ländlichen ÖPNV gut ergänzen, zeigte sich Eggerl überzeugt.
Ergänzung zum klassischen ÖPNV
Im Gegensatz zum Linienbus gibt es bei einem solchen System keinen festen Fahrplan, stattdessen kann jeder Fahrgast seine Route individuell buchen. Auf dem Weg werden dann mögliche weitere Fahrgäste eingesammelt. Für Flächengemeinden, wie Edling, mit 40 Ortsteilen „besonders interessant“, wie Eggerl fand. „Ihr könnt bestimmen, wo Haltestellen hinkommen sollen und damit auch Orte wie Roßhart und Brandstätt anschließen, die nicht oder nur zweimal am Tag vom Bus angefahren werden.“ Wie gut dies funktioniere, zeige bereits die Region Chiemgau, wo „Rosi“ seit etwas mehr als einem Jahr etabliert ist. Die Fahrgastzahlen hätten die Erwartungen weit übertroffen. Vor allem bei Rentnern und Partygängern erfahre Rosi einen hohen Zuspruch. Doch es gelte weiterhin: „Rosi soll eine Ergänzung zum klassischen ÖPNV sein. Das Ziel ist, dass die Leute auf langen Strecken weiterhin Bus und Bahn nutzen“, erklärte Eggerl.
Inzwischen hätten auch erste Gespräche mit der Stadt Wasserburg stattgefunden. Auch hier seien positive Signale gesendet worden. „Wasserburg hat mit seinem Stadtbus schon eine gute Anbindung, deshalb haben sie kein Interesse den Stadtkern anzubinden“, erklärte Eggerl. Entsprechend sei die Stadt nur an einer Beteiligung in abgeschwächter Form interessiert. „Wobei man sagen muss, auch wir hätten kein Interesse daran, Wasserburg komplett anzubinden, sonst fahren unsere Busse nur dort hin und her.“ Eine gewisse Beteiligung der Stadt sei jedoch trotzdem dringend nötig. Zum einen aufgrund der Anbindung: „Viele Menschen wollen natürlich nach Wasserburg“, so Eggerl. Zum anderen aufgrund der Fördersummen des Freistaats, die von den Einwohnerzahlen abhängig seien. „Mit 13.000 Bürger spült Wasserburg natürlich eine ordentliche Menge Geld in die Kasse“, gab Eggerl zu.
Gesamtkosten: 460.000 Euro pro Jahr
Entsprechend sei nun nach ersten Gesprächen eine Anbindung in abgestufter Form geplant, bei der einige wenige Standorte mit einer Rosi-Haltestelle versehen werden sollen. „Darunter fällt zum Beispiel der Bahnhof Reitmehring und der Busbahnhof in der Stadt. Man könnte sich auch überlegen, das Badria in die Strecke aufzunehmen“, so Eggerl. Außerdem seien Haltestellen im Außenbereich wie Elend und Kornberg geplant, um den ÖPNV-Service auch in der Stadt zu verbessern. „Durch die abgestufte Beteiligung wird Wasserburg aber natürlich auch eine geringere Kostenbeteiligung haben“, erklärte Eggerl. Der Rest werde dann auf die teilnehmden Nachbargemeinden umgelegt.
Von 460.000 Euro Gesamtkosten pro Jahr gehe der Verein derzeit aus. In dieser Kostenschätzung enthalten sei die Anschaffung von zwei Diesel-Kleinbussen, davon soll mindestens einer barrierefrei sein, die Wartung der Busse und die Personalkosten für die Fahrer. Der Freistaat Bayern fördere das Projekt im ersten Jahr mit 65 Prozent Fördersumme, diese werde sukzessive weniger, bis sie schließlich im fünften Jahr bei 35 Prozent liege. Für Edling würden sich damit Kosten von 38. 650 Euro im Jahr ergeben, diese würden im fünften Jahr auf 57. 140 Euro steigen.
„Das ist eine Stange Geld“, stellte Eggerl fest. „Das muss man sich als Gemeinde gut überlegen, ob man sich das leisten kann.“ Er gab auch zu, dass die Kostenschätzung zwar „vorsichtig“ gerechnet sei. „Aber trotzdem kann sich immer etwas ändern. Aus den 57. 000 Euro im fünften Jahr könnten auch 65. 000 Euro werden. Es ist schwer vorherzusehen.“ Sollten alle sechs Gemeinden plus die Stadt Wasserburg jedoch zustimmen, sei geplant, Anfang 2025 die Ausschreibung für „Rosi“ anzugehen. „Im Idealfall rollen die Busse dann im Sommer 2026“.
Rosi soll auch am Wochenende und nachts fahren
Als Betriebszeiten sei angedacht, dass Rosi von Montag bis Donnerstag zwischen 6 und 21 Uhr, Freitag und vor Feiertagen von 6 bis 3 Uhr, Samstag von 9 bis 3 Uhr und Sonntag zwischen 9 und 20 Uhr fahre. Es sei geplant, wie bei der „Original-Rosi“ im Chiemgau die Preise je nach Distanz einzuteilen. Hier würden die Nutzer derzeit für bis zu vier Kilometer drei Euro zahlen. Dann würden die Preise stetig ansteigen, sodass das Ticket bei einer Distanz von bis zu 15 Kilometern 7,20 Euro koste. Ab 15 Kilometern komme noch ein Aufschlag von 1,50 pro Kilometer dazu. „Bis wir so weit sind, werden die Preise aber nochmal steigen“, prophezeite Eggerl, entsprechend seien diese Angaben nur zur Orientierung.
Der MVV-Tarif solle bei diesem Rufbus-System nicht gelten. Ansonsten würden die Kosten für die Gemeinden massiv steigen und der Service sei nicht mehr finanzierbar. Auch beim Deutschlandticket müssten Nutzer mit einem Zuschlag rechnen. Bei der Chiemgauer „Rosi“ werde derzeit für Personen mit Deutschlandticket nur eine Service-Gebühr abgerechnet. Diese betrage 2,50 Euro. Damit sei der Ticketpreis abgegolten. „Eine ähnliche Lösung wollen wir auch bei uns in der Region finden“, erklärte Eggerl.
Stichverbindungen nach Haag denkbar
Der Gemeinderat Edling zeigte sich positiv eingestellt gegenüber der Idee. „Klar ist, wenn wir ein solches System einführen wollen, brauchen wir die anderen Gemeinden und wir brauchen Wasserburg“, stellte Bürgermeister Matthias Schnetzer (CSU) fest. Wolfgang Baumann (ÜWG) fragte nach, ob denn auch ein Anschluss in die Altlandkreis-Gemeinden in Mühldorf denkbar sei. Beispielsweise Rechtmehring würde sich hier anbieten. Eggerl erklärte, dass dies auch schon in den anderen Gemeinderäten diskutiert worden sei. „Vor allem Soyen und Albaching haben großes Interesse daran, dass es Verbindungen nach Haag gibt“, sagte Eggerl. Es sei schwieriger, über die Landkreisgrenzen hinweg eine Anbindung zu bieten, „aber nicht ausgeschlossen.“ Denkbar seien sogenannte Stich-Verbindungen nach Haag.
Dr. Stefan Schweitzer (CSU) erkundigte sich nach den Wartezeiten und der Garantie, dass eine gebuchte Fahrt auch angeboten werde. „Das Ziel ist, dass innerhalb einer halben Stunde eine Verbindung angeboten werden kann“, so Eggerl. Wer jedoch im Vorfeld gebucht habe, dessen Fahrt sei garantiert. „Auch die Ankunftszeit ist dann sicher.“
„Wie ist es denn mit den Stornierungen? Gibt es immer noch so viele Menschen, die Busse buchen und nicht auftauchen?“, fragte Florian Prietz (UBG) und spielte damit auf einen Besuch von Oliver Kirchner, Geschäftsführer der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG), im Gemeinderat an, der beanstandet hatte, dass viele Nutzer Rosi als „billiges Taxi“ missbrauchen würden. Eggerl erklärte, dass inzwischen im „Rosi“-System Stornierungsgebühren eingeführt worden seien, was zu einem Rückgang der nicht-angetretenen Fahrten geführt habe. Nutzer, die zu drei Fahrten nicht aufgetaucht seien, würden seit kurzem auch gesperrt. Zudem sei man dazu übergegangen, Strecken, die zeitgleich vom Linienbus abgedeckt werden, nicht mehr anzubieten. „Wir müssen beobachten, wie die Menschen damit umgehen“, sagte Eggerl. „Im Notfall haben wir aber immer Möglichkeiten, um gegenzusteuern.“
Der Edlinger Gemeinderat fällte in dieser Sitzung keinen Beschluss. Schon in der Sitzung vom Januar 2023 entschied sich das Gremium einstimmig dafür, ein Rufbus-System einzuführen. Demnächst soll das Thema auch im Wasserburger Stadtrat diskutiert werden.